Soldaten
Dokumentarfilm | Deutschland 2021 | 102 Minuten
Regie: Christian von Brockhausen
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2021
- Produktionsfirma
- NDR/rbb
- Regie
- Christian von Brockhausen · Willem Konrad
- Buch
- Christian von Brockhausen · Willem Konrad
- Kamera
- Christian von Brockhausen · Willem Konrad
- Musik
- Christoph Schauer
- Schnitt
- Willem Konrad
- Länge
- 102 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- TMDB
Dokumentarfilm über drei junge Männer, die sich für die Grundausbildung der Bundeswehr verpflichtet haben.
„Soldaten“ ist kein Institutionen-Film, wie der Titel vielleicht vermuten lässt, also kein politisch-soziologisch-ethischer Diskurs zu Struktur und Auftrag der Bundeswehr, die seit 2011 eine Berufsarmee ist, sondern ein visuell souverän gestalteter, einfühlsam und spannend erzählter Portrait-Film.
Die Regisseure Christian von Brockhausen und Willem Konrad begleiten drei junge Männer, die sich bei der Bundeswehr verpflichtet haben, durch ihre strapazenreiche Grundausbildung, einen von ihnen bis zum Abflug in den ersten Kriegseinsatz nach Afghanistan. Stimmungen, Haltungen, biographische Hintergründe werden erkundet. Hautnah erspüren die Regisseure die physischen und psychischen Herausforderungen der Ausbildung, und die Filmmusik von Christoph Schauer, die mit dem „Deutschen Dokumentarfilm-Musikpreis“ 2021 ausgezeichnet wurde, akzentuiert das mit feinem Gespür für Stimmungen und erzählerische Bögen.
In der Jury-Begründung des Preises heißt es: „Die Filmmusik zu SOLDATEN gibt sich nicht – wie in diesem Genre vielleicht üblich – mit erwartbaren ‚kritischen‘ tautologischen Tönen und Kommentierungen ab, sondern lässt uns den Innenwelten der Protagonisten auf feinfühlige Weise nachspüren!“ Das trifft den Darstellungskern des Films insgesamt, gilt auch für die visuelle und narrative Gestaltung: es geht darum, Innenwelten nachspüren.
Die Kamera fängt die Essenz der Situationen ein
Viele „Direct Cinema“-Dokus, also Dokumentationen, die sich des Kommentars enthalten und die Szenen für sich sprechen lassen, verwenden eine wackelige, nach Orientierung suchende Handkamera. „Soldaten“ findet einen anderen Weg mit klaren, konzentrierten, auf die große Leinwand hin komponierten Bildern, die fähig sind, die Essenz der Situationen zu destillieren.
Chronologisch ist der Gang der Ausbildung zu erleben: von ersten Bewerbungsgesprächen und Tests bis zum „Check-In“ in der Kaserne, von der Ausbildung an der Waffe über militärische Übungen, die bis an die Grenzen der physischen Leistungsfähigkeit gehen, bis zum Test der Teamfähigkeit bei nächtlichen Einsatzübungen im Wald. Alle drei Protagonisten erzählen von problematischen Passagen aus ihrer Kindheit oder Jugend, auch von Ängsten, auf die „schiefe Bahn“ zu geraten oder sozial abzurutschen „in Richtung Hartz IV-Empfänger“, aber alle drei werden in der Ausbildung an Selbstvertrauen und Selbstsicherheit gewinnen.
Schritt für Schritt konturieren sich die Unterschiedlichkeiten ihrer Charaktere. Den Fragilsten der drei, der vom Tod seiner Mutter noch immer traumatisch betroffen ist, sieht man zum Beispiel einmal bei Schwimmübungen im Hallenbad, wo ihm geduldig geholfen werden muss, dass er wagt, sich dem Wasser anzuvertrauen. Nach außen robust zeigt sich hingegen Alexis, der anfangs auf der Stube durchaus auftrumpfend seine als Teenager gelernte Maxime verteidigt: Du kannst dich nur behaupten, wenn du bereit bist, dir mit den Fäusten Respekt zu verschaffen! Er wird lernen, im Team zu kooperieren und anderen hilfreich beizustehen.
Disziplin und Herausforderungen
Biografie und Charakterbild des dritten Rekruten, er heißt Jerell, kommen am ausführlichsten zur Darstellung. In Berlin wuchs er bei seiner alleinerziehenden Mutter auf. Sein Vater, ein afroamerikanischer Soldat der US-Armee, ließ die Familie früh im Stich, und der Versuch Jerells, mit ihm später einmal Kontakt aufzunehmen, schlug fehl. Er hat den Vater „abgeschrieben“. Seiner Mutter gefällt gar nicht, dass er den gefährlichen Soldatenberuf ergreifen will. Jerell versteht das und bleibt nachdenklich, schließlich aber hält er unbedingt daran fest, sich der Disziplin und den Herausforderungen des Soldatseins zu stellen. Dieser Grundspannung seiner Innenwelt spürt der Film in vielen Facetten nach und schenkt ihr eindrucksvoll dramaturgische Gestalt.
Christian von Brockhausen und Willem Konrad porträtieren die Rekruten auf eine offene, vorurteilsfreie, empathische Art, und holen zugleich die Perspektive der Ausbildung, den Kriegseinsatz, immer wieder ins Bewusstsein. Zum Schluss ist Jerell zu sehen, wie er in einem Hotelzimmer noch eine Quarantäne-Wartezeit durchstehen muss, bevor er für die „Mission Resolute Support“ nach Afghanistan geflogen wird. Der Schlusstitel des Films erinnert an die bislang 59 deutschen Soldaten, die ihren Einsatz in Afghanistan mit dem Leben bezahlt haben.