Drama | Deutschland 2024 | 110 Minuten

Regie: Camilla Guttner

Eine idealistische Studentin stürzt in ihrem ersten Jahr an der Kunstakademie München von einem Desaster ins nächste. Sie gerät an intrigante Kommilitonen, wird von einem Assistenten gestalkt und von Professoren missachtet und immer wieder mit der Frage konfrontiert, ob sie wirklich Künstlerin werden will. Die Tiefschläge stacheln allerdings ihre Kreativität an. Der satirische Debütfilm geizt nicht mit burlesken Figuren und naheliegenden Klischees, kommt aber nicht über einige scharfsinnige Beobachtungen und karikaturhafte Skizzen hinaus. Ans fragile Verhältnis von Kunst, Markt und persönlicher Identität wagt er sich nicht heran. - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Schiwago Film/SuperCine/Penned Pic./Standing Ovation Prod.
Regie
Camilla Guttner
Buch
Camilla Guttner
Kamera
Luca Bigazzi
Musik
Ege Ateslioglu · Meerkat Meerkat
Schnitt
Beatrice Babin · Christian Bach
Darsteller
Maja Bons (Jojo) · Luise Aschenbrenner (Siri Grün) · Jean-Marc Barr (Prof. Robert Copley) · Andreas Lust (Prof. Norbert Roeg) · Christoph Luser (Richard)
Länge
110 Minuten
Kinostart
20.03.2025
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama | Satire
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IMDb | TMDB

Satirisches Drama um eine junge Studentin, die in ihrem ersten Jahr an der Kunstakademie München eine schmerzhafte Initiation in das Kunstbusiness erlebt.

Veröffentlicht am
20.03.2025 - 11:52:03
Diskussion

Die 1992 geborene Regisseurin Camilla Guttner kennt sich aus im Terrain einer Kunsthochschule. Sie hat an der Kunstakademie in München bei Sean Scully Malerei studiert und an der Hochschule für Fernsehen und Film ein Regiestudium absolviert. Das lässt nicht unbedingt darauf schließen, dass sie die Kunstausbildung beflügelt hat. Dies merkt man auch ihrer unentschiedenen Satire „Die Akademie“ an, die durchaus bissiger hätte ausfallen können. Man spürt darin eine nostalgische Sehnsucht nach der vergangenen Jugend zwischen Club- und Konzertbesuchen, neuen Freundschaften und der intensiven Suche nach dem eigenen Standpunkt, als die berufliche Festlegung noch in weiter Ferne lag.

Auffällig an dem studentischen Personal ist, dass es keinen Wert auf einen befruchtenden inhaltlichen Dialog legt. Man bildet Fronten, tauscht sich über anstehende Events aus und kommentiert die Entgleisungen der ausschließlich männlichen Professoren. Konkurrenz und Missgunst dominieren die Beziehungen, es wird intrigiert und gemobbt, bis sich die Leinwände biegen.

Unangepasstheit wird nur gepredigt

Die Lehrenden sind keine Hilfe. Als Subversive vom Dienst gießen sie noch Öl ins Feuer und machen den Unterricht zu einem psychisch belastenden Spießrutenlauf. Sie missverstehen die Ausbildung als Abhärtungstraining und Vermittlung eines Kunstbegriffs, der auf Schmerz, Not, Rausch und Widerständigkeit basieren soll. Schert man aus diesem institutionell verordneten Ungehorsam heraus, bleibt nur der Exit aus einem System, das Unangepasstheit predigt, in der Realität aber keine abweichenden Wertsetzungen toleriert.

Damit keine depressive Stimmung aufkommt, lässt die Regisseurin zur Belustigung der Fraktion „Ist das Kunst oder kann das weg?“ allerlei schräge Künstlertypen durch das Münchner Lehrgebäude laufen, die etwa genauso unterhaltsam sind wie die exzentrischen Kommilitonen des Gerhard-Richter-Verschnitts in dem unsäglichen Film „Werk ohne Autor“.

Guttner, die auch das autobiografisch gefärbte Drehbuch geschrieben hat, schildert den Verlust von Illusionen am Beispiel von Jojo (Maja Bons), die in der Meisterklasse des weltbekannten Professors Robert Copley aufgenommen wurde. Gespielt wird der auf den ersten Blick sanfte Vieldenker, der bei seinen Bildanalysen nicht mit kitschigen Lebensweisheiten geizt, von Jean-Marc Barr. Andreas Lust agiert als provozierend pöbelnder, sexistischer und misanthropischer Skandalprofessor Roeg immerhin rollenkonform.

Yves Klein in Grün

Keiner von beiden hat Verständnis dafür, dass Jojos Bilder über Nacht verschwunden sind. Allmählich dämmert der Studentin, dass ihre Probezeit hart erkämpft werden muss, zumal die Ateliers der Akademie bereits von Galeristen und meinungsfreudigen Sammlern heimgesucht werden. Jojo verbündet sich mit der wenig talentierten Siri (Luise Aschenbrenner), die sich dann aber als rücksichtlose Rivalin entpuppt, als ihre installativen Yves-Klein-Imitationen in der Farbe Grün auf das Interesse eines Großhändlers stoßen.

Überdies wird Jojo von einem psychopathischen Ex-Assistenten verfolgt, während sie sich von ihrem Partner trennt und auch noch ihre todkranke Großmutter verliert, die selbst Künstlerin werden wollte. Die Tiefschläge fördern allerdings wenig überraschend ihre kreative Entwicklung; sie wechselt die Formate und den Stil und wagt sich in seelische Abgründe hinein.       

Wenn das Private in den Vordergrund rückt, stimmt plötzlich die trotz einer konventionellen Fernsehfilmästhetik intime Atmosphäre des Films, und Maja Bons kann sich als melancholische Einzelkämpferin Jojo nach all den bitteren Lehrstunden des Mitgefühls sicher sein. Weniger überzeugend gerät in dem zunehmend zum College-Drama und Künstlerinnenporträt tendierenden Genre-Zwitter die Abrechnung mit dem Kunstbetrieb, da sie über ein paar scharfsinnige Beobachtungen und karikaturhafte Skizzen nicht hinauskommt. Damit aber wird dem Film der Wind aus den Segeln genommen, denn über das fragile Zusammenspiel von Kunst, Markttauglichkeit und persönlicher Identität versucht er erst gar nicht, etwas Substantielles zu formulieren.

Der Verlust von Idealen und der jugendlichen Naivität, der sich zum Schluss auf dem Gesicht von Jojo zeigt, ist deshalb vielleicht der größte Triumph des Films.

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