An der Apokalypse kommt man derzeit kaum vorbei: Flutkatastrophen, Waldbrände, Artensterben. Überall, wo Menschen und Medien hinschauen, scheint es derzeit nur um eines zu gehen: die Aufforderung „Wir müssen jetzt handeln“, damit die Lebensbedingungen für Mensch und Natur sich nicht noch weiter verschlimmern. Schrecklich viel passiert dann allerdings nie. So berechtigt die Rufe auch sein mögen, so sehr scheinen sie sich auch abzunutzen. Es kann eben nicht immer fünf vor zwölf sein.
Eine ausgedehnte Expedition
Die aufwändig fotografierte Dokumentation „Wonders of the Sea“ verfolgt einen zuversichtlicheren Ansatz. Regisseur Jean-Michel Cousteau begibt sich mit seinen Kindern Céline und Fabien auf eine ausgedehnte Expedition in die Tiefen der Weltmeere, um vor Augen zu führen, was es da unten alles zu bewahren gilt. Man sieht 250 Kilo schwere Riesenmuscheln, die für viele Fische nützlichen Putzgarnelen, riesige Moränen. Aber auch die Oktopusse, bei denen Gehirn und Körper gar nicht voneinander zu trennen sind. Es zieht die Familie Cousteau dabei von den Fidschi-Inseln über Nordkalifornien und die Mangrovenwälder in Mexiko bis hin zum Paarungsrevier des Hammerhais vor den Bahamas.
Die auch an Kinder gerichtete Erzählung betont die gegenseitige Kooperation unter den Lebewesen, egal ob es sich um einen winzigen Fisch handelt, der Schildkröten reinigt, oder eine Garnele, die einem Fisch beim Graben des Verstecks hilft. Der bereits 2017 produzierte Film ist in 3D gedreht, was den häufig nachts gedrehten Bildern eine angemessene Tiefe verleiht.
Beim Namen Cousteau denkt man immer noch an Jean-Michels Vater Jacques-Yves Cousteau, einen der Gründerväter des Naturdoku-Genres. Mit seinem Schiff Calypso befuhr der einstige französische Marine-Offizier die Ozeane. Jean-Michel Cousteau, der lange mit seinem Vater zusammengearbeitet hat, ist selbst ein etablierter Naturfilmer und Produzent der Reihe „Ocean Adventures“. Eine der Serienepisoden soll die Ausweisung des größten Meeresschutzgebiets der Erde um Hawaii durch den früheren US-Präsidenten Bush zur Folge gehabt haben.
Clownfische dürfen nicht fehlen
Neben Cousteau kommt in „Wonders of the Sea“ noch ein zweiter großer Name vor: Arnold Schwarzenegger, einst republikanischer Gouverneur von Kalifornien und selbsternannter Umweltschützer, führt durch den Film; einmal trifft er auch auf dem Forschungsschiff der Familie Cousteau ein. Auch Schwarzenegger betont immer wieder die Notwendigkeit zur Umkehr. Allzu konkret wird der Film dabei allerdings nie, auch wenn gelegentlich rauchende Schlote und abgestorbene Korallen zu sehen sind. Erzählerisch wird ganz auf Optimismus gesetzt, auch wenn manche Zahlen niederschmetternd sind: 100 Millionen Haie werden jährlich für Flossensuppe abgeschlachtet, 20 Prozent der Korallenbestände sind vernichtet, viele weitere gefährdet.
„Wonders of the Sea“ ist eine familientaugliche Dokumentation, die mit ihren harmlosen Unterwasser-Witzeleien zwischen Cousteau und seinen Kindern ein bisschen von „Findet Nemo“ hat; natürlich dürfen hier Clownfische nicht fehlen. Das deutsche Voice-Over wirkt bisweilen überkandidelt. Die Dramaturgie ist vorhersehbar: Wenn Unheil droht, erklingen dunkle Streicher. Feiert die Kamera die bizarren Choreografien der Meeresbewohner, ertönt Ballettmusik. Doch bei allem Herkömmlichen erfährt man auch viel Interessantes: dass Phytoplankton der bedeutendste CO2-Speicher ist und es sich bei Korallen nicht um Pflanzen, sondern um Tiere handelt. Dazu kommt, dass die Bilder von Jean-Jacques Mantello und Gavin McKinney schlicht überwältigend sind.
Was es zu bewahren gilt
Bleibt die Frage, ob der Appellcharakter des Films nicht als ein weiterer Ruf in der Wüste verhallt. Angesichts eines völlig verdörrten Riffs ist die Rede von „Bildern, die alle Staatschefs sehen müssten“ – als ob die ökologischen Probleme noch irgendeines Heureka-Momentes bedürften. Denn es ist doch das Nebeneinander von Bescheidwissen und Laufenlassen, was die vielbeschworene Umkehr verhindert. Trotz oder vielleicht gerade wegen des dieser Haltung innewohnenden Optimismus erfahren gerade Kinder hier auf beeindruckende Weise, was es zu bewahren gilt.