Dschungel-Sound. Verkleidete Menschen in Tierkostümen. Hereinspaziert! „It will be a killa, and a chilla, and a thrilla, when I get the gorilla in Manila“, steht an einer Mauer geschrieben. Der Gorilla gleich daneben.
Mondomanila, in einer nicht allzu fernen Zukunft. In den Slums und auf den Müllbergen der Megacity Manila schlägt sich eine kunterbunte Kinderbande voller Freaks mit sprechenden Namen wie Bulldog, Joker, El Maskerado, Kotelett, Afro oder Milchgesicht und entsprechenden Vorlieben von Blut über Hundeeintopf bis zu Popel durch. Die Gang heißt Kostka-Bande und ihr Boss praktischerweise Boss. Die Kostka-Bande zieht marodierend durch die Gegend, überfällt Passagiere in der U-Bahn oder plündert einen Supermarkt, immer verfolgt von einer äußerst mobilen Kamera, die auch ihre rätselhaften Rituale und Beschwörungen der Unbesiegbarkeit dokumentiert.
Weil Manila der Weltmarktführer für handgemachte Kohle ist, durchzieht der Qualm unzähliger Kokereien den Film und lässt immer wieder interessante Farbeffekte entstehen, die bestens zu Szenen mit Figuren passen, die geradewegs einem Videoclip von George Clinton entsprungen sein könnten.
Es gibt also reichlich zu sehen in „Alipato“, aber nicht so viel zu erzählen. Ein Scharmützel der Bande mit der Polizei wird so stilisiert, dass sich die Szene zum Tableau wandelt und die Figuren das blutige Geschehen in Superzeitlupe spielen. Anschließend wird der Opfer der Schießerei mit kleinen, bunten Namensplaketten und einem kurzen Glockenschlag gedacht.
Irgendwann beschließt die Bande, wie Boss es formuliert, ihr Leben zu ändern. Statt Kleinkriminalität sollen jetzt nur noch große Dinger gedreht werden. Niemand werde eine Kinderbande verdächtigen, die Zentralbank auszurauben.
Wie in einer Dokumentation über eine Dschungel-Guerilla flaniert die Kostka-Bande noch einmal durch einige Gassen an der Kamera vorbei, unterlegt mit Surf-Punk-Klängen, immer wieder unterbrochen von Totenglocken. Lakonisch informiert eine Insert-Tafel, dass der Überfall auf die Zentralbank schiefging und Boss zu 28 Jahren Gefängnis verurteilt wurde.
Was er im Gefängnis erlebte, erzählt der Film durch einen Animationsfilm-im-Film: Gewalt, Vergewaltigung, Drogen, Gewalt, Einzelhaft.
Die Überschrift des finalen dritten Teils trägt den Titel: „Der Boss kehrt zurück“. Wie er sind auch die anderen Überlebenden der Bande gealtert. Jetzt geht es vergleichsweise konventionell um den Verbleib der Beute und den Blutzoll, den die Frage nach deren Verbleib fordert. Aber auch jetzt schert sich der Film wenig um Action, sondern nimmt sich während eines Shoot-outs die Zeit, um das Bordell, in dem geschossen wird, als Ort inmitten einer großen Schweinemast-Anlage zu zeigen.
Die Entscheidung, ob diese krude Erkundungsfahrt moralisch oder humorvoll zu werten ist, bleibt wie so vieles in diesem Film, der das Erzählen ungleich wichtiger nimmt als die Erzählung, in der Schwebe und somit dem Zuschauer überlassen. Durch die Vielzahl der fantasievoll eingesetzten und nicht immer dem guten Geschmack zuarbeitenden Mittel präsentiert sich der unerhört produktive und international bestens vernetzte Khavn De La Cruz als dritte Kraft des philippinischen Kino. Bunter, wilder und anarchischer als Brillante Mendoza und flotter, improvisatorischer und poppiger als Lav Diaz, macht „Alipato“ neugierig auf mehr von Khavn.