Die Tänzerin Terry (Julia Garner) ist von Nebraska nach New York gezogen, um ein Star zu werden. Bisher wirbelt sie allerdings nur über die kleinen Bühnen der Stadt. Wie hartnäckig die junge Frau ihren Traum verfolgt, offenbart sich, als ihr bei einem Sprung der Knöchel umknickt. Unermüdlich rennt die verletzte Terry weiterhin von einem Casting zum nächsten, während sie den Schmerz mit Tabletten unterdrückt.
Mit virtuos entfesselten Tanzszenen fängt der Film „Apartment 7A“ die Souveränität ein, mit der seine Protagonistin ihren Körper einsetzt. Entscheidend ist dabei, dass Terry zwar eine Meisterin der Selbstbeherrschung ist, letztlich aber nur das ausführt, was der Choreograph ihr vorgibt. Wie hilflos sie anderen ausgesetzt ist, wird ihr bei einem erbarmungslosen Casting bewusst. Immer wieder lässt sie der sadistische Manager einen Sprung ausführen, wobei sich ihr Fuß mit jedem Mal mehr verrenkt. Erst als der schmierige Produzent Alan (Jim Sturgess) sie auch noch auffordert, grunzend auf allen Vieren zu kriechen, weigert sie sich.
Das Blatt hat sich nur vermeintlich gewendet
Trotzdem möchte sie Alan überzeugen und folgt ihm in seinen schicken Apartmentblock. Als sie dort vor Erschöpfung zusammenbricht, kümmern sich Minnie (Dianne Wiest) und Roman Castevet (Kevin McNally) liebevoll um sie. Das ältere Paar bringt sie sogar kostenlos in der luxuriösen Nachbarwohnung unter. Das Blatt hat sich für Terry aber nur vermeintlich gewendet. Zwar bekommt sie einen Part in Alans Produktion und wird von den Castevets verwöhnt, beschenkt und in ihren Freundeskreis aus nicht minder schrulligen älteren Herrschaften eingeführt, doch sie merkt bei all der Fürsorge zunächst nicht, wie sehr auch das Paar sie kontrolliert und dabei immer übergriffiger wird.
Wenn man es nicht vorher weiß, braucht man eine Weile, um zu verstehen, dass man sich hier in der Welt von Roman Polanskis „Rosemaries Baby“ befindet. Die Figur der Tänzerin Terry taucht auch in dem Horrorfilm aus dem Jahr 1968 auf. Während „Apartment 7A“ sich als Prequel versteht, fühlt der Film sich über weite Strecken wie ein Remake an. Terry durchlebt fast dieselben Stationen wie Rosemary: Sie wird während eines Blackouts geschwängert, von den Castevets und ihren Bekannten immer stärker in Beschlag genommen, bekommt ein übelriechendes Amulett umgehängt und wundert sich über die mysteriösen Unfälle, die sich in ihrem Umfeld ereignen.
Mit ihrem beachtlichen Langfilmdebüt „Relic - Dunkles Vermächtnis“ hat Regisseurin Natalie Erika James die Demenzerkrankung einer Großmutter zu einem allegorischen Albtraum ausarten lassen. James zeigte sich dabei weniger an klassischen Horrortugenden interessiert als an seelischen Zuständen und zwischenmenschlichen Feinheiten. Auch „Apartment 7A“ besticht als Psychogramm seiner Protagonistin. Julia Garner, die in Filmen wie „The Assistant“ und „The Royal Hotel“ bereits auf ähnliche Weise introvertierte und unsichere Figuren verkörperte, spielt hier eine Frau, die unangenehme Situationen mit angespannter Miene und nervösem Augenblinzeln über sich ergehen lässt.
Der Film knüpft an die Gegenwart an
James möchte die Protagonistin aus dieser Passivität befreien. Die Handlung spielt im Jahr 1965. Mit stylisch kühlem Kamerablick wird das alte New York heraufbeschworen, doch inhaltlich knüpft der Film an die Gegenwart an. Das Porträt eines ausbeuterischen Kulturbetriebs ist voller MeToo-Momente, und wenn Terry versucht, sich in einem Hinterhof illegal ihres Babys zu entledigen, fühlt man sich an aktuelle Abtreibungsdebatten in den USA erinnert. Ganz dem Slogan „My body, my choice“ entsprechend will sich Terry nicht wie Rosemary ihrem Schicksal fügen, sondern um Selbstbestimmung und die Kontrolle über ihren Körper kämpfen.
Neben solchen Modernisierungen zieht „Apartment 7A“ die vertraute Handlung als etwas lustloses Pflichtprogramm durch. Wie schon bei „Relic“ fremdelt die Regisseurin mit klassischen Genre-Momenten, doch hier erweist sich das als Schwäche. Der Film weiß darum, dass viele Zuschauer „Rosemaries Baby“ kennen dürften und macht deshalb kein großes Geheimnis aus seiner Auflösung. Schon früh fantasiert Terry von schleimigen Klauen, die sich um sie legen oder sieht eine Silhouette mit Hörnern in ihrem Schlafzimmer.
Der Weg ihrer Erkenntnis verläuft vorhersehbar und ohne die langsame Enthüllung mit einem Sinn fürs Unheimliche umzusetzen. Spannung versteht die Regisseurin psychologisch, nicht als gut geölte Genre-Mechanik. Es wäre deshalb wohl ergiebiger gewesen, ihr ein Prequel anzuvertrauen, das sich stärker von seinem berühmten Vorgänger emanzipiert.