Unsere Seelen bei Nacht

Drama | USA 2017 | 103 Minuten

Regie: Ritesh Batra

Eine über 70-jährige Witwe sucht einen gleichaltrigen, ebenfalls verwitweten Nachbarn auf und bittet ihn, ab und an mit ihr die Nacht zu verbringen, um gemeinsam ihre Einsamkeit zu überwinden. Aus den zunächst unbeholfenen Treffen entwickelt sich eine tiefere Verbindung, die allgemein akzeptiert wird. Erst als der Sohn der Frau Einwände erhebt, gerät das späte Glück in Gefahr. Bezwingende Altersromanze, die Jane Fonda und Robert Redford wunderbare Rollen beschert. Durch Blicke und Gesten erfüllen sie die unprätentiösen Dialoge mit Leben, während die Inszenierung traumhaft sicher auf dem Grat zwischen komödiantisch-romantischen und melancholischen Tönen balanciert. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
OUR SOULS AT NIGHT
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2017
Produktionsfirma
Netflix
Regie
Ritesh Batra
Buch
Scott Neustadter · Michael H. Weber
Kamera
Stephen Goldblatt
Musik
Elliot Goldenthal
Schnitt
John F. Lyons
Darsteller
Robert Redford (Louis Waters) · Jane Fonda (Addie Moore) · Matthias Schoenaerts (Gene Moore) · Judy Greer (Holly Waters) · Bruce Dern (Dorlan Becker)
Länge
103 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama | Liebesfilm | Literaturverfilmung
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

»Und dann kam der Tag, an dem Addie Moore bei Louis Waters klingelte. Es war an einem Abend im Mai, kurz bevor es endgültig dunkel wurde.« So beginnt der Roman »Unsere Seelen bei Nacht« des US-amerikanischen Autors Kent Haruf, und ähnlich umstandslos kommen auch die Figuren im Film zur Sache. Addie macht Louis einen Antrag. Ob er sich vorstellen könnte, hin und wieder zu ihr zu kommen und bei ihr zu schlafen, im wortwörtlichen Sinne das Bett zu teilen und miteinander zu reden.

Diskussion
»Und dann kam der Tag, an dem Addie Moore bei Louis Waters klingelte. Es war an einem Abend im Mai, kurz bevor es endgültig dunkel wurde.« So beginnt der Roman »Unsere Seelen bei Nacht« des US-amerikanischen Autors Kent Haruf, und ähnlich umstandslos kommen auch die Figuren im Film zur Sache. Addie macht Louis einen Antrag. Ob er sich vorstellen könnte, hin und wieder zu ihr zu kommen und bei ihr zu schlafen, im wortwörtlichen Sinne das Bett zu teilen und miteinander zu reden. Addie ist Witwe, und auch ihr Nachbar Louis hat schon vor geraumer Zeit seine Ehefrau verloren. Beide sind allein, und insbesondere Addie findet diese Einsamkeit nachts am schlimmsten. Louis geht es ähnlich. Also nimmt er nach nur kurzer Bedenkzeit Addies Angebot an. Und steht am Abend darauf mit Pyjama und Zahnbürste vor Addies Hintertür. Die vom indischen Regisseur Ritesh Batra inszenierte Romanverfilmung ist ein großartiges Vehikel für die beiden Altstars Jane Fonda und Robert Redford. Von der ersten Szene an tragen die beiden Darsteller, die schon in den 1960er- und 1970er-Jahren in Filmen wie »Ein Mann wird gejagt«, »Barfuß im Park« oder »Der elektrische Reiter« gemeinsam vor der Kamera standen, mühelos die bittersüße Romanze. Die unprätentiösen Dialoge der literarischen Vorlage erfüllen sie durch eine Choreografie der Blicke und Gesten mit Leben, haargenau austariert zwischen komödiantisch-romantischen und sanft melancholischen Tönen. Aus den zunächst noch etwas steifen nächtlichen Treffen erwächst schnell eine tiefere Verbindung. Beide haben als langjährige Nachbarn das Leben des jeweils anderen aus der Distanz mitverfolgt, was eine Basis dafür bietet, sich einander zu öffnen und über Fehler wie auch über Verwundungen zu sprechen. Bei ihrem Zusammensein geht es aber nicht so sehr um die Vergangenheit, sondern vor allem um die geteilte Gegenwart. Konsequenterweise bleibt ihr Kontakt bald nicht mehr nur auf die Nächte begrenzt, nachdem Louis seine Scheu überwunden hat, die Beziehung ans Licht der Kleinstadt kommen zu lassen. Die Mitbürger nehmen die ungewöhnliche Altersromanze neugierig und etwas spöttisch, aber nicht feindselig zur Kenntnis. Als Addies Sohn Gene (Matthias Schoenaerts), der von seiner Frau verlassen wurde, seine Mutter bittet, für eine Weile auf seinen Sprössling aufzupassen, wird die Zweisamkeit um den kleinen Jungen bereichert, der in der entspannten Gesellschaft der beiden Senioren aufblüht. Doch da Gene den neuen Partner an der Seite seiner Mutter nicht gutheißt, droht das späte Glück wieder zu zerbrechen. Das kleinstädtische Umfeld in Colorado, einem wie aus der Zeit gefallenen, von sozialen Verwerfungen weitgehend freien Idyll, bleibt bei all dem weitgehend im Hintergrund; die Inszenierung konzentriert sich ganz auf das gegenseitige Sich-Öffnen von Addie und Louis und legt dabei ähnliche Qualitäten an den Tag, wie sie Batra schon in dem thematisch verwandten Film »Lunchbox« (2013) demonstriert hat. Vor allem aber profitiert der Film von der Chemie der beiden Hauptdarsteller, die der Glamour einer langen Karriere umweht, die ihre Figuren aber auch mit einer Natürlichkeit und Verletzlichkeit ausstatten, die von Anfang an für sie einnimmt.
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