SEIN - gesund, bewusst, lebendig
Dokumentarfilm | Deutschland 2020 | 106 Minuten
Regie: Bernhard Koch
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2020
- Produktionsfirma
- Schwarzer Panther Film
- Regie
- Bernhard Koch
- Buch
- Bernhard Koch · Käte Schaeffer
- Kamera
- Hubert Märkl
- Musik
- The Hans
- Schnitt
- Bernhard Koch
- Länge
- 106 Minuten
- Kinostart
- 06.08.2020
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Fünf Menschen mit schweren Krankheiten erzählen von ihren Erfahrungen mit alternativen Heilmethoden. Eine vielstimmige Reflexion über den Zusammenhang von Körper, Seele und Geist.
Fünf Menschen, fünf Krankheiten, fünf Lebensentwürfe. Stephan sagt nachdenklich: „Es war doch ein Glück, eine Krankheit zu haben.“ Er litt so schlimm an Arthritis, dass die Ärzte ihn schon auf ein Leben im Rollstuhl vorbereiteten. Ranja erklärt ihren Darmkrebs damit, dass sie „gegen sich gelebt“ habe. Auch Monas extreme Schuppenflechte, die Ischias-Schmerzen von Chris oder Dominiques Krebs legen nahe, dass Krankheiten mit Defiziten in der Lebensführung zu tun haben.
„Bewusstsein ist ganz entscheidend, bei allem, was wir tun“, sagt Ranja, die nach ihrer Diagnose auf gängige schulmedizinische Therapien verzichtete. Beim Heilungsprozess hat ihr Yoga geholfen; heute ist die alleinerziehende Mutter selbst Yoga-Lehrerin. Bei Stephan war es eine radikale Ernährungsumstellung. Er hatte die Freude am Essen verloren; doch mit Wildkräutern kam seine Energie wieder zurück. Inzwischen leitet er selbst eine Schule für Wildkräuter. Die anderen fanden Erfüllung in der Klangschalentherapie oder in der Meditation.
Dankbar für jeden Moment
Es geht in „Sein – gesund, bewusst, lebendig“ aber auch darum, wie man das Leben auch angesichts des Todes gestalten kann. So gelingt es der Französischlehrerin Dominique, die ihr noch verbleibende Lebensspanne mit Sport und Meditation intensiv zu erleben. Sie ist dankbar für jeden Moment angesichts einer weit fortgeschrittenen Krebserkrankung.
Der Filmemacher Bernhard Koch begleitet fünf Menschen auf ihren Lebenswegen. Es sind keine Geschichten von Wunderheilungen, keine allgemein übertragbaren Zauberformeln für Genesung oder ein langes, glückliches Leben, sondern Porträts von Persönlichkeiten und ihren Krankheiten in einem spezifischen gesellschaftlichen Umfeld. Denn viele Krankheiten sind wohlstandsbedingt: „Aus einer ewig langen Epoche des Mangels sind wir in eine Epoche des Überflusses geraten“, sagt Andreas Michalsen, Chefarzt für Naturheilkunde am Immanuel-Krankenhaus in Berlin. Durch kluges Essen und kluges Entscheiden kann man Wohlstandskrankheiten wie Diabetes vermeiden, ist Michalsen überzeugt.
Doch die Wirklichkeit sieht häufig anders aus: „Die Industrie hat die Ernährung des Menschen übernommen“, kommentiert Françoise Wilhelmi de Toledo, Leiterin einer Fasten- und Heilklinik. In der Selbstbeschränkung des Fastens liegt jedoch eine Möglichkeit, neue Lebensfreude oder einfach wieder Spaß am Essen zu finden. Durch solche Statements werden die Porträts der fünf Protagonisten wohltuend kontextualisiert, wenn Mediziner, Ernährungswissenschaftler oder Psychologen, aber auch ein Chefkoch oder ein Jesuitenpater ihre Erkenntnisse und Erfahrungen beisteuern.
Viele ertragen Komplexität nicht mehr
Dabei geht es immer wieder um das Bewusstsein und um die Entfremdung des Menschen von sich selbst. „Viele Menschen ertragen die Komplexität nicht mehr, die heute auf sie einstürzt“, bringt es ein Yogalehrer auf den Punkt, und Chris ergänzt: „Das Leben findet zwar jetzt statt, doch wir sind durch unser Denken ständig auf Vergangenheit und Zukunft programmiert.“
Immer wieder streift der Film mit schönen Bildern in die Natur, ins Gebirge oder an Seen. Wald und Garten werden zu Metaphern der Ruhe und der Neubesinnung, des Aufgehens oder des aktiven Gestaltens in der Natur. Bewusste Atmung, Meditation und Bewegung führen zum Wiedererleben von Körper und Geist.
Aussteiger und Umsteiger
„Sein – gesund, bewusst, lebendig“ ist ein Film über Aussteiger und Umsteiger. Er erzählt von Menschen, die krank waren, aber gesund wurden und davon überzeugt sind, aus der Krankheit etwas gelernt zu haben. Es geht um Krankheit, Körper und Geist, aber auch um ein tiefes Unbehagen in der Wohlstandsgesellschaft sowie Strategien des Überlebens in einer zunehmend als krankmachend empfundenen Umgebung. Gleichzeitig ist „Sein – gesund, bewusst, lebendig“ aber kein missionarischer Ratgeberfilm, kein spiritueller oder nahrungsphilosophischer Wegweiser, sondern vielmehr ein breiter Überblick über unterschiedliche Wege der Heilung und der Selbstheilung. Ein angenehmer Film, der Interesse an weitergehenden Fragen weckt, etwa danach, wie es wohl mit Gesundheit und Krankheit jenseits unserer Wohlstandsblase aussieht und ob die im Film gezeigten Ansätze von Heilung und Selbstfindung auch außerhalb dieser Komfortzone existieren.