Matilda - Das Musical
Drama | Großbritannien/USA 2022 | 117 Minuten
Regie: Matthew Warchus
Filmdaten
- Originaltitel
- ROALD DAHL'S MATILDA THE MUSICAL
- Produktionsland
- Großbritannien/USA
- Produktionsjahr
- 2022
- Produktionsfirma
- Working Title Films/Netflix/TriStar Pict.
- Regie
- Matthew Warchus
- Buch
- Dennis Kelly
- Kamera
- Tat Radcliffe
- Musik
- Tim Minchin (Songs) · Christopher Nightingale
- Schnitt
- Melanie Oliver
- Darsteller
- Alisha Weir (Matilda Wormwood) · Emma Thompson (Miss Trunchbull) · Lashana Lynch (Miss Honey) · Stephen Graham (Mr. Wormwood) · Andrea Riseborough (Mrs. Wormwood)
- Länge
- 117 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 8.
- Genre
- Drama | Familienfilm | Komödie | Musical
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Filmmusical nach einer Vorlage von Roald Dahl um ein hochbegabtes Mädchen, das vor seinen geistlosen Eltern in die Fantasie der Weltliteratur entflieht und in der Schule zum Gegenpol einer sadistischen Direktorin wird.
„Matilda“ ist neben „Charlie und die Schokoladenfabrik“ das zweite Kinderbuch des norwegisch-walisischen Schriftstellers Roald Dahl (1916-1990), aus dem nicht nur ein Kinofilm erwuchs, sondern auch ein Musical. Tim Minchin schrieb die Songs, Dennis Kelly das Buch und Peter Darling entwickelte die Choreografie zu dem Stück, das 2010 von der Royal Shakespeare Company in Stratford-upon-Avon uraufgeführt wurde. Die literarische Vorlage aus dem Jahr 1988 diente auch schon als Basis für die gleichnamige US-Filmkomödie von und mit Danny DeVito. Jetzt folgt eine Kinoadaption des Musicals durch Regisseur Matthew Warchus, der die fantastische Story um ein drangsaliertes Mädchen mit übernatürlichen Kräften im Vereinigten Königreich angesiedelt hat.
Matilda Wurmwald (Alisha Weir) ist ein Ausnahmekind: hochintelligent, scharfsinnig, selbstbewusst und unglaublich belesen. Binnen einer Woche verschlingt sie ein halbes Dutzend Schmöker der Weltliteratur, die sie aus der mobilen Bibliothek von Frau Phelps ausleiht. Ihre ungebildeten Eltern vergnügen sich hingegen vor dem Fernseher und ignorieren das Genie ihrer Tochter. Matildas Vater (Stephen Graham), ein betrügerischer Autohändler, behandelt sie überdies als Jungen. Matilda rächt sich durch böse Streiche, etwa indem sie den karierten Hut des Vaters mit Hochleistungskleber bestreicht. Ihre Mutter (Andrea Riseborough) interessiert sich hingegen nur für Mode und Make-up.
In den „Luftabschneider“!
Weil die Eltern vergessen haben, Matilda zur Schule zu schicken, müssen sie Strafe zahlen. Als das Mädchen dann erstmals die Dalheim-Schule betritt, bemerkt ihre Klassenlehrerin Jenny Honig (Lashana Lynch) sogleich ihre außergewöhnliche Begabung. Sie würde Matilda auch in die Klasse der Elfjährigen stecken, doch die tyrannische Direktorin Agatha Knüppelkuh (Emma Thompson) lehnt dies unter Verweis auf die strikte Schulordnung ab.
Um freche Kinder zu bestrafen, steckt die Direktorin sie in einen „Luftabschneider“, einen engen Verschlag mit spitzen Nägeln. Als sie den jungen Bruce gleich doppelt bestrafen will, schreitet Matilda ein und bezeichnet die willkürliche Änderung der Regeln als „Betrug“, womit sie sich die Feindschaft der Direktorin einhandelt. Doch dann entdeckt Matilda ihre telekinetischen Fähigkeiten und führt diese Fräulein Honig vor.
Matilda liest aber nicht nur viele Geschichten, sondern erfindet auch welche. In einer Binnennarration erzählt sie der Bibliothekarin Phelps in Etappen eine packende Story über einen Entfesselungskünstler, eine Zirkusartistin und ihre Tochter. In einer Schlüsselszene erkennt Matilda, dass diese Tochter ihre Lehrerin Honig ist und es sich bei Honigs Stieftante um die Direktorin Küppelkuh handelt. Fortan will sie die Tyrannin vertreiben.
Telekinese meets Telepathie
Die Verfilmung bleibt ziemlich nahe an der Vorlage von Roald Dahl, erweitert das übernatürliche Talent Matildas aber um eine zusätzliche Dimension. Indem sie nämlich beim Erzählen kreativ wird, entwickelt Matilda eine frappierende Intuition. Das fiktive Artistendrama verschmilzt darin mit der traumatischen Lebensgeschichte von Jenny Honig. Und zur Telekinese tritt die Telepathie.
Die farbenfrohe Ausstattung, die flotten Gesangseinlagen und die perfekt choreografierten Tanzszenen der Schulkinder kennzeichnen die Geschichte als hyperreal. Diese starke Stilisierung ermöglicht den Filmemachern auch einige Gewaltspitzen, die das junge Publikum sonst überfordert hätten. Auch der finale Aufstand der Schüler gegen die Direktorin greift mit einem Kettenmonster tief in die Action-Trickkiste des Fantasy-Genres.
Dass Matthew Warchus auch die erwachsenen Zuschauer im Blick behält, zeigt sich bei cineastisch-politischen Anspielungen. So erinnert die Szene, in der Eltern ihre Neugeborenen aus der Klinik abholen und sich auf einer zitronengelben Bühne in Form eines riesigen Hochzeitskuchens bewegen, an die Technicolor-Ballettfilme von Busby Berkeley. Mit ihren telekinetischen Fähigkeiten ruft Matilda Erinnerungen an die Protagonistin in „Carrie“ wach. Und wenn die Schulkinder in einer Konfrontation mit Küppelkuh aufgebracht auf die Schulpulte springen, um Matilda zu verteidigen, ist die Analogie zu „Club der toten Dichter“ nicht zu übersehen.
Ein spielfreudiges Ensemble
Die schwungvolle Inszenierung wird maßgeblich vom exzellenten Ensemble getragen, allen voran von der jungen Alisha Weir, die in fast allen Szenen zu sehen ist und mit einer souveränen Leinwandpräsenz beeindruckt. Als empathische Lehrerin avanciert Lashana Lynch zur emotionalen Stütze und Ersatzmutter von Matilda. Emma Thompson hat großen Spaß, ihre sadistische Figur in Mimik, Gestik und Körpersprache stark zu überzeichnen, ganz ähnlich wie Andrea Riseborough und Stephen Graham, die mit ihren grotesk bunten Kostümen wie narzisstische Paradiesvögel wirken.
Andere Kinderfiguren wie Lavender, Bruce oder Amanda erhalten dafür deutlich weniger Leinwandzeit als in der Verfilmung durch Danny DeVito. Dass der Film mit rund zwei Stunden etwas zu lang geraten ist und auch mit weniger Liedern ausgekommen wäre, lässt sich verschmerzen.