Ein Licht zwischen den Wolken

Drama | Albanien 2018 | 84 Minuten

Regie: Robert Budina

Als ein Hirte in seinem albanischen Bergdorf, in dem Muslime und Katholiken zusammenleben, unter dem Putz der Moschee ein Christusbild entdeckt, gerät der Dorffrieden in Gefahr. Auch muss sich der fromme Mann mit seinen fernab lebenden Geschwistern auseinandersetzen, die mit der Aussicht auf den nahen Tod des Vaters ihre Ansprüche auf dessen Haus geltend machen. Mit atemberaubend schönen Bildern und langen, ruhigen Einstellungen beobachtet das dialogarme Drama die Meinungsverschiedenheiten und vermittelt über den Dorf-Mikrokosmos die schwierigen Prozesse, die am Beginn jeder religiösen Toleranz stehen. Der in sich gekehrte Hirte entpuppt sich in dem zutiefst humanistischen Film als Vermittlerfigur, der dem Konfliktpotenzial seine Güte und die Sehnsucht nach Liebe entgegenhält. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
STREHA MES REVE
Produktionsland
Albanien
Produktionsjahr
2018
Produktionsfirma
Erafilm/Digital Cube
Regie
Robert Budina
Buch
Robert Budina
Kamera
Marius Panduru
Musik
Marius Leftarache
Schnitt
Stefan Tatu
Darsteller
Arben Bajraktaraj (Besnik) · Esela Pysqyli (Vilma) · Irena Cahani (Fitore) · Bruno Shllaku (Fadil) · Osman Ahmeti (Alban)
Länge
84 Minuten
Kinostart
19.09.2019
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama
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Ein albanischer Hirte entdeckt, dass die Moschee seines Dorfes früher eine Kirche war, was ihm den Unfrieden seiner Mitmenschen einträgt. Zudem muss er sich mit missgünstigen Geschwistern herumschlagen, die hinter dem Erbe ihres todkranken Vaters her sind.

Diskussion

Wie können Menschen unterschiedlicher Religion friedlich zusammenleben? Davon handelt  „Ein Licht über den Wolken“.

Der Hirte Besnik wohnt in einem abgelegenen albanischen Gebirgsdorf und lebt seinen muslimischen Glauben mit Inbrunst. Vielleicht aus einer göttlichen Eingebung heraus fällt sein Blick eines Tages auf eine poröse Stelle in der Wand der Moschee. Er bricht ein Stück heraus, so dass das Loch verputzt werden muss. Bevor er jedoch mit der Kelle selbst Hand anlegen kann, steht der staatliche Denkmalschutz in Gestalt von zwei Restauratorinnen vor der Tür, um sich ein Bild von der Lage zu machen.

Zum großen Erstaunen der muslimischen Gläubigen legen sie unter dem Putz ein Christusbild frei und klären die Gemeinde über dessen Herkunft auf: Die Moschee war vormals eine christliche Kirche, die nach der Eroberung durch das Osmanische Reich zur Moschee umfunktioniert wurde. Für eine Übergangszeit hatten die neuen Machthaber den Christen aber gestattet, dort weiterhin ihre Gottesdienste abzuhalten. Nun entbrennt eine Diskussion, wie mit diesem religiösen Erbe umzugehen sei.

Die Idee der religiösen Toleranz

Der ungewöhnliche Film „Ein Licht zwischen den Wolken“ von Robert Budina beschäftigt sich eindringlich mit der Frage, ob dieser Fall religiöser Toleranz aus der Vergangenheit als Vorbild für die Gegenwart taugen kann. Oder vielleicht sogar als Modell für Gesellschaften in Frage kommt, die durch Zuwanderung religiös immer vielfältiger werden.

Während sich der Protagonist in „Ein Licht zwischen den Wolken“ dafür einsetzt, die liberale Tradition aus alter Zeit wieder aufleben zu lassen, zeigt der Film anschaulich und mit konzentrierter Langsamkeit, warum diese Idee immer wieder scheitern muss.

Budina hat den Schauplatz in ein Dorf verlegt, in dem sowohl Muslime als auch Christen leben. Hier ist das Beziehungsgefüge noch überschaubar. Über den Widerstand in der muslimischen Gemeinde ließe sich sachlich verhandeln, wenn alle Menschen so offen wären wie Besnik. Der Film zeichnet ihn als einen einnehmenden Sonderling, dem der Schauspieler Arben Bajraktaraj großen Nachdruck verleiht. Besnik ist sensibel, verletzlich und künstlerisch begabt. Er versenkt sich in Gott und ist mit dem zufrieden, was er besitzt. Seine Arbeit verrichtet er ernst und konzentriert, persönliches Leid bewältigt er symbolisch, indem er aus Holzstöcken Figuren schnitzt.

Die Weite der Natur

Zumeist hält sich der Hirte in der freien Natur auf, die sein Wesen geformt hat. Ihre meditative Weite und Erhabenheit fängt Marius Pandurus Kamera überzeugend ein und setzt sie in Kontrast zu den beengten, kommunikationsarmen Lebensverhältnissen in den meist dämmrig gehaltenen Häusern. Ganz ähnlich steht es um die Herzen der Menschen.

Besniks Erscheinung hingegen steht für gelebte religiöse Toleranz. Er verkörpert mit seiner Vorstellung von Gottes Barmherzigkeit nicht nur eine liberale Richtung des Islams, sondern erinnert zugleich an zentrale Gestalten des Christentums. Mit ihm wird auf das Bild von Christus als gutem Hirten verwiesen; der lange Filzmantel, das asketische Leben und der Zeige-Gestus lassen auch an Johannes den Täufer denken.

Um die dörfliche Abwehr gegen Besniks Einstehen für religiöse Kommunikation begreiflich zu machen, entfacht der Film einen zweiten Konfliktherd. Durch Besniks Augen beobachtet der Film, ähnlich wie Lessings Ringparabel, präzise, aber auch ein wenig wehmütig das Zusammenleben der unterschiedlichen Religionen in seiner eigenen Familie, wo sich das öffentliche Geschehen im Privaten spiegelt und fortspinnt. Denn in Besniks Familie müssen verschiedene Weltansichten miteinander auskommen. Sein Vater ist überzeugter Kommunist, die verstorbene Mutter war Katholikin. Die Geschwister könnten unterschiedlicher nicht sein. Der Bruder wohnt mit seiner Familie in Griechenland, wo er den orthodoxen Glauben annahm, während die verschleierte Schwester mit ihrer Familie der konservativen Richtung des Islams folgt.

Sehnsucht nach Liebe

Beide Geschwister kehren nach Hause zurück, weil sie ein letztes Mal den todkranken Vater sehen, sich aber auch ihren Teil des Familienerbes sichern wollen. Im Streit darum setzt sich der sorgfältig komponierte Film damit auseinander, wie sich Begierde, Ungleichheit, Verteilungsgerechtigkeit und religiöse Abgrenzungsbestrebungen gegenseitig bedingen.

Allerdings wächst dort, wo Streit und Zwietracht wüten, auch die Sehnsucht nach Liebe. So entspinnt sich eine zarte Liebesgeschichte zwischen der Restauratorin Vilma und dem Ziegenhirten Besnik. Die Seelenverwandten kommen sich im Gespräch über ihr Leben und die Kunst näher. Denn Wahrheit, Schönheit und Barmherzigkeit sind Werte, die zwischen Menschen Verbindung stiften.

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