Das Genre der Teenager- oder High-School-Komödien hat in den USA eine lange Tradition. Berühmt-berüchtigt sind nicht zuletzt Filme wie „American Pie“ und seine zahlreichen Epigonen, die das Thema der amoklaufenden Teenie-Hormone als Steilvorlage für derben Humor mit reichlich Körperflüssigkeiten nutzen. Es geht freilich auch anders, sensibler, und das Regiedebüt der Schauspielerin Olivia Wilde ist einer jener Filme, die das vormachen. „Booksmart“ verzichtet weitgehend auf Gags unter der Gürtellinie und stellt zwei junge Mädchen in den Vordergrund der Geschichte: Amy (Kaitlyn Dever) und Molly (Beanie Feldstein) sind beste Freundinnen und in jeder Hinsicht unzertrennlich. Sie sind clever und schlau, schreiben in der High School immer die besten Noten und sind somit heiße Anwärterinnen auf einen Platz an einer der Elite-Universitäten Amerikas.
Allerdings haben die klugen Köpfe vor lauter Lernen vergessen, dass es auch ein Leben neben der Schule gibt. Das wird ihnen aber erst am Abschlussabend bewusst. Deshalb beschließen Amy und Molly, Versäumtes nachzuholen. Und das schließt Tanzen, Singen und Feiern ebenso ein wie den Konsum von Alkohol und den Versuch, sexuell aktiv zu werden. Doch bis sie endlich auf der ultimativen Fete ihres Mitschülers Nick landen, steht ihnen noch ein langer, steiniger Weg bevor.
Eine einfallsreiche Bildgestaltung und zwei starke Newcomer-Darstellerinnen
Olivia Wilde beweist bei ihrem Erstling erstaunliche Originalität. Neben schrägen Kostümen und einem hippen Soundtrack, der einen zuweilen aus dem Kinosessel katapultiert, überrascht sie auch auf visueller Ebene mit guten Ideen, etwa wenn ein Skater in Zeitlupe durch die Flure der Schule gleitet und dabei mit einem Feuerlöscher eine Spur weißen Nebels nach sich zieht, oder in einer Traumsequenz, in der Molly mit ihrem Angebeteten eine ebenso rasante wie komplizierte Tanzchoreografie hinlegt. Auch eine Unterwassersequenz im Pool gehört zu den zahlreichen optischen Highlights des Films.
Generell balanciert „Booksmart“ komische Töne und dramatische Momente gut aus, der Mix aus plattem Teenager-Spaß, Außenseiter-Drama und seriöser Coming-of-Age-Story lebt vor allem von dem erfrischend unverbrauchten Spiel der beiden Newcomer-Hauptdarstellerinnen Kaitlyn Dever und Beanie Feldstein, die eben einmal nicht dem klassischen Schönheits-Ideal blond, schlank, blauäugig entsprechen, sondern wie erdige, aus dem wirklichen Leben gegriffene Menschen mit Ecken, Kanten und kleinen Fehlern rüberkommen.
Auch die Jugendsprache ist heutig, spart auch nicht mit Kraftausdrücken, allerdings muss man mit dem nahezu permanenten verbalen Schlagabtausch der beiden Protagonistinnen klarkommen können, denn Wilde hat ihnen (unendlich) viele Dialoge in den Mund gelegt, die zuweilen mehr nerven, als dass sie eine zielführende Funktion erfüllen würden.
Warum Lernen nicht alles ist
Bevölkert wird der Film von einem Potpourri verschiedenster Figuren. Da gibt es den reichen, geltungssüchtigen Schnösel ebenso wie die nach sexueller Orientierung suchende Skaterin, den übergewichtigen Schlaumeier ebenso wie die coole Afroamerikanerin oder die lässige Blondine, die ganz offen zu ihrer Homosexualität steht. Allerdings wird etwa die Gender-Thematik nur angerissen, nicht wirklich vertieft, Wilde setzt dann letztlich doch auf pures Entertainment und den unvermeidlichen Fäkal-Humor, wenn sich Amy beim Sex übergeben muss und sich das Erbrochene über den Körper der Klassenkameradin ergießt.
Zudem ist auch die handlungsauslösende Erkenntnis, dass die von Molly als Feierbiester verpönten Mitschüler einen Platz an einer „guten“ Uni bekommen haben, nicht ganz unproblematisch. Neben Binsenweisheiten wie „Man kann sich die Zuneigung von Menschen nicht erkaufen“ darf ein junges Publikum so eben auch die Botschaft mit nach Hause nehmen, dass Lernen keine wirkliche Rolle spielt.