Die elfjährige Blanka lebt allein auf den Straßen Manilas. Aus Pappkartons hat sie sich eine provisorische Unterkunft gebaut. Doch auch diese nimmt man ihr. Als sie anderen Straßenkindern, mit denen sie Touristen bestiehlt, um deren Anteil prellt, verwüsten die aus Rache ihren Schlafplatz. Damit steht das Mädchen wieder vor dem Nichts.
Als sie sich zum ersten Mal dem blinden Gitarristen Peter nähert, ist dies noch der Aussicht auf schnelles Geld geschuldet. Blanka spielt mit dem Gedanken, die Spendendose des Obdachlosen zu stehlen. Doch der Straßenmusiker bemerkt ihre Absicht. Weil er sie aber nicht verurteilt, sondern ihr im Gegenzug sogar etwas Geld anbietet, legt er den Grundstein für eine Freundschaft, die Blanka schließlich rettet.
„Blanka“ bietet genug Stoff für ein deprimierendes Sozialdrama. Kinderarmut, Kinderhandel, Obdachlosigkeit und Kriminalität, angesiedelt in der Halbwelt Manilas zwischen zwielichtigen Bars und dem Transvestiten-Strich. Doch der aus Japan stammende Regisseur Kohki Hasei wählt einen anderen Zugang. Er erzählt die Geschichte aus den Augen der jungen Protagonistin. Und da er ihre unbedingte Zuversicht, ihre Lebensfreude und Willenskraft in den Mittelpunkt stellt, wird daraus trotz der misslichen Lage der Titelheldin ein hoffnungsvoller Film, der am Ende mehr mit einem Sozialmärchen zu tun hat als mit einem realen Abbild des Lebens auf der Straße.
Aus einer bestechend ehrlichen Weltsicht eines Kindes und zugleich mit kritischem Unterton werden dabei die Machtverhältnisse zwischen Kindern und Erwachsenen auf den Kopf gestellt. Als Blanka im Fernsehen einen Bericht über eine reiche Schauspielerin sieht, die arme Kinder adoptiert, und Peter dies mit einem beiläufigen Satz über die Käuflichkeit von Menschen quittiert, fasst Blanka einen Plan. Überall in ihrem Viertel verteilt sie Zettel mit einem ungewöhnlichen Angebot: Wer ihre Mutter werden möchte, erhält 30.000 Pesos. Blanka will nicht länger diejenige sein, die auf eine Rettung durch Erwachsene hofft. Sie will ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und darüber bestimmen, wer ihre Familie sein soll. Während Blanka sich dem alten Mann anschließt und an dessen Seite als Sängerin auftritt, merkt sie nicht, wie nahe sie ihrem Traum von einer Familie schon gekommen ist. Rührend kümmert sich Peter um Blanka und bietet ihr, auch ohne festes Dach über dem Kopf, Geborgenheit und ein wenig Zuversicht. Zum ersten Mal erfährt das Mädchen, dass es nicht stehlen muss.
Ein wenig bittersüß fällt diese Freundschaftsgeschichte aus, die sich letztlich an bekannten dramaturgischen Stationen entlanghangelt, wenn sie über kurze Momente des Glücks, über Verrat, Misstrauen und eine späte Einsicht erzählt. Aber „Blanka“ besticht auch durch die Natürlichkeit der Darsteller und die humanistische Grundhaltung. Blanka ist nicht frei, solange sie aus Not um ihren Lebensunterhalt kämpfen muss. Frei ist sie erst dann, wenn sie sich wie andere Kinder in ihrem Alter verhalten darf, wenn sie mit einem anderen Straßenjungen herumalbert und schwimmen geht und sich für einen kurzen Moment keine Sorgen machen muss.