Tragikomödie | Südkorea 2020 | 66 Minuten

Regie: Hong Sang-soo

Ein in seinem Lebensweg noch unentschiedener junger Südkoreaner reist seiner ihrerseits nicht weniger lebenssicheren Freundin hinterher, die in Berlin ein Studium angefangen hat. Nach einem ernüchternden Treffen lässt er sich in Korea von seiner Mutter zum Essen mit einem bekannten Schauspieler überreden, obwohl er seine eigene Schauspielkarriere ad acta gelegt hat. Eine melancholische Tragikomödie über auseinanderdriftende Lebensentwürfe, die mit aphoristischer Knappheit von elterlichen Erwartungen wie den Unsicherheiten des jungen Erwachsenseins erzählt. Der Reiz des Films liegt in hintergründigen Dialogen und der Sympathie für die eigensinnigen Charaktere. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
INTEURODEOKSYEON
Produktionsland
Südkorea
Produktionsjahr
2020
Produktionsfirma
Jeonwonsa
Regie
Hong Sang-soo
Buch
Hong Sang-soo
Kamera
Hong Sang-soo
Musik
Hong Sang-soo
Schnitt
Hong Sang-soo
Darsteller
Shin Seok-ho (Youngho) · Park Miso (Juwon) · Kim Young-ho (Vater) · Ki Joo-bong (Alter Schauspieler) · Seo Young-hwa (Juwons Mutter)
Länge
66 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Tragikomödie
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Melancholische Tragikomödie über zwei junge Menschen aus Südkorea, die in Berlin mit den Unsicherheiten des Erwachsenseins kämpfen.

Diskussion

Auf das eigene, noch zarte Alter wird in „Introduction“ gleich zwei Mal verwiesen. Halb klingt es nach einer Entschuldigung, halb nach einer Bitte, doch noch ein bisschen Schonzeit zu gewähren. „Ich bin noch jung“, sagt die schüchterne Juwon (Park Miso), die zum Studium in Berlin vorerst in der Wohnung einer coolen Künstlerin und Bekannten ihrer Mutter unterkommt. „Wir sind noch jung“, echot ihr Freund Youngho (Shin Seok-ho) nach einem Zeit- und Ortswechsel im letzten Teil des Films. Auch seine Mutter versucht ihm den Weg ins Leben zu ebnen, indem sie ihn mit einer lebenserfahrenen Person bekannt macht. Ein berühmter Schauspieler soll ihm bei Essen und Soju ins Gewissen reden, damit er sein unlängst abgebrochenes Schauspielstudium wieder aufnimmt. Youngho konnte sich bei einem Studentenfilm aus schlechtem Gewissen gegenüber Juwon nicht zu einer Kussszene durchringen.

Auch in Korea braucht man Jacken

Nachdem der südkoreanische Regisseur Hong Sang-soo in Filmen wie „Gangbyun Hotel“ (2018) und „The Woman Who Ran“ (2020) mit dem Älterwerden befasste – die Frauenfiguren hatten meist schon gescheiterte Ehen hinter sich – erzählt er in „Introduction“ von elterlichen Erwartungen und Enttäuschungen wie auch von den Unsicherheiten des jungen Erwachsenseins.

Hong ist als Minimalist bekannt, doch so sparsam wie „Introduction“ war bisher kaum einer seiner Filme. Die Handlung wird in drei Akten und knapp 66 Minuten erzählt; der Mittelteil spielt am winterlichen Landwehrkanal. Das kalte, ungemütliche Berlin fügt sich ausgesprochen gut in die Hong’sche Atmosphäre und Temperatur. Dicke Jacken braucht man auch zu Hause in Korea.

Die in Begleitung ihrer Mutter nach Berlin gekommene Juwon wirkt wie aus dem Nest geworfen. Sie möchte Mode studieren, was man ihr nicht unbedingt ansieht. Ihre Bewegungen und Blicke sind unsicher und fahrig. Dann scheitert sie auch noch am Aufsperren einer „deutschen“ Haustür. Ihre Verstocktheit fällt im Beisein der coolen Künstlerin umso mehr auf – „Jeden Tag malen hält mich gesund“, sagt diese mit einer Souveränität, auf die Juwon wohl noch Jahre hinarbeiten muss.

Youngho geht es im ersten Teil des Films nicht viel anders. Als er in die Arztpraxis seines Vaters gerufen wird, lässt ihn dieser eine Ewigkeit im Wartezimmer herumsitzen. Würde ihn die Arzthelferin nicht mit etwas zu bitter aufgebrühtem Kräutertee, Komplimenten und einer Umarmung versorgen, wäre es ein furchtbar deprimierender Tag. Kein Wunder, dass er seiner Freundin nach Berlin hinterherreist.

Eine stille Renitenz

Hong Sang-soos Kino besteht aus Doppelungen, Spiegelungen, Wiederholungen und Rekonfigurationen. Die gibt es auch in „Introduction“, doch im Vergleich zu früheren Werken wirken sie unschärfer und überdies schlichter. Überhaupt macht der Film einen etwas erschöpften Eindruck, den man ihm leicht als Schwäche anlasten könnte. Dabei teilt er mit den Figuren nicht nur ein tiefes Gefühl der Unbehaustheit, sondern auch eine stille Renitenz. Am Ende machen die Kinder doch, was sie wollen.

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