Elf Jahre ist es her, dass „Der gestiefelte Kater“, zuvor schon in drei Teilen der „Shrek“-Filmreihe zu sehen, als Titelheld sein Debüt (2011) gab – ein draufgängerischer, kampferprobter Held mit spanischem Akzent, großen, grünen Augen, schwarzem Ledergürtel, etwas zu großen Stulpenstiefeln und gefedertem Schlapphut. Ein Kater, dem alles gelingt und der darum überlebensgroß, sogar märchenhaft erscheint. Doch das ist bei den Bezügen zu den Gebrüdern Grimm und „Le chat botté“ aus der Märchensammlung von Charles Perrault auch kein Wunder.
Auch der neue Animationsfilm, inszeniert von Joel Crawford, führt die Titelfigur einmal mehr als furchtlosen Helden ein, der mit perfekter Körperbeherrschung allen Gegnern ein Schnippchen schlägt und die Oberen beschämt. Leichtfüßig hüpft er in einer riesigen Hazienda von Querbalken zu Querbalken, schwingt sich am Kronleuchter quer durch den Raum und entwaffnet jeden Duellanten spielerisch mit seinem Schwert. Die entfesselte Kamera folgt ihm dabei auf Schritt und Tritt, die Schwerkraft scheint ausgehoben. Mit einem Husarenstück legt er einem fiesen Großgrundbesitzer das Handwerk, die Bauern jubeln ihm zu. Der gestiefelte Kater als Rockstar, der die Aufmerksamkeit genießt und weiß, dass er sie verdient.
Der Tod als großer, böser Wolf
Neun Leben hat der Kater. Acht hat er bereits aufgebraucht, wie in einer witzigen Szenenabfolge zu erfahren ist. Plötzlich bekommt es der gestiefelte Kater mit einem Gegner zu tun, der sich nicht so leicht besiegen lässt – dem Tod, versteckt in Gestalt eines großen, bösen Wolfes mit weitem Umhang. Der klaut ihm nicht nur sein Schwert, sondern auch seinen Schneid. Der gestiefelte Kater hat plötzlich Angst, Todesangst. Zwischenzeitlich sucht er sogar Schutz in einem Katzenheim, wo er sich – quasi als größte Schmach – einen Bart wachsen lässt. Doch dann macht er sich, begleitet von einem geschwätzigen Hündchen, auf den langen Weg zum Schwarzen Wald, um dort den mythischen Wunschstern zu finden. Allerdings sind ihm die Kopfgeldjägerin Goldlöckchen und ihre drei berüchtigten Bären auf den Fersen. Und die rassige Kitty Samtpfote hat auch noch eine Rechnung mit ihm offen.
Sterblichkeit, Selbstzweifel, Angst vor dem Tod, Rückzug aus der Öffentlichkeit und ein übermächtiger Gegenspieler, der sich weder ignorieren noch niederkämpfen lässt – das sind schwergewichtige Themen, die auf den ersten Blick nicht so recht zu einem Familienfilm passen wollen. „Der gestiefelte Kater – Der letzte Wunsch“ ist deutlich düsterer geraten als der Vorgängerfilm. Kinder dürften sich wegen der Figur des Todes in Wolfsgestalt, der mit seinen zwei Sicheln wie ein Martial-Arts-Kämpfer wirbelt, besonders fürchten. Vor allem aber geht es hier um eine Erziehung des Herzens. Der gestiefelte Kater muss nach dem rasanten Aufstieg zu Beginn eine deftige Niederlage verkraften. Wenn er kurz vor Eintritt ins Katzenheim seine Stiefel und den Hut vergräbt, lässt er auch sein altes Ich mitsamt seinem Hedonismus und seiner Selbstgefälligkeit zurück.
Zu zweit geht es besser
Nun muss er Demut lernen und seine Depression wie seinen Stolz überwinden. Zu zweit geht das natürlich besser. Die Wichtigkeit von Freundschaft und Zusammenhalt wurde bereits in den „Shrek“-Filmen verhandelt, und so stellt ihm der Film mit dem kleinen Hund einen Sidekick an die Seite, der nicht nur für Unterhaltung sorgt, sondern mit seinem unerschütterlichen Optimismus auch die Antriebsfeder für den Handlungsfortgang ist. Die Suche nach dem mythischen Land, in dem alle Wünsche in Erfüllung gehen, führt zu einer wichtigen Frage: Was soll man sich dennwünschen?
So verhandelt Regisseur Joel Crawford ganz nebenbei Werte wie Bescheidenheit und Zufriedenheit. Stilistisch ist der Film eine Augenweide. Satte, freundliche und helle Farben bestimmen den turbulenten Beginn, der Weg durch den Schwarzen Wald sorgt für aufregende, fantasievolle Bilderwelten. Eine ungewöhnliche Fortsetzung, die visuelle Attraktionen mit thematischem Anspruch verbindet.