Animation | Japan 2017 | 90 Minuten

Regie: Kazuya Tsurumaki

In einer Fantasy-Welt werden Kriege mit Hilfe von Drachen gewonnen. Außerdem sind deren Zähne auch der Übergangsbereich ins Jenseits für die Seelen Verstorbener, weshalb eine Zahnarzt-Gemeinschaft über die Pflege der Gebisse wacht. Als unfreiwillig ein Neuankömmling dazustößt, wird er als Lehrling verpflichtet, erfährt jedoch, dass die Ausbildung mit einigen Haken verbunden ist. Mit fulminanten Bildern und epochalen Schlachtszenen wuchernder Anime, unter dessen Fülle an Einfällen die ethischen und spirituellen Ansätze fast untergehen. Dennoch beeindruckt der Film durch seine Beschäftigung mit dem Teufelskreis der Gewalt, in dem Momente der Menschlichkeit aufblitzen. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
RYUU NO HAISHA | THE DRAGON DENTIST
Produktionsland
Japan
Produktionsjahr
2017
Produktionsfirma
Khara Corporation
Regie
Kazuya Tsurumaki
Buch
Ohtarô Maijô · Yoji Enokido
Kamera
Toyonori Yamada
Musik
Yoshitaka Koyama
Schnitt
Emi Tsujita
Länge
90 Minuten
Kinostart
22.10.2020
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Animation | Fantasy
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Kazé (16:9, 1.78:1, DD2.0 jap./dt.)
Verleih Blu-ray
Kazé (16:9, 1.78:1, dts-HDMA2.0 jap./dt.)
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Ein Fantasy-Anime über einen jungen Mann, der als Lehrling einer Zahnärztin verpflichtet wird und sich mit um die Pflege der Gebisse von Drachen kümmern soll, deren Gesundheit für Lebende wie Verstorbene von höchster Bedeutung ist.

Diskussion

Der Anblick von Krokodilen, in deren Mäulern Vögel sitzen, um dort völlig unbeeindruckt von der Gefahr Zahnpflege zu betreiben, ist ein eindrucksvolles Beispiel, zu welch außergewöhnlich symbiotischen Beziehungen die Natur fähig ist. Es ist nicht abwegig, dass dieser Anblick eine Inspiration für den Anime „The Dragon Dentist“ war, in dem die Größenverhältnisse jedoch erheblich gesteigert sind. Statt Vögeln übernehmen hier die Menschen die Dentalpflege – und an die Stelle des Krokodils rückt ein kilometerlanger Drache.

Dass es dem Gebiss, aus dem das heilige Tier seine Kraft speist, gutgeht, ist in dieser fiktiven Fantasy-Welt in doppelter Hinsicht wichtig. Zum einen wird es als fliegende Festung genutzt, mit der ein militärisch sonst hoffnungslos unterlegenes Land zumindest noch eine letzte Chance im Konflikt gegen einen feindlichen Anrainerstaat hat. Zum anderen aber müssen die Seelen der Toten auf dem Weg ins Jenseits eben jene Zähne passieren. Sind die Beißer beschädigt oder zerstört, finden die rastlosen Geister keinen Frieden, sondern steigen als blutdürstige Dämonen aus dem Zahnfleisch hervor.

Die Kunde vom eigenen Ende

Es liegt also an den Drachenzahnärzten, eine Art dentaler Mönchsgemeinschaft, die in ihrem Job mit übernatürlichen Fähigkeiten und magischen Werkzeugen operieren, dass diese Brücke zwischen dem Diesseits und der anderen Welt aufrechterhalten wird. Sie müssen allerlei Dämonisch-Bakterielles ausmerzen, das regelmäßig zwischen den haushohen Hauern hervorkriecht. Ab und an taucht aber auch ein kürzlich Verstorbener auf, der damit seine Wiedergeburt erfährt und in die Reihen der Zahnärzte aufgenommen wird. Der neueste Zugang dieser unfreiwillig Auserwählten heißt Bell. Nach kurzer Verwirrung angesichts seiner neuen Lebensaufgabe geht er bei der noch jungen Ärztin Nonoko in die Lehre. Mit einer Sache aber scheint er sich nicht abfinden zu wollen: wie alle Drachenzahnärzte am Ende seines Studiums zu erfahren, auf welche Weise er einst sterben wird.

