Drama | USA 2024 | (zehn Folgen) Minuten

Regie: Stephen Kay

Einem Mann, der für einen Öl-Multi in Texas arbeitet, wird zunehmend bewusst, dass er zu den Dinosauriern einer aussterbenden Industrie gehört. So reparaturbedürftig wie sein gealterter und vom Trinken gezeichneter Körper, ist die Infrastruktur, die er zu überwachen hat. Immer mehr Unfälle stellen seine Arbeit auf die Probe, und dann tauchen auch noch seine Tochter und seine Ex-Frau auf, um sich bei ihm einzuquartieren. In seiner neuen Serie wendet sich Showrunner Taylor Sheridan der Ölindustrie in Texas zu und erzählt einmal mehr vom allzu erfolgreichen Aufbäumen eines aus dem Wilden Westen bis heute erhalten gebliebenen Heldentums, das keine Rücksicht auf Land und Leute nimmt. - Ab 14.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
LANDMAN
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
101 Studios/Bosque Ranch Prod./Imperative Ent./MTV Ent. Studios
Regie
Stephen Kay · Taylor Sheridan · Michael Friedman
Buch
Taylor Sheridan · Christian Wallace
Kamera
Robert McLachlan · Mike Parry
Schnitt
Chad Galster · Ishai Setton
Darsteller
Billy Bob Thornton (Tommy Norris) · Jon Hamm (Monty Miller) · Ali Larter (Angela) · Jacob Lofland (Cooper Norris) · Michelle Randolph (Ainsley Norris)
Länge
(zehn Folgen) Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama | Serie
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Neue Serie von Taylor Sheridan, der unermüdlich den amerikanischen Traum unter die Lupe nimmt. Diesmal geht es um die texanische Ölindustrie.

Diskussion

In einer Szene offenbart sich, wie diese Geschichte aus der Ölindustrie in Texas erzählt wird. Da ist der Ölmagnat Monty Miller (Jon Hamm) mit seiner Frau Cami (Demi Moore) auf einer Veranstaltung der Erdöl-Lobby; der aktuelle Redner auf dem Podium wettert gegen die Proteste für ein Ende der Nutzung fossiler Energie, die massiv soziale Medien einsetzen. Wegen eines Telefonanrufs verlässt Monty die Veranstaltung. Es gibt wichtigeres zu tun, denn es brennt metaphorisch an allen Ecken, und ein Bohrloch brennt wortwörtlich. Die Wutrede des Klimaleugners, ohnehin schon gesichtslos im Off, verhallt, und das Publikum der Serie hat es bestimmt auch kurz darauf wieder vergessen.

Drill, Baby, drill!

Showrunner Taylor Sheridan, mit der Serie „Yellowstone“ und ihren Spin-offs derzeit einer der erfolgreichsten US-Serienmacher, balanciert gerne auf dem schmalen Grat zwischen den Attraktionswerten einer rückwärtsgewandten Tradition und dem Anbrechen einer neuen Zeit. „Landman“ intoniert durchaus den Abgesang auf das fossile Zeitalter, kann aber auch motivierend auf all jene wirken, die dieses Zeitalter noch möglichst weit hinauszögern wollen. Ab Januar 2025, wenn Donald Trump erneut US-Präsident ist, wird genau das ohne Einschränkung die Energiepolitik der USA darstellen. Und man darf nicht vergessen, dass „Drill Baby Drill“ schon die Devise der Republikaner war, bevor Trump auf der Bühne der Politik auftauchte.

„Landman“ basiert auf dem Podcast „Boomtown“ der Zeitschrift Texas Monthly. Der Titel spielt auf eine Berufsgruppe an: Ein Landman kümmert sich um die rechtlichen und finanziellen Aspekte von Bohrstandorten in der Öl- und Gas-Industrie. Eine Folge der Podcast-Serie hat den Titel „The Last Frontier“. Einmal mehr wird darin auf eines der bekanntesten Narrative der USA Bezug genommen, die Grenze zwischen Zivilisation und Wildnis. Im aktuellen Texas ist diese Grenze das Permische Becken im Westen des Staates. Hier sind die größten Erdöl- und Erdgas-Vorkommen der USA. Im großen Stil findet hier Fracking statt. Die Wildnis aus der Basis-Erzählung des Wilden Westens ist hier so fern wie der Glaube an den menschengemachten Klimawandel.

