Musikfilm über die Lehr- und Wanderjahre der Beatles in Hamburg, über ihre frühen Gastspiele auf der Reeperbahn 1960-62. Im Mittelpunkt stehen der Baßgitarrist Stuart Sutcliffe, der die Gruppe verließ, bevor sie zu Weltruhm kam, und die deutsche Fotografin Astrid Kirchherr, mit der Sutcliffe bis zu seinem Tod im April 1962 zusammenlebte. Eine Randnotiz aus der Frühgeschichte der Beatles, mit leichter Hand und stimmigem Zeitkolorit inszeniert; Momente, in denen über die Maßen dramatisiert und interpretiert wird, sind dem Unterhaltungswert kaum abträglich.
- Ab 16.
Backbeat
Biopic | Großbritannien 1993 | 100 Minuten
Regie: Iain Softley
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Filmdaten
- Originaltitel
- BACKBEAT
- Produktionsland
- Großbritannien
- Produktionsjahr
- 1993
- Produktionsfirma
- Polygram/Scala
- Regie
- Iain Softley
- Buch
- Iain Softley
- Kamera
- Ian Wilson
- Musik
- Don Was
- Schnitt
- Martin Walsh
- Darsteller
- Sheryl Lee (Astrid Kirchherr) · Stephen Dorff (Stuart Sutcliffe) · Ian Hart (John Lennon) · Gary Bakewell (Paul McCartney) · Chris O'Neill (George Harrison)
- Länge
- 100 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Biopic | Drama | Musikfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
Nachdem die Geschichte der "Fab Four" (der Beatles) inzwischen bis zum Überdruß heruntergeleiert worden ist, von zahllosen mehr oder minder devoten Biografien über die Heldendemontage (Goldmans Lennon-Buch) bis zur liebevollen Parodie ("The Rutles"), sollte man meinen, daß ein Film ausgerechnet über den Baßgitarristen, der nur in grauer Vorzeit - und selbst damals nicht so richtig - zur Gruppe gehörte, nicht unbedingt not tut. Tut er auch nicht. Andererseits ist "Backbeat" nicht der auf die schnelle Mark spekulierende Nachzügler, den man hätte befürchten können. Im Gegenteil, lain Softleys Film handelt diese rockhistorische Randnotiz weitgehend liebe- und stimmungsvoll ab.Stuart Sutcliffe hieß besagter fünfter Beatle. Kein Vollblutmusiker, keiner, der gierig auf den großen Ruhm wartete. Aber mit seinem besten Freund John Lennon und dessen Band für ein paar Monate nach Hamburg zu kommen, dem öden Alltag von Liverpool entfliehen zu können, das reizt den Kunststudenten schon. Also investiert er ein paar Pfund in einen E-Baß und geht mit auf die Fähre. Man schreibt August 1960. Noch ist das Musikgeschäft für die Beatles eine reine Ochsentour. Die Jungs vom Mersey sind in einem alten Kino untergebracht, die Bezahlung ist miserabel. die wenigen Leute, die sich im Kaiserkeller verlieren, zeigen kaum Interesse an dem lärmenden Rock'n'Roll auf der Bühne. Die Beatles beißen sich durch, sie schleifen an ihrem Sound. Nur Sutcliffe spielt nicht mit, besonders Paul McCartney ist er mit seinem lustlosen Auftreten ein Dorn im Auge. Lennon hält ihm die Stange - bis eines Tages Astrid Kirchherr unter den Zuschauem auftaucht. Eifersüchtig muß er mitansehen, wie die schöne Fotografin, die später einige der berühmtesten Beatles-Fotografien schießen und den frühen "Look" der Band mitprägen wird, dem Freund ganz offenkundig den Vorzug gibt. Sutcliffe taucht in die existentialistisch angehauchte Hamburger Kunstbohème ein, er fühlt sich bei der Deutschen und ihrem Freund Klaus Voormann wohler als bei seinen Kumpeln aus Liverpool, die ohne ihn ihre ersten Studioaufnahmen (als Begleitung für Tony Sheridan) absolvieren. Ärger mit den Behörden - George Harrison ist noch keine 19 - verfrachtet die Gruppe für ein paar Monate zurück nach Liverpool. Als sie 1961 zurückkehrt, wird die Beziehung zwischen Stuart und Astrid noch enger: der Engländer hängt die Gitarre endgültig an den Nagel, er widmet sich wieder der Malerei, man spricht von Heirat. Lennon versöhnt sich mit der Fotografin und seinem Freund, ehe es erneut zurück nach England geht. Es wird ein Abschied für immer - während die Beatles in ihrer Heimat den Grundstein zu ihrem Weltruhm legen, fällt Stuart Sutcliffe, der alle ärztlichen Warnungen in den Wind geschlagen hatte, im April 1962 einer Gehirnblutung zum Opfer."Backbeat" ist keine Beatles-Geschichte, zumindest nicht in erster Linie. Dazu bleiben George Harrison und Pete Best (der Vorgänger von Ringo Starr) zu blaß. Und auch Paul McCartney (von Gary Bakewell physiognomisch irritierend exakt verkörpert) existiert in erster Linie als Widersacher von Sutcliffe und Stichwortgeber für die bissigen Ausfälle des wortgewitzten Lennon. Es sind die Letztgenannten, die lain Softley primär interessieren, ihr enges Verhältnis zueinander - das Paradebeispiel einer Männerfreundschaft, die durch das Auftauchen einer Frau die Balance verliert. Lennon ist eifersüchtig, soviel ist klar, nur: auf wen? "Auf mich!", stellt Astrid Kirchherr einmal fest, und der Engländer hat Mühe mit der Antwort. Solche Spekulationen über verborgene homosexuelle Neigungen Lennons gehören zu den Momenten, in denen die leichte, unterhaltsame Note des Films verlorengeht, in denen er unnötig bedeutsam wird. Das wiederholt sich später, wenn Sutcliffes manisches Schaffen an der Leinwand in gesucht expressiven Kameraeinstellungen eingefangen wird, oder wenn Lennon am Fenster des Verstorbenen steht und Astrid für Augenblicke den Geliebten vor sich zu haben meint.Im übrigen verläßt sich "Backbeat" auf die Qualitäten, die der Stoff quasi mitliefert. Kleine Anekdoten, die, jede für sich, im Licht der späteren, allseits bekannten Geschichte ihre "Unschuld" verlieren, in einem anderen Blickwinkel erscheinen: der Mann, der auf Stuarts Matratze seinen Rausch ausschläft, entpuppt sich als Ringo Starr, damals noch bei "Rory Storm and the Hurricanes" an den Trommeln, die Frisur, die Astrid ihrem Freund aus einer Laune heraus verpaßt, wird zum Modell für die späteren "Pilzköpfe" und dergleichen mehr. Der zweite wesentliche Pluspunkt von "Backbeat" ist die atmosphärische Stimmigkeit: lain Softley sieht die frühen 60er vielleicht etwas zu sauber, aber ohne daß sich die Augen verklären - wobei die Kamera oft die gleiche Sorgfalt an den Tag legt, die auch in die kunstvollen arrangierten Fotos von Astrid Kirchherr einfloß. Ein Beleg für das "Authentische" mag im übrigen die Filmmusik sein, die eben jenen Rock'n'Roll nachspielt, den die Beatles damals nachspielten, mangels eigener Songs. Die Aufnahmen entstanden im Schnelldurchgang, und das, obwohl einige Musikerprominenz am Werk war (Dave Pirner von "Soul Asylum" und Mike Mills von "R.E.M.") und Produzent Don Was ansonsten als Studiotüftler verschrieen ist.
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