Wenn es ein vom christlichen Glauben inspirierter Song zum Bestseller auf dem Plattenmarkt schaffen kann, warum dann nicht auch ein auf dessen Hintergrundstory basierender Film im Kino? So oder ähnlich müssen die Produzenten von „I Can Only Imagine“ gedacht haben, als sie daran gingen, die Lebensgeschichte von Bart Millard zu verfilmen, dem Frontmann der Rockband MercyMe.
Millard ist auf dem Land aufgewachsen, zwischen Beef Jerky und American Football. Seine Kindheit bestand aus einem instabilen Zuhause, in dem der Vater brutal zuschlug und die Mutter es eines Tages nicht mehr aushielt. Das Einzige, was er von seinem Vater lernte, waren blinder Gehorsam und zerstörerische Selbstzweifel. Als er nach einem Unfall nicht mehr Football spielen durfte, schloss er sich einer der vielen jugendlichen Bands an, die in einem ramponierten Bus durchs Land ziehen und – meist vergeblich – auf den Tag warten, an dem sie berühmt werden. Erst als er in sein Heimatdorf zurückkehrt und den Vater als gewandelten, aber todkranken Menschen vorfindet, gelingt es ihm, Ärger und Hass zu überwinden und den Text zu jenem Song zu schreiben, der die christlichen Charts im Nu eroberte.
Zwischen Musik-Biografie und emotional aufgeladenem Bekehrungsdrama zieht „I Can Only Imagine“ alle Register, um die Anhänger der religiösen Erneuerungsbewegung, die Amerika seit ein paar Jahrzehnten überschwemmt, zu begeistern. Die Autoren haben sich etliche erzählerische Freiheiten gegenüber der tatsächlichen Lebensgeschichte von Bart Millard herausgenommen, die ihnen gestatten, die religiösen Motivationen so geschickt in die Handlung einzufädeln, dass nicht nur die Mitglieder der evangelikalen Mammutkirchen auf ihre Kosten kommen, sondern auch ein breites Publikum Zugang finden kann.
Obwohl vieles in der Charakterzeichnung, insbesondere des Vaters, allzu holzschnittartig geraten ist und die spirituelle Entwicklung der Hauptfiguren kaum Raum erhält, weckt die Geschichte Anteilnahme und sorgt für steigernde Spannung, je näher sie ihrem Kulminationspunkt, der Entstehung des gefeierten Songs, kommt. So naiv manches vor allem auf nichtgläubige Zuschauer wirken muss und so bescheiden die ganze Machart des Films anmutet, lässt sich kaum verkennen, dass „I Can Only Imagine“ eine Stufe höher einzuordnen ist als die meisten „christlichen Filme“ vom Schlage „Den Himmel gibt‘s echt“
(fd 42 694) oder „Gott ist nicht tot“ (2014). Inspiration und Vergebung stehen als motivierende Faktoren immerhin auch dann noch im Vordergrund, wenn die Gefühlsklaviatur über Gebühr bedient wird.
Die Rechnung der Produzenten ist jedenfalls aufgegangen und die Bereitschaft des Publikums, sich diesen Film anzusehen, dürfte dem ganzen Genre weiter Auftrieb geben. „I Can Only Imagine“ platzierte sich während seiner Premierenwoche in den USA gleich hinter „Black Panther“
(fd 45 266) und „Tomb Raider“
(fd 45 317) und spielte weltweit bislang 85 Mio. Dollar ein, das Zwölffache seiner Herstellungskosten.