Drama | Deutschland/Österreich 2016 | 94 Minuten

Regie: David Clay Diaz

Düstere Doppelmilieustudie über zwei junge Männer in Wien, die mit ihren Gefühlen nicht klar kommen. Der eine, gerade aus dem Bundesheer entlassen, flüchtet in Kampfsport und zornige Rap-Gesänge, der andere, ein Jura-Student, geht planvoller, aber auch gefühlskälter vor. Der rigorose, streng formalisierte und hoch ambitionierte Film verharrt im Modus der Beobachtung und lässt kaum Nähe zu den Personen zu. Als verstörendes Erzählexperiment besticht er vor allem durch den effektiven Kontrast zweier getrennter Lebens- und Erfahrungswelten. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
AGONIE
Produktionsland
Deutschland/Österreich
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
HFF München/BR
Regie
David Clay Diaz
Buch
David Clay Diaz
Kamera
Julian Krubasik
Musik
David Reichelt
Schnitt
Lisa Geretschläger
Darsteller
Samuel Schneider (Christian) · Alexander Srtschin (Alex) · Alexandra Schmidt (Sandra) · Simon Hatzl (Alex' Vater) · Laurenz Fleissner (Alex' neuer Freund)
Länge
94 Minuten
Kinostart
15.12.2016
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
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Bedrängende Milieu-Studien über zwei Jugendliche aus Wien

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Über den Figuren liegt eine Stasis, erstickend wie Blei. Der eine der jungen Männer, Alex, ist zwar dauernd unterwegs, vom Boxclub in den Nachtclub und zurück. Er lässt die Fäuste fliegen und hämmert als Hobby-Rapper die Reime ineinander. Doch wohin all das führt, weiß er selbst am wenigsten. Der andere, Christian, hat angeblich ein klares Ziel: Er will Richter werden, doch dafür muss er zunächst eine gefürchtete Prüfung ablegen. Der eine ackert körperlich, der andere geistig. Der eine hasst, schwitzt, leidet, der andere scheint ständig abwesend. Ihre Wege kreuzen sich nie; eine solche Verschlingung hätte er konstruiert gefunden, sagt David Clay Diaz, der „Agonie“ noch während seines Regiestudiums als Autor, Regisseur und Produzent in Personalunion realisierte. Die Klimaxe der beiden Erzählstränge basieren auf wahren Fällen, die sich in Diaz’ erweitertem Bekanntenkreis ereignet haben. Gleichzeitig erscheint der Film aber durch und durch konstruiert: in der exemplarischen Gegenüberstellung zweier Wiener Heranwachsendenmilieus etwa, dem des gerade aus dem Bundesheer entlassenen Alex, der seiner Ex-Freundin auf aggressive Weise nachtrauert, und dem des ehrgeizigen, aber leistungsschwachen Paragraphenbüfflers Christian, der mit einer Kommilitonin aus gutem Juristenhause ins Bett geht. Die Konstruiertheit liegt auch in der Strenge der Inszenierung, in den langen Einstellungen, im manchmal bis ins Unnatürliche gedehnten Schweigen, in der perspektivischen Distanz zu den Figuren. Das dramaturgische Prinzip von „Agonie“ will Identifikation nicht verschenken und die Bindung an Alex und Christian nicht erzwingen. Alex macht die Anteilnahme schwer, mit seinem Zorn und seiner Unberechenbarkeit und auch damit, dass aus ihm gar nicht hervorgeht, wobei man ihn unterstützen, wofür man mit ihm fiebern soll: Mit Erklärungen und Expositionen hält sich der Film ohnehin auffällig zurück. Christian allerdings macht es einem noch schwerer. Wo Alexander Srtschin es hinter der verkrampft-genervten Jungmännerfassade von Alex brodeln, wüten, weinen und all das auch einmal hervorbrechen lässt, bleibt Samuel Schneider als Jurist glatt. Undurchdringlich. Unnahbar. Und er wird die Ahnung bestätigen, dass ein Kaltmensch zu weitaus Furchtbarerem fähig ist als sein proletarisches Gegenüber. Diese Konstellation mündet in ein seltsames Paradoxon: Denn natürlich ist diese noch viel konstruiertere, geradezu abstrakte Figur in ihrer Rätselhaftigkeit die weitaus faszinierendere, die sich aber gleichwohl auch nur mit abstraktem Interesse beobachten lässt. Wenn man nach einer Weile im Leben von Alex angekommen ist, vermag er durchaus Mitleid zu erregen. Christian hingegen reizt eher zur ambivalenten, spekulativen Frage, wie viel Leid er wohl verursachen kann – jedenfalls, wenn die eindeutig gestreuten Hinweise verstanden werden: Beim ersten Sex mit Sandra gibt es Ohrfeigen. Später, als Christian stur einen Tennisball an die Wand drischt, fragt seine Mutter, was denn nicht mit ihm stimme, während aus dem Off eine Fernsehkakophonie schriller Frauenschreie ins Zimmer dringt. Ohnehin entsteht der Raum um Alex und Christian in metaphorischer Dichte durch Menschen und Dinge, die nur zu hören, aber nicht zu sehen sind: durch den Professor etwa, der ankündigt, dass sich bei der nächsten Prüfung die Spreu vom Weizen trennen werde. Oder ein weinendes Baby, Alex’ jüngstes Geschwisterchen. Es sind Räume voller Anspannungen und Konflikte, die sich auf beispielhaft unterschiedliche Weise entfalten. Dass sie sich irgendwann entladen, ist in diesem Film eine geradezu mathematisch sichere Folge. Die Inszenierung ist klug genug, nicht nur das Wie und Wann, sondern auch das Warum im Ungefähren zu halten.
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