Der Begriff des Mash-ups verspricht eine Vermengung, ein neues Gemisch aus mehreren Zutaten, wobei dies nur das Ende eines langwierigen Prozesses darstellt. Im digitalen Zeitalter mit seinen Möglichkeiten der Umformung und Überformung kultureller Inhalte steht die durchaus narzisstische Freude über die omnipotente Machbarkeit erst am Anfang. Die einen lassen Ideen, Figuren und Settings in der Fan-Fiction lustvoll kollidieren, und bisweilen hören die anderen in der nicht zuletzt urheberrechtlich weit entfernten Welt der Papierverlage sogar von diesen produktiven Kollisionen. „Stolz und Vorurteil & Zombies“ klang für einen Redakteur beim Verlag Quirk Books irgendwie spannend, weshalb er den Titel an den Autor Seth Grahame-Smith weitergab.
Man muss ja zugeben, dass das knallt: die steifen Gentlemen aus der Zeit der englische Regency-Ära, in der Jane Austen ihren Roman verfasste, und die maximal enthemmten Zombies. Die Etikette und der Trieb. Töchter auf der Suche nach standesgemäßen, mindestens aber ausreichend wohlhabenden Ehemännern und faulende Leichen auf der Suche nach frischem Fleisch. Blutstropfen, Enthauptungen gar auf den Salonteppichen der feinen Gesellschaft.
Zu diesem Mittel greift Colonel Darcy auf dem Landsitz einer edlen Familie, die sich wie viele andere Anfang des 19. Jahrhunderts vor der nur scheinbar eingehegten Zombieplage in ihre kleine „gated community“ zurückgezogen hat – nicht ahnend, dass einer der ihren längst infiziert ist. Um der ständigen Bedrohung zu begegnen, senden die englischen Väter ihre Töchter nach Fernost, um dort die Kampfkünste zu erlernen. Und nicht zuletzt an diesem Detail zeigt sich, dass der Stoff weniger eine Aneignung des Austen-Romans durch und in die Denkhorizonte der gegenwärtigen globalisierten Popkultur ist, sondern vielmehr von der gegenseitigen Durchdringung literarischer und filmischer Genres erzählt. Schöne Frauen in historischen Kostümen bