Irgendwann ist auch mal gut
Tragikomödie | Deutschland 2019 | 94 Minuten
Regie: Christian Werner
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2019
- Produktionsfirma
- Venice Pictures/ZDF - Das kleine Fernsehspiel
- Regie
- Christian Werner
- Buch
- Daniel Bickermann · Christian Werner
- Kamera
- Anne Bolick
- Musik
- Peer Kleinschmidt
- Schnitt
- Henning Stöve
- Darsteller
- Fabian Hinrichs (Karsten) · Franziska Walser (Marion) · Michael Wittenborn (Theodor) · Maresi Riegner (Ellie) · Julia Richter (Sandra)
- Länge
- 94 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Tragikomödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Eine schwarze Komödie zum Thema Alterssuizid, die dank toller Darsteller für einen offeneren Umgang mit dem Tod und eine neue Sterbekultur plädiert.
Das Thema selbstbestimmtes Sterben, zumal im Alter, erwartet man nicht gerade im Genrefach Komödie. Den Mikrokosmos eines Bestattungsinstituts schon eher, wenn man etwa an Vorbilder wie Tony Richardsons „Tod in Hollywood“ denkt. Deshalb verwundert es nicht, dass „Irgendwann ist auch mal gut“ von Christian Werner zunächst reichlich schwarzhumorig daherkommt. Nur die tiefgekühlte Optik irritiert mit ihrer beinahe dokumentarischen Ästhetik: Selten hat man die entsprechenden Interieurs so nüchtern in Szene gesetzt gesehen.
Der famose Fabian Hinrichs spielt seinen überkontrollierten und auf emotionale Distanz bedachten Bestatter Karsten, der seine Existenz nach festen Ritualen geordnet hat, mit einer derart temperierten Mimik, dass man ihm das einbrechende Chaos sogleich vom ganzen Herzen wünscht. Nicht nur, dass Karsten mitten in der Scheidung steckt und mit einer unorthodoxen Assistentin gesegnet ist, die seine Anweisungen an den staatlichen Bestattungsverordnungen vorbei lustvoll hintergeht. Es stehen auch noch die Weihnachtstage vor der Tür, die traditionell einen Anstieg von Herzinfarkten und Selbstmorden versprechen. Und außerdem muss der jährliche Familienbesuch absolviert werden.
Freiwilliger Exit nach einem letzten Tango
Zunächst scheint alles wie immer, bis ihm die Eltern seelenruhig mitteilen, dass sie gemeinsam Selbstmord begehen wollen. Der an Parkinson leidende Vater wolle nicht mehr, da er noch nicht mal mehr den Gang auf die Toilette bewältigen könne. Die Mutter, obwohl völlig gesund, möchte nach 50 Ehejahren nicht allein zurückbleiben. Das Haus sei verkauft, der Nachlass geregelt. Nur der Sohn müsse noch zustimmen. Was zunächst wie ein Scherz wirkt, entpuppt sich als bitterer Ernst. Das Paar feiert zum Abschied eine Tango-Party, die Filius Karsten randalierend sabotiert. Seine Argumente gegen das Sterben kommen bei den Senioren nicht an, zumal er sich keine Mühe gibt, ihren Standpunkt nachzuvollziehen.
Stattdessen wendet er durchschaubare Tricks an, wenn er etwa die Kumpels des Vaters einlädt, damit sie ihn von seinen Plänen abbringen. Die haben aber durchaus Verständnis für dessen Lage und ermuntern ihn zum Handeln. Von nun an nimmt Slapstick überhand. Karstens Bestattungswagen verliert buchstäblich die Kontrolle. Die Scheibenwischer versagen, Fenster gehen nicht mehr zu, die Klimaanlage streikt. Karsten stolpert unentwegt über Mülltonnen, wenn er sie nicht gerade mit dem Wagen überfährt. Mal alarmiert er in Panik die Polizei, die den nackten Eltern in der Sauna nachstellt. Mal wird er selbst zum Patienten, nachdem er plötzlich auf der Arbeit die Anwesenheit von Leichen nicht mehr erträgt und unter Magenschmerzen kollabiert.
Eine trockene Farce zum tabuisierten Thema
Die Lockerheit des Drehbuchs wirkt mit Fortschreiten der Handlung allmählich etwas angestrengt, doch dann gerät der traurige Held dieser trockenen Farce in eine waschechte Lebenskrise und wird dank der lebensklugen Anwältin seiner Ex-Frau mit den eigenen Defiziten in Sachen „Savoir vivre“ konfrontiert. Getragen von umwerfend guten Schauspielern, plädiert der im Finale knapp am Drama vorbeibalancierende Film für eine alternative Bestattungs- und Sterbekultur. Das Aufeinanderzugehen der Generationen versöhnt mit dem tabuisierten Thema, lässt aber auch keinen Zweifel daran, dass aufgrund des demografischen Wandels und damit auch zunehmender Alterssuizide eine Konfrontation mit dazugehörigen Phänomenen wie Krankheit, Einsamkeit und Verfall längst fällig ist. „Irgendwann ist auch mal gut“ legt die im Verborgenen liegenden Wunden mutig offen und stellt die Gegenrezepte, ob auf der privaten oder gesellschaftspolitischen Ebene, zur Diskussion.