Kreative Armut und thematische Monotonie, die Hollywood so oft vorgeworfen werden, wiegt das ostasiatische Kino seit Längerem auf. „The Dragon Dentist“ scheint jedoch ganz allein beweisen zu wollen, wie viele unverbrauchte Ideen hier schlummern. Selbst Anime-affine Gemüter dürfte der Weltentwurf und die Einfälle, mit denen Regisseur Kazuya Tsurumaki und Drehbuchautor Yoji Enokido überraschen oder gar überwältigen. Da gibt es Zahnbakterien sowohl in Form katzengroßer Maden als auch gewaltiger, spinnengleicher Monstren, die Behausungen der Zahnärzte, die mit Seilen am Kinn des Drachen angebracht sind und in luftiger Höhe baumeln, und natürlich die magische Echse selbst, auf deren Rücken eine Militärfestung samt Tempel thront und die in einem ihrer drei Armpaare einen gewaltigen Besen trägt, so als wolle sie damit das Böse vom Antlitz der Erde kehren.

Allein auf dieser visuellen und ästhetischen Verspieltheit ruht sich „The Dragon Dentist“ jedoch nicht aus. Stattdessen nutzt er sein Szenario, um die Frage aufzuwerfen, ob der Mensch womöglich ein inhärent gewalttätiges Wesen sein könnte. Die Antwort muss angesichts der Zerstörung, des Abschlachtens und des Leids in der militaristisch-mystischen Welt von „The Dragon Dentist“ wohl mit Ja beantwortet werden.

Den Teufelskreis durchbrechen

Dennoch scheinen immer wieder lichte, hoffnungsvolle Momente durch, die zeigen, dass diese Gewalttätigkeit nicht von Natur aus existiert, sondern oft ein Resultat äußerer Umstände ist. So agiert etwa eine als Antagonisten fungierende Söldnertruppe unter der Maßgabe, diesen elenden Krieg und sein Leid mit allen Mitteln endlich beenden zu wollen – geht dabei jedoch mit einer Skrupellosigkeit vor, die die traurige Folge einer jahrelangen Spirale der Brutalität ist. An anderer Stelle entpuppt sich ein fataler Verrat in den Reihen der Drachenzahnärzte als nachvollziehbarer Verzweiflungsakt einer entzweigerissenen Liebe mit der Hoffnung, den verstorbenen Seelengefährten wieder ins Leben zurückzuholen. Extreme Umstände führen zu extremen Taten.

Der Protagonist Bell, der innerhalb dieses Spannungsfeldes zwischen Leid und Hoffnung zum unfreiwilligen Helden mutiert, bildet den tugendhaften Konterpart dieser Zurschaustellung menschlicher Abgründe. Erst durch seine moralische Integrität und seinen (wenn auch erst nach langem Zögern entfesselten) Mut, sich dieser vermeintlichen Logik von Gewalt und Vergeltung nicht zu unterwerfen und letztlich sein eigenes Schicksal zu akzeptieren, gelingt es, diesen Teufelskreis zu durchtrennen. Nicht sofort, aber doch langfristig.

Eine Welt, die nach mehr schreit

Die Fülle an ethischen, spirituellen, existenzialistischen Fragen und Themen, die „The Dragon Dentist“ aufgreift, ist jedoch für etwa 90 Minuten Laufzeit viel zu viel, zumal der Film auch noch in einem epochalen Finale mündet. Daraus resultiert ein Flickenteppich voller ideeller Ansätze, die unter dem visuellen Bombast, den großen fulminanten Bildern und erschreckend-expliziten Gewalt unterzugehen drohen. „The Dragon Dentist“ mutet eher wie die Vorgeschichte einer größer angelegten Reihe denn wie ein in sich abgeschlossenes Werk an: Diese Welt, ihre Ideen und Figuren schreien geradezu nach einem „Mehr davon!“. Da „The Dragon Dentist“ aber bereits 2017 in Japan produziert wurde (erst jetzt schafft er es nach Deutschland) und bisher ohne Fortsetzung blieb, wird dies wohl nicht mehr geschehen.

Für Anime-Fans ist „The Dragon Dentist“ dennoch ein sehenswerter Film – einer, der den eskapistischen und fantastischen Spielarten des Genres den Vorzug vor den romantisch-verkitschten gibt.

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