In dieser fossilen Welt entgleitet der Serien-Hauptfigur, einem von Billy Bob Thornton verkörperten „Landman“ namens Tommy Norris, der für Monty Miller arbeitet, zunehmend die Kontrolle. In schneller Abfolge kommt es zu Unfällen, auch mit Todesfolge, die mit Unzulänglichkeiten in Arbeitsabläufen und der maroden Technik zu tun haben. Folgt man der Serie, ist die Ölindustrie in der Krise, weil ihre Technologie veraltet ist. Dass erneuerbare Energien (zumal im sonnigen Texas) sinnvoller sein könnten, wird zumindest in den ersten fünf Folgen an keiner Stelle ausgesprochen. In Folge vier gibt es eine Szene, in der sich die (männlichen) Ölmultis wie eine kleine verschworene Gemeinschaft darauf verständigen, so viel Öl wie möglich aus dem Boden zu pressen, bevor ihre Zeit endet. Eine Stimme in der Runde, die vor den Folgen für den Klimawandel warnt, wird harsch niedergebügelt. Wie schon gesagt: Die ökologischen und sozialen Folgen des Klimawandels, die auch in Texas spürbar sind, werden von den Figuren ins erzählerische Off verbannt. Und die Inszenierung ordnet sich dieser dramaturgischen Maßgabe unter.

Mäßig amüsante Beziehungsdramen

Taylor Sheridans Erzählungen über die USA sind auch immer Familiendramen. Dieses Mal geht es um die Familie von Tommy Norris. Unerwartet kommt seine Tochter Ainsley (Michelle Randolph) in ihrem „Spring Break“ (eine Semesterpause an Schulen der USA) zu ihrem Vater. Später folgt seine Ex-Frau Angela (Ali Carter). Tommys Sohn Cooper (Jacob Lofland) will sein Studium abbrechen und möglichst schnell in der Ölindustrie arbeiten. Tommy lässt ihn sich erproben und merkt dabei nicht, in welche Schwierigkeiten sein Sohn gerät.

So professionell und tough Tommy seine Arbeit erledigt, sogar in der Auseinandersetzung mit der Drogenmafia, so hilflos wirkt er in seinen Familienangelegenheiten. Billy Bob Thornton wechselt dann in seinem Spiel fast ins Fach des komischen Alten. Da wird beim Abendessen auch schon mal plastisch vom aktuellen Zustand der Hämorrhoiden erzählt. Gegen seine Ex-Frau Angela wiederum kommt er nicht an, weil ihre körperlichen Reize entwaffnend auf ihn wirken. Davon abgesehen wirkt nichts an ihr faszinierend auf ihn. Tochter Ainsley wiederum ernährt sich zwar smart, aber das liegt auch in erster Linie daran, dass sie hübsch schlank bleiben will. Es wird nicht ganz klar, ob sich die Serie über diese beiden Beauty-Queens lustig macht oder doch nur einfach sexistische Klischees bedienen will. Permanent laufen sie in extrem knappen Bikinis durch das von der Kamera passend voyeuristisch komponierte Bild.    

Anders tickt Rebecca Falcone (Kayla Wallace), die als Attorney für Tommy tätig ist. Sie ist jung und attraktiv, perfekt in ihrem Job und spricht Sexismus aus, sobald er in Erscheinung tritt. Dennoch bleibt sie in ihrer aufgesetzten Professionalität seltsam konturlos und bleibt letztlich auch in einem Klischee stecken – dem der Karrierefrau.

Seifenoper oder große Erzählung?

Man kann „Landman“ als „Dallas“ für unsere Zeit sehen: Die Soap-Elemente sind unverkennbar. Das beinhaltet allerdings auch, dass eine grundlegende Veränderung des Protagonisten Tommy, die aus seinen einschneidenden Erfahrungen eigentlich resultieren könnte, entweder ausbleibt oder lange hinausgezögert wird – Tommy bleibt sich ähnlich gleich wie die Protagonisten der klassischen Primetime-Soaps wie „Dallas“, wo statt auf Entwicklungsbögen auf die ewige Variation des Gleichen gesetzt wird, um die Serie möglichst lange weiterführen zu können. Macht dies bereits wenig Hoffnung darauf, dass Taylor Sheridan mit „Landman“ eine kritische Geschichte über die Ölindustrie im Sinne der „Petrofiction“ erzählen könnte, so wird diese Hoffnung noch mehr getrübt, wenn man bedenkt, dass er nicht weniger will, als mit seinem Story-Universum die große amerikanische Erzählung im Serienformat zu liefern. In diesem Rahmen die fossile Industrie in den Blick zu nehmen, ohne die Gegenseite angemessen zu berücksichtigen, könnte sich in unserer Zeit als fahrlässig erweisen. Aber vielleicht hält die Serie noch ein paar Überraschungen bereit

Kommentar verfassen

Kommentieren