Narren (2019)

Vor wenigen Jahren zog eine in eine dunkle Kapuze gehüllte Gestalt in einer Winternacht durch Rottweil. Auf den Überwachungskameras war später nicht zu erkennen, um wen es sich handelte. Die Gestalt schlich unbemerkt von Haus zu Haus und hinterließ eine anonyme Streitschrift. Unterzeichnet war das Schreiben mit „an alta Rösslema“. Auf mehreren Seiten wurde „die Verwässerung“ der Rottweiler Fasnet beklagt. Insbesondere beim Benner-Rössle, mit dessen Treibern eine der traditionsreichsten und prägendsten Figuren des alljährlichen Narrensprungs durchs Schwarze Tor eng verbunden ist, hätten sich Verhaltensweisen eingeschlichen, die eher an Hexenumzüge oder Sportveranstaltungen erinnerten als an die seit vielen Generationen überlieferte „Rottweiler Rössle-Narretei“.

Die bei Nacht und Nebel überbrachte Botschaft löste im Januar 2018 in der baden-württembergischen Kleinstadt eine rege Debatte aus. Auch wenn viele die anonyme Art der Kritik ablehnten, stimmten sie inhaltlich zu. Diese Anekdote zeigt, wie ernst die Fasnet in Rottweil auch heute noch genommen wird und wie sehr sie zugleich mit einem sich verändernden Zeitgeist in Konflikt gerät.