In eindrücklichen Bildern und weit entfernt vom spekulativen Aufbauschen einer vorurteilsbehafteten Sportart, verfolgt der Dokumentarfilm die Kampfvorbereitungen dreier Mixed-Martial-Arts-Kämpfer. Der eine ist ein 34-jährige Akademiker und Familienvater auf dem Höhepunkt seiner Karriere, die beiden anderen sind zwei zehn Jahre jüngere Freunde, die sich zwischen strenger Diät, sportlicher Selbstaufgabe und dem Hochgefühl des Erfolgs gegenseitig unterstützen. Unaufgeregt gelingt dem Film ein erhellendes Bild über die Menschen hinter dem Klischee einer "Kampfmaschine".
- Ab 16.
Fighter (2016)
Dokumentarfilm | Deutschland 2016 | 107 Minuten
Regie: Susanne Binninger
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2016
- Produktionsfirma
- Corso Film/ZDF/3sat
- Regie
- Susanne Binninger
- Buch
- Susanne Binninger
- Kamera
- Marcus Lenz
- Musik
- Jörg Follert
- Schnitt
- Chris Wright
- Länge
- 107 Minuten
- Kinostart
- 04.05.2017
- Fsk
- ab 16; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Dokumentarfilm | Sportfilm
Heimkino
Beeindruckender Dokumentarfilm über drei reflektierte Kampfsportler.
Diskussion
Sport ist viel mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung. Manchmal dient er nicht nur dem Lebensunterhalt, sondern auch als Lebenserhalt.
Wenn passionierte Sportler über den Sinn ihres Tuns philosophieren, wird es mitunter pathetisch. Die Gedanken, die der Mixed-Martial-Arts-Profi Andreas Kraniotakes eingangs über sich und seine Leidenschaft äußert, besitzen einen solchen fast schon existenziellen Anklang. Während man den bulligen Athleten in einer pittoresken Szenerie durch den Frühnebel joggen sieht, hört man bereits ein erstes Fazit über seine Beziehung zum Kampf (im Ring), die gleichberechtigt neben der zu seiner Familie stehe.
Kraniotakes schlägt sich gut, soweit man sich unter den schwierigen Bedingungen seines Sports in Deutschland eben schlagen kann. Im Gegensatz zum kanonisierten und ungleich besser bezahlten Boxen hat die artverwandte Disziplin mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Etwa dem Klischee, ein „Blutsport“ am Rande der Illegalität zu sein, wie er in Actionfilmen aller Art gerne zelebriert wird. Der Dokumentarfilm von Susanne Binninger lässt sich auf solche reißerischen Urteile erst gar nicht ein. Ihr Film handelt nicht von dunklen Randgebieten, wie es sie in jedem Sport gibt. Auch nicht von den emotionalisierenden Kontroversen, mit denen selbst in öffentlich-rechtlichen Medien Extremsportarten eher als Teil eines Zirkus, als Melange aus Dopingsumpf, Wettmafia und Gangstermilieu, dargestellt werden. Bodybuilder, Wrestler und auch die Mixed-Martial-Arts-Kämpfer können ein Lied davon singen.
Binninger wischt das alles ganz beiläufig beiseite. Hier werden keine Extrembeispiele thematisiert. Ihr Film schlägt vielmehr eine andere Richtung ein und erzählt von einer verschworenen Gemeinschaft ganz normaler Menschen. Etwa von Kraniotakes, der Erziehungswissenschaften studiert und ein Kinderbuch geschrieben hat, verheiratet ist und dennoch seine Kampfleidenschaft zur Haupteinnahmequelle machen will. Der 34-Jährige ist der reflektierteste, nachdenklichste unter den drei porträtierten Sportlern, aber auch der Geschäftsmann und Poser, der weiß, dass man sich vermarkten muss – im Internet und auf Hochglanzfotos.
Die beiden anderen sind die Freunde Lom-Ali Eskijew und Khalid Taha. Zehn Jahr jünger als Kraniotakes, ungestümer, emotionaler und dennoch weit entfernt vom Image einer Kampfmaschine. Der Film begleitet sie bei den Vorbereitungen zu einem Fight. Eskijew muss binnen weniger Wochen zehn Kilo „abschwitzen“, um in seine Federgewichtsklasse zu passen. Taha hingegen muss die Nerven behalten, selbst wenn bei seiner sich schon Jahre hinziehenden Einbürgerung in Deutschland schlechte Nachrichten drohen. Eskijew kämpft mit Heißhunger auf Nutella, Taha mit seiner Siegesgewissheit, die gleichwohl auch seinen Freund mitreißt. Die Kamera hält auch Eskijews Mischung aus Aufgeregtheit, Angst und Selbstbewusstsein fest, in seinen Blicken kurz vor und während des Kampfes, und Tahas Fürsorglichkeit, in allem.
Die Regisseurin ist nicht auf Show aus. Der Filmkomponist Jörg Follert hat dazu kontemplative Töne für Klangschalen entworfen. „Fighter“ überrascht durch seine Form, durch seine Unaufgeregtheit und die Nähe zu den Protagonisten. Er zeigt Menschen, die sich schlagen und wissen, wann sie aufhören müssen. Eine rare menschliche Qualität.
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