Gestorben wird Morgen

Dokumentarfilm | Deutschland 2019 | 73 Minuten

Regie: Susan Gluth

In der Kleinstadt Sun City im US-Bundesstaat Arizona gibt es weder Kindergärten noch Schulen, weil dort ausschließlich Rentner in schmucken Eigenheimen leben. Die Senioren haben sich die 1963 erbaute Retortenstadt als Alterssitz erkoren und führen dort ein den jeweiligen Umständen entsprechendes zufriedenes Leben. Zumindest berichten sie davon in offenen, teils intimen Gesprächen. Der Dokumentarfilm nähert sich dem skurrilen Ort unvoreingenommen und hinterfragt das Leben im Seniorenreservat nicht. Trotz gelegentlicher realsatirischer Anflüge gibt er es nie der Lächerlichkeit preis. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2019
Produktionsfirma
Gluthfilm/NDR
Regie
Susan Gluth
Buch
Susan Gluth
Kamera
Susan Gluth
Musik
Cico Beck · Florian Kreier
Schnitt
Andreas Zitzmann · Xavier Box · Susan Gluth
Länge
73 Minuten
Kinostart
28.03.2019
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Diskussion

Doku über die nur für Rentner entworfene Retortenstadt Sun City im US-Bundesstaat Arizona. Der Film hinterfragt das Leben im Seniorenreservat nicht, sondern porträtiert seine unternehmungslustigen Bewohner mit viel Sympathie.

Sun City heißt ein südafrikanisches Freizeitparadies, eine Mischung aus Disneyland und Las Vegas, das nicht zuletzt dadurch bekannt wurde, weil es während der Apartheid von internationalen Showstars boykottiert wurde. Es gibt aber auch eine Kleinstadt namens Sun City im US-amerikanischen Bundesstaat Arizona, die kein Vergnügungspark ist, wenngleich sie mit dem gleichnamigen Ort im Süden Afrikas einige Parallelen aufweist. Auch hier geht es viel um Freizeit, von der die Bewohner reichlich haben. Und obwohl es in Arizona keine Rassentrennung gibt, leben hier dennoch fast ausschließlich weiße US-Amerikaner.

Man könnte die im Jahr 1963 in die Wüste gesetzte Stadt als überdimensioniertes Seniorenzentrum unter freiem Himmel bezeichnen. Allerdings können die Bewohner der großzügig bemessenen Bungalows, von denen viele eine Doppelgarage besitzen, die Stadt jederzeit verlassen, ohne sich abzumelden. Da sich die Senioren hier aber im Paradies wähnen, möchte niemand wieder weg.

Mindestalter: 55 Jahre

Natürlich kann man ein Ghetto, in dem das Mindestalter für Neubürger bei 55 Jahren liegt, absurd finden. Und es wäre ein Leichtes, die betagten Bewohner, die mit ihren Harleys oder SUVs im Schritttempo auf den überdimensionierten Straßen umherzockeln, der Lächerlichkeit preiszugeben. Doch die Dokumentaristin Susan Gluth hat sich bei „Gestorben wird Morgen“ dafür entschieden, mit den Senioren zu sprechen. Und das bemerkenswert unvoreingenommen. So kommen Zeitgenossen zu Wort, denen die Ambivalenz ihre Entscheidung, nicht mehr mit Jüngeren oder gar Kindern leben zu wollen, durchaus bewusst ist.

Sie sprechen auch über die wachsenden Beschwerlichkeiten des Alterns und über körperliche Gebrechen, aber auch über ihren Vorsatz, sich die letzten Jahre so schön wie möglich zu machen. Selbst wenn es manche schmerzt, fernab von Kindern und Enkeln zu leben. Es zeugt vom großen Vertrauen der Protagonisten zur Filmemacherin, die über mehrere Jahre in Sun City gedreht hat, wenn einige auch über so intime Dinge wie Sex im Alter sprechen.

Neben den Gesprächen begleitet der Film die Senioren bei Arztbesuchen, auf den Golfplatz oder zu Theater-, Tanz- und Bingo-Abenden. Wer will, kann sich im Töpferkurs auch seine eigene Urne töpfern. „Wir wollen nicht alt werden“, sagt ein Mann auf seinem Motorrad, „aber es passiert nun mal.“

Nicht frei von Realsatire

Der Film ist nicht gänzlich frei von Realsatire, etwa wenn die Kamera die unzähligen Apotheken entlang der Straße abfährt oder eine Seniorin in Lederkluft mit einer Rockband einen Song namens „Menopause“ performt. Aber alte Menschen im Jugendwahn gibt es schließlich auch außerhalb von Sun City. Der Song bezeugt auch eine Selbstironie, die unter den Bewohnern erstaunlich ausgeprägt ist. Dass „Gestorben wird Morgen“ dieses Seniorenreservat nicht infrage stellt, wird manchen irritieren. Doch es spricht für den Film, dass er das Urteil über Sun City den Zuschauern überlässt.

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