Mystery | USA 2019 | 90 Minuten

Regie: Andrew Patterson

In einer kleinen Stadt im US-Bundesstaat New Mexico stoßen eine junge Telefonistin und ein charismatischer Radio-Moderator in den 1950er-Jahren auf eine seltsame Funkfrequenz und versuchen deren Herkunft zu ergründen. Dabei erfahren sie von seltsamen Dingen wie angeblichen UFO-Sichtungen, die darauf hindeuten, dass in ihrer kleinen Stadt Unglaubliches vor sich geht. Ein liebe- und fantasievoll inszenierter Debütfilm im Geist früher Steven-Spielberg-Filme, der sich nicht auf Special Effects verlässt, sondern die Reaktionen der Protagonisten in den Mittelpunkt stellt und durch eine raffinierte Kameraarbeit und ein ausgeklügeltes Sounddesign überzeugt. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
THE VAST OF NIGHT
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2019
Produktionsfirma
GED Cinema
Regie
Andrew Patterson
Buch
James Montague · Craig W. Sanger
Kamera
M.I. Littin-Menz
Musik
Erick Alexander · Jared Bulmer
Darsteller
Sierra McCormick (Fay Crocker) · Jake Horowitz (Everett) · Gail Cronauer (Mabel Blanche) · Cheyenne Barton (Bertsie) · Gregory Peyton (Benny Wade)
Länge
90 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Mystery
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Liebevoller Science-Fiction-Film um zwei junge Menschen, die eines Abends in einer kleinen Stadt in New Mexico auf seltsame Funksignale stoßen und deren Rätsel zu ergründen versuchen.

Diskussion

Fay Crocker (Sierra McCormick) glaubt an die Zukunft - an die fantastischen technischen Möglichkeiten, die die nächsten Jahrzehnte bringen werden: unterirdische Röhrensysteme, in denen Reisende in kürzester Zeit tausende von Meilen zurücklegen, tragbare Mini-Telefone, selbstfahrende, via Radiosignal gesteuerte Autos. Crocker, die Heldin von Andrew Pattersons charmantem Retro-Science-Fiction-Film, lebt in den 1950er-Jahren, in einem kleinen Städtchen namens Cayuga irgendwo in New Mexico. Während sich das Gros der Bevölkerung in der örtlichen Sporthalle versammelt, um das erste Basketballspiel der Saison zu genießen, ist die 16-jährige Telefonistin mit dem jungen DJ Everett (Jake Horowitz) unterwegs, der beim lokalen Radiosender moderiert. Die beiden verbindet, dass sie mit ihren Lebensbedingungen in der Provinz nicht zufrieden sind. Everett träumt von einer Karriere bei einem großen Radiosender in einer Großstadt; Fay verschlingt Wissenschaftsmagazine, die von ehrgeizigen Forschungsprojekten berichten. Sie wagt ihrerseits kaum, auf eine College-Ausbildung zu hoffen, hört es aber gerne, wenn Everett sagt, dass das das Richtige für sie wäre.

Die „Area 51“ lässt grüßen

Die beiden ahnen zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass ihnen die aufregendste Nacht ihres bisherigen Lebens bevorsteht. Wenig später wird Fay, die hinter ihrer Telefonzentrale auf Anrufe wartet und dabei Everetts Sendung lauscht, von mysteriösen Geräuschen irritiert, die die Radioübertragung stören; Anrufer, die von seltsamen Erlebnissen berichten, werden aus unerfindlichen Gründen unterbrochen. Fay wendet sich an Everett, der das Störgeräusch ermittelt und in seine Sendung einbaut. Die Zuhörer sollen in der Radiostation anzurufen, falls sie irgendwelche Informationen dazu haben.

Die Rückmeldungen sind beunruhigend: Ein afro-amerikanischer Veteran berichtet, dass er früher als Soldat auf eine geheimen Militärbasis in der Wüste abkommandiert wurde und dabei mit rätselhaften Objekten und eben diesem unvergesslichen Störgeräusch in Kontakt kam. Und eine alte Frau, die Fay und Everett zu sich nach Hause einlädt, erzählt vom vom dubiosen Verschwinden ihres Sohnes.

Mystery ohne spektakuläre Effekte

Zentrale Impulse des Science-Fiction-Genres waren seit jeher die Entdeckerlust und das Herbeifantasieren des Erstaunlichen – revolutionärer Technologien, neuer Welten, außerirdischer Kreaturen –, sowie die Frage, was die Konfrontation damit mit den Menschen macht. In zu vielen Filmen allerdings tendiert der Effekt-Bombast dazu, sich zu verselbstständigen und wenig Raum zu lassen für die existenziellen Dimensionen. Die Drehbuch-Debütanten James Montague und Craig W. Sanger sowie Regisseur Andrew Patterson wandeln mit ihrem kleinen Independent-Film auf anderen Pfaden als großangelegte Alien-Invasion-Spektakel à la „Oblivion“ und „Edge of Tomorrow“: Nicht das, was auch immer im nächtlichen Himmel über Cayuga lauert, steht im Mittelpunkt, sondern es geht um Fay und Everett und um das, was die unheimlichen Geschehnisse bei ihnen und bei einer Handvoll Nebenfiguren auslösen.

Der Film erspart sich eine umständliche Exposition; die Kamera ist von Anfang an mitten drin im Geschehen: Die beiden Protagonisten werden mit einer langen, gleitenden Sequenz eingeführt, in der sich die Kamera an ihre Fersen heftet und ihrem schnellen Wortwechsel lauscht, während beide auf dem Weg von der Sporthalle zu ihren nächtlichen Jobs sind – eine Sequenz, die sehr elegant sowohl die Charaktere umreißt als auch in ihr kleinstädtisches Umfeld einführt, bevor dann zügig der Mystery-Plot anhebt und Fay und Everett unversehens zu Verbündeten und Detektiven werden.

Die Ermittlungen, die dann einsetzen, entwickeln eine beträchtliche Spannung, was nicht zuletzt dem hervorragenden Sounddesign, aber auch einer atmosphärischen Kameraarbeit zu verdanken ist, die sich zwischendurch – wie von etwas Fremdem übernommen – gleichsam von den Figuren emanzipiert, um durch die leeren nächtlichen Straßen zu geistern. Nicht zuletzt überzeugen die tollen Schauspielleistungen: Sierra McCormick und Jake Horowitz profilieren das lebhafte, clevere Pärchen Fay-Everett schnell als Sympathieträger, und die Nebenfiguren machen jedes aufwändige Creature Design überflüssig - etwa wenn Mabel Blanche (Gail Cronauer) von der angeblichen Entführung ihres Kindes durch die „Leute im Himmel“ berichtet und allein ihre Stimme, ihr Gesicht und dessen Ausleuchtung einem kalte Schauer über den Rücken jagen.

Zwischen Paranoia und Sehnsucht

Ein Retro-Flair à la „The Twilight Zone“ liegt von Anfang an über der Szenerie. Und tatsächlich überzeugt „Die Weite der Nacht“ nicht zuletzt als atmosphärischer, mit Science-Fiction- und Coming-of-Age-Elementen gestalteter Abgesang auf die Eisenhower-Ära, die heute oft als eine Phase der Prosperität und Stabilität verklärt wird, mit einem übersichtlichen Weltbild (hier der gute freie Westen, da die bösen Kommunisten) und einer Gesellschaft, die noch nicht erschüttert war von den Emanzipationsbewegungen der Frauen, Schwarzen oder Homosexuellen. „Die Weite der Nacht“ kreist um Figuren, die zunächst in sehr überschaubaren, aber auch recht kleinkarierten Umständen leben, wobei der Film dezent auch Themen wie Rassismus und die Stellung von Frauen anklingen lässt. Das, was Fay und Everett im Laufe dieser einen, besonderen Nacht passiert, konfrontiert sie indes mit der verstörenden Erkenntnis, dass „da draußen“ Dinge vor sich gehen, die ihre Vorstellungen von der Welt, in der sie leben, für immer verändern werden. Der Film changiert dabei elegant zwischen Dystopie und Utopie, Paranoia und Sehnsucht: Was immer sich hinter den merkwürdigen Ereignissen verbirgt, es könnte zutiefst beängstigend sein - vor allem aber ist es herrlich horizonterweiternd und aufregend!

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