„Kann ein Mensch auch ein Frosch sein?“, fragt die neunjährige Sita ihre Mutter. „Im Märchen schon“, antwortet die etwas ironisch-abweisend und lässt das Thema gleich wieder fallen. Denn die alleinerziehende Tierärztin ist auf dem Sprung zur Arbeit, für die ihr Sita gerade ein „Pausenbrot“ schmiert. In diesem kurzen Dialog klingen bereits die beiden Ebenen des gelungenen Familienfilms von Anna van der Heide an: eine fantastische und eine realistische.
Sita, die ihre Freizeit gerne in der Natur verbringt und die Tierwelt am nahegelegenen Teich beobachtet, hat sich kurzfristig entschieden, ihr Schulreferat statt über Katzen nun über Frösche zu halten, da sie die viel lustiger findet. Damit aber tritt sie eine Lawine los. Denn ihr Lehrer Franz reagiert auf das Wort „Frosch“ ganz merkwürdig. Er läuft grün an, zwischen seinen Fingern bilden sich Schwimmhäute, und er hüpft, sehr zur Gaudi der Schüler, mit Riesensätzen durchs Klassenzimmer, bis er sich tatsächlich in einen leibhaftigen Frosch verwandelt. Dumm nur, dass der neue, ebenso strenge wie ungeliebte Direktor ausgerechnet Storch heißt und ein besonders kritisches Auge auf Franz geworfen hat. Als der Direktor dann auch noch seine Seelenverwandtschaft zu seinem Namensgeber entdeckt und sich selbst in einen Storch verwandelt, ist das Leben von Franz in Gefahr. Doch die Klasse hält zusammen und beschützt ihn nach anfänglichen Zwistigkeiten vor allen Gefahren; die Schüler machen sich sogar auf die Jagd nach fetten Fliegen, deren Verzehr es Franz gestattet, sich wieder in einen Menschen zurück zu verwandeln.
In diese märchenhafte Geschichte des in den Niederlanden überaus erfolgreichen Kinderbuches „Das Geheimnis von Meister Frosch“ (2001) hat der für Gruselgeschichten bekannte Autor Paul van Loon auch einen Schuss Realität eingearbeitet, der die Identifikation mit den Figuren erleichtert. Sitas Mutter wird von ihrem Berufsalltag so in Beschlag genommen, dass sie die Bedürfnisse der Tochter oft übersieht. Erst in der gemeinsamen Rettungsaktion erkennt sie, wie wichtig es ist, füreinander Zeit zu haben. Außerdem gibt es noch die zarten, bei Bedarf aber auch sehr handfesten Freundschaftsbande zwischen Sita und ihrem Klassenkameraden Wouter, die Yenthe Bos und Bobby van Vleuten authentisch-sympathisch verkörpern. Genauso unaufdringlich und kindgerecht wird die sich anbahnende Liebe zwischen Franz und einer Lehrerkollegin geschildert. Selbst für den fiesen Direktor Storch findet sich eine zutiefst menschlich-tierische Lösung.
Das alles hat Anna van der Heide, unterstützt von einem beschwingt-fröhlichen Soundtrack, klaren Bildern und einem spielfreudigen (Kinder-)Ensemble liebevoll und ohne pädagogischen Zeigefinger in Szene gesetzt. Insbesondere gilt das für den unbeschwerten Umgang mit der Natur, der Kinder zum Spielen im Freien motiviert. Ähnlich unverkrampft bricht der Film auch eine Lanze für den Umgang mit Menschen, die anders sind als man selbst. Selbst die Tricktechnik verlässt sich eher auf die Fantasie der jungen Zuschauer, als dass die Mutation zum Frosch bildlich allzu lange oder eklig ausgekostet würde. Die Inszenierung hält damit auf wunderbare Weise die Balance zwischen Humor, realistischen Alltagsszenen und aufregenden Momenten, die auch kleinste Kinogänger nicht überfordern. Ein rundherum gelungener Familienfilm aus der innovativen BosBros-Kinderfilmschmiede.