Das Zen-Tagebuch
Drama | Japan 2022 | 112 Minuten
Regie: Yuji Nakae
Filmdaten
- Originaltitel
- TSUCHI O KURAU JÛNIKA GETSU
- Produktionsland
- Japan
- Produktionsjahr
- 2022
- Produktionsfirma
- Nikkatsu
- Regie
- Yuji Nakae
- Buch
- Yuji Nakae
- Kamera
- Hirotaka Matsune
- Musik
- Otomo Yoshihide
- Schnitt
- Ryuji Miyajima
- Darsteller
- Kenji Sawada (Tsutomu) · Takako Matsu (Machiko) · Naomi Nishida (Mika) · Toshinori Omi (Ryu) · Fumi Dan (Fumiko)
- Länge
- 112 Minuten
- Kinostart
- 31.08.2023
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Drama | Literaturverfilmung
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Eine Lektorin stöbert einen zurückgezogen lebenden japanischen Schriftsteller in seiner Trauer um seine lange verstorbene Frau auf.
Eine erste Überraschung, die die Erwartung des Filmtitels unterläuft, ist der dynamische Old-School-Jazzrock, mit dem es in die Bergeinsamkeit von Nagano geht, das als Austragungsort der Olympischen Winterspiele 1998 eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Wer hier laut Jazzrock hört, ist Machiko (Takako Matsu). Die Lektorin ist unterwegs zu dem Schriftsteller Tsutomu (Kenji Sawada), der sich nach dem Tod seiner Frau in die Berge geflüchtet hat, um dort im Rhythmus der Jahreszeiten ein einfaches Leben zu führen.
Machiko soll Tsutomu wieder zum Schreiben verführen. Doch sie sucht den Schriftsteller auch deshalb gerne auf, weil der ein hervorragender Koch ist, dessen saisonale Küche mit der Qualität und Frische der Zutaten punktet. Diese Kunst hatte Tsutomu schon als Kind in einem Zen-Kloster kennengelernt, es dort aber nicht lange ausgehalten.
Zwölf Monate lang Erde essen
Der Film von Yuji Nakae zelebriert die Zubereitung der Speisen und die hingebungsvolle Genauigkeit bei der Beschaffung der Zutaten, die zur Winterszeit ganz frisch unter dem Schnee gepflückt werden. In den anderen Jahreszeiten sind es Pilze, Früchte, Gemüse, Beeren. Die Übersetzung des japanischen Originaltitels lautet denn auch recht prosaisch: „Zwölf Monate lang Erde essen“, da es sich um eine freie Adaption einer Erzählung von Mizukami Tsutomu handelt.
Der Verlauf dieser zwölf Monate, die die erzählte Zeit des Films ausmachen, wird durch die mit Jahreszeiten bezeichneten Kapitel strukturiert. Was zunächst wie eine Feier des einfachen, kontemplativen Lebens im Einklang mit der Natur erscheint, nimmt unerwartete Wendungen, wenn es um die Begegnung mit anderen Menschen geht. Ein paar Wegstunden entfernt lebt die alte Schwiegermutter des Schriftstellers als Einsiedlerin mit ihrem Hund. Die Beziehung zu seiner Schwester erscheint belastet; ein Nachbar geht ihm mitunter zur Hand.
Als die Schwiegermutter stirbt, beschließt Tsutomu, für die Trauergesellschaft zu kochen. Die fällt dann aber entschieden größer als erwartet aus. Während der Feier mischt sich Humor in den ansonsten betont humorlosen Film, was ungefähr so „dissonant“ wirkt wie der Jazzrock zu Beginn des Films. Die reine Gegenwart des Im-Hier-und-Jetzt-Seins bekommt Brüche, weil Vergangenheit und Zukunft gleichsam „versperrt“, aber präsent sind. Und die geschwätzige, so gar nicht angemessen betroffene Trauergesellschaft steht im starken Kontrast zur Trauer des Schriftstellers, den der Tod seiner Ehefrau in die Einsiedelei getrieben hat. Seit 13 Jahren sah er sich bislang nicht in der Lage, die Asche seiner Frau zu bestatten. Das aber wird sich ändern. Ebenso, wie ein Buch geschrieben wird und Entscheidungen fallen.
Abschied und Aufbruch
Dass es in „Das Zen-Tagebuch“ weniger um „Food Porn“ der etwas anderen, nachhaltigen Art geht, obschon der Film in dieser Hinsicht durchaus werblich fotografiert ist, sondern vielmehr um verschiedene Formen der Trauer und des Abschieds, wird spätestens dann klar, als sich die stets etwas undefinierte Beziehung zwischen dem Schriftsteller und seiner viel jüngeren Lektorin klärt: Sie hat sich für ein Leben mit einem anderen Partner entschieden.
Tatsächlich erzählt der in vielem schemenhafte Film eher von einem Neuanfang und den unterschiedlichen Strategien, sich diesem nach Möglichkeit zu verweigern. Dass am Schluss das Buch produziert wurde, das dem Film den Titel gibt, ist insofern fast schon ein Abschied und ein Aufbruch, dem die Kulinarik vielleicht nicht im Weg stand, aber doch durch eine falsche Statik den Blick verstellte.