Frieden! Wenn jemand wie General Krennic - ein machtverliebter, skrupelloser Scherge des Imperiums - ein solches Wort im Mund führt, ist Vorsicht geboten. Entsprechend hält ihm Galen Erso entgegen, dass er wohl „Frieden“ mit „Terror“ verwechsle. Erso ist ein genialer Ingenieur, und Krennic will ihn nötigen, das Instrument fertigzustellen, mit dem Krennic im Dienste des Imperiums den vollmundig verheißenen Frieden herstellen will: den Todesstern, jene Waffe, die ganze Planeten vernichten kann, und mit der Unruhestifter, die sich der Herrschaft des Imperiums nicht fügen wollen, zur Unterwerfung genötigt werden sollen. Erso hat sich von diesem Werk losgesagt, doch er kann nicht verhindern, dass sich das Imperium seiner wieder bemächtigt. Seine Frau wird erschossen, er selbst verschleppt, die kleine Tochter bleibt alleine zurück. Der Todesstern wird gebaut werden.
Dass Galen Erso nicht der einzige ist, der sich dem Friedhofsfrieden des Imperiums nicht kampflos überlassen will, ist längst popkulturelles Allgemeinwissen: Der Todesstern wird wieder zerstört werden, Han Solo und Luke Skywalker sei Dank. Wie die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, wie Prinzessin Leia an jene entscheidenden Informationen kommt, die sie zu Beginn von „Krieg der Sterne“ (fd 20 658) im Speichersystem ihrer R2-Einheit versteckt, davon handelt „Rogue One“ als unmittelbares Prequel zu der Original-Trilogie, die George Lucas 1977 startete.
Natürlich spielt auch diese „Star Wars Story“ wieder „vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis“; wie giftig sie mit autoritären Männern ins Gericht geht, die Ordnung und Sicherheit versprechen, wirkt aber durchaus aktuell. Mit der metaphysischen „Macht“ wird hier nur sehr sparsam gearbeitet; statt fürs Mythisch-Religiöse interessieren sich Buch und Regie eher fürs handfest Politische und stellen dem Imperium mit seiner gestrengen Hackordnung männlicher Führungsfiguren (Imperator, Darth Vader, General Tarkin, Krennic) und dem gleichgeschalteten Heer der Sturmtruppen eine Rebellion entgegen, die für das steht, was von Populisten gerne als unübersichtliches „Chaos“ der Pluralität verunglimpft wird. Wie schon „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ (2015; (fd 43 580)) wirft sich auch „Rogue One“ von Regisseur Gareth Edwards mit der Zusammensetzung der guten Seite für die vielbeschworene „diversity“ in die Bresche: Der wilde Haufen, der sich zur „Rogue One“-Truppe zusammenrauft und schließlich daran geht, dem Imperium die Baupläne für den Todesstern zu entwenden, um eine Schwachstelle in dem tödlichen Unterdrückungsinstrument zu finden, besteht aus einer Frau und einem Männerensemble, das demonstrativ auf ethnische Vielfalt setzt.
Wenn die Rebellen-Allianz an internen Querelen mit einer Splittergruppe herumlaboriert oder sich in ihrem Hauptquartier Männer und Frauen aller möglicher Ethnien und Spezies ins Wort fallen und um einen demokratischen Entscheidungsprozess ringen, dann ist das ohne Zweifel weniger effektiv und weniger charismatisch als der Auftritt Darth Vaders, der als überlebensgroße Figur im Gegenlicht sagt, wo es langgeht. Aber Freiheit ist eben nicht unbedingt effektiv und charismatisch. Sie ist vor allem anstrengend. Weswegen sich die jugendliche Heldin, Galens Tochter Jyn Erso, zunächst auch nicht darum reißt, den Heldenjob zu übernehmen, dann aber doch in die Rolle einer Jeanne d’Arc der Rebellion hinein wächst.
Eine große Stärke des Films ist das „World Building“: Gareth Edwards und seine Mitarbeiter erschaffen diverse fremde Planeten, Raumschiffe, Kulturen und Kreaturen mit einer solchen Detailliebe und Sinnlichkeit, dass sie mitunter fast von der Handlung ablenken. Der Film besitzt einen wunderschönen Retro-Science-Fiction-Look, der Bekanntes und Neues kongenial mischt und 3D im besten Sinne für eine raumgreifende Kino-Erfahrung nutzt. Erzählerisch fällt „Rogue One“ dagegen relativ schlicht aus. Einmal mehr wird das bewährte „Heldenreise“-Schema variiert, das George Lucas seinem ersten „Star Wars“-Film zugrunde legte; einmal mehr spielt eine Vater-Kind-Beziehung (die zwischen Galen und Jyn) eine Schlüsselrolle. Und natürlich mündet alles in eine große finale Schlacht, bei der Imperium und Rebellion sich zu Land und im Weltraum spektakulär die Hölle heiß machen. Wie das Ganze ausgehen wird, steht ja von vornherein fest. Im Vergleich zu J.J. Abrams’ „Das Erwachen der Macht“ wird mit etwas weniger Humor operiert, dafür aber Märtyrer-Pathos umso dicker, bisweilen zu dick, aufgetragen. Nichtsdestotrotz liefert der Film eine höchst unterhaltsame „Arbeit am Mythos“, die die Vitalität der „Star Wars“-Welt bekräftigt – und nicht nur, weil sie zur Not einfach per CGI reanimiert werden kann, wie es z.B. bei Peter Cushings Tarkin der Fall ist; sondern weil sich die Konflikte des Sternenkrieges immer wieder in neuen Bezügen sehen lassen.