Drama | USA 2017 | 93 Minuten

Regie: David Lowery

Nach seinem Unfalltod kehrt ein junger Mann als Geist in sein Haus zurück, dem er sich auf seltsame Weise verbunden fühlt. Dort muss er nahezu tatenlos zusehen, wie sehr seine Frau unter seinem Verlust leidet und schließlich auszieht. Eine Notiz, die sie ihm hinterlässt, wird zur Obsession, die über seinen Seelenfrieden entscheidet. Das sperrige Drama nimmt die Perspektive der ungreifbaren Figur ein und befreit sich damit von konventionellen Raum- und Zeitbeschreibungen. Mit großer künstlerischer Freiheit führt der Film in die Vergangenheit wie in die Zukunft und handelt von der Geschichtlichkeit der Orte, aber auch von Verlust, Trauer und Erlösung. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
A GHOST STORY
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2017
Produktionsfirma
Sailor Bear/Ideaman Studios
Regie
David Lowery
Buch
David Lowery
Kamera
Andrew Droz Palermo
Musik
Daniel Hart
Schnitt
David Lowery
Darsteller
Casey Affleck (C) · Rooney Mara (M) · Will Oldham (Prognostiker) · Sonia Acevedo (Maria) · Liz Cardenas Franke (Linda)
Länge
93 Minuten
Kinostart
07.12.2017
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Drama | Fantasy | Geisterfilm | Liebesfilm
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Die Extras umfassen einen analytischen Audiokommentar von Regisseur David Lowery, Chef-Kameramann Andrew Droz Palermo, Production Designerin Jade Healy und Komponist Daniel Hart. Zudem gibt es noch das (gegenüber der USA-DVD gekürzte) Cast & Crew Gespräch „‘A Ghost Story‘ und das unvermeidliche Vergehen der Zeit“ (20 Min.), die Featurette „Die Geschichte eines Komponisten“ (5 Min.) über den Filmkomponisten, sowie ein Feature mit einer im Film nicht verwendeten Szene (6 Min.). Die BD-Edition ist mit dem Silberling 2018 ausgezeichnet.

Verleih DVD
Universal (FF, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Universal (FF, dts-HDMA engl., dts dt.)
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Außergewöhnliches Drama um einen ruhelosen Geist

Diskussion
Plötzlich war er tot. Gestorben bei einem Autounfall, unweit des kleinen Hauses, in dem er mit seiner Frau lebte. Erst vor kurzem hatte der bärtige junge Mann sich überreden lassen, aus dem alten Haus auszuziehen, mit dem er sich auf seltsame Weise verbunden fühlte. Jetzt bleibt seine Frau allein dort zurück. Zumindest augenscheinlich. Die jungen Leute, über die Regisseur David Lowery hier erzählt, haben keine Namen. Nur zwei Anfangsbuchstaben, M und C, so steht es ihm Abspann. Ansonsten bleiben sie in dieser Hinsicht so rätselhaft wie vieles andere in diesem Film. So unerwartet C ums Leben kam, so unerwartet steht er im Krankenhaus wieder auf, obwohl er gerade seinen Verletzungen erlegen ist. Ganz langsam und als Geist, der exakt so aussieht, wie man sich Geister oft vorstellt: nicht als Furcht einflößende Fratze, sondern als weiß umhüllte Gestalt. Aber ohne Kette. Die Liebe zu M führt ihn zurück in das Haus. Doch dort ist er gefangen und hat kaum eine Möglichkeit, in die Welt der Lebenden einzugreifen. Tatenlos muss er zusehen, wie M leidet und trauert, wie sie sich irgendwann mit einem anderen Mann trifft und schließlich auszieht. Nur C kann nicht aus seiner Haut beziehungsweise seinem Laken. Er scheint verdammt, auf ewig in dem Haus ausharren zu müssen. Lowery hat „A Ghost Story“ nach seinem ersten Hollywoodfilm „Elliot, der Drache“ (fd 44 094) gedreht, mit wenig Aufwand und ohne Rücksicht auf kommerzielle Aspekte. Das klobige 4:3-Format, das sich bei Arthouse-Regisseuren gerade wieder großer Beliebtheit erfreut, erzwingt einen anderen Blick. Und von dem Genrefilm, den der Titel zu versprechen scheint, ist „A Ghost Story“ meilenweit entfernt. Lowery spielt mit den Vorstellungen von Geistern und nimmt diese ganz ernst. Mehr noch: Er will nicht von den Opfern des Geistes erzählen oder jenen, die mit dem Geist konfrontiert werden, sondern von dem Geist selbst. „A Ghost Story“ ist die Geschichte eines Geistes, die sich radikal dessen Raum- und Zeitempfinden unterordnet, was der Inszenierung eine enorme künstlerische Freiheit eröffnet. Manche Szenen dehnt der Film unendlich lang. Stumm steht der Geist hinter der trauernden M, während die am Boden sitzt und ganz langsam, gefilmt in einer einzigen statischen Einstellung, nahezu einen ganzen Apfelkuchen isst. Der Geist scheint in diese Szenen zu schweben. Er taucht nicht magisch aus dem Nichts auf, sondern bewegt sich physisch ganz langsam in den Raum hinein. In einer späteren Szene verstreicht die Zeit um ihn herum in rasender Geschwindigkeit. Im Laufe einer einzigen Kamerabewegung können Minuten, Stunden oder Jahre vergehen. Menschen, die eben noch am Leben waren, sind im nächsten Augenblick Leichen und einen Schnitt später nur noch Skelette. Der Film reicht in die Zukunft hinaus – und in die Vergangenheit zurück. Als Gruselfilm funktioniert er deshalb überhaupt nicht, wohl aber als bisweilen sehr sperriges Drama über die Geschichtlichkeit von Orten, über Verlust und Trauer und die Ahnung, dass es mehr gibt im Leben als das, was man mit den Augen sehen kann. Eine Notiz, die M vor ihrem Auszug in einer Wandnische versteckt, wird für den Geist zur Obsession. Er will unbedingt wissen, was M darauf festgehalten hat, kann des Zettels aber nicht habhaft werden. Insofern geht es auch darum, das Loslassen zu lernen. Casey Affleck erweist sich als Geist als ganz und gar uneitel; er hat sich darauf eingelassen, in diesem Film weitgehend unsichtbar zu bleiben. Verborgen unter einem langen weißen Laken, das nicht einmal seine Augen erkennen lässt, bestreitet er nahezu den gesamten Film. Einen „Oscar“-Gewinner derart zu verstecken und zum Beobachter ohne große physische Ausdruckskraft zu verdammen, ist vielleicht die größte Dreistigkeit dieses Independent-Films. Hier vollzieht sich eine Auflösung aller Regeln und alles Oberflächlichen, um den Blick für etwas Neues zu öffnen.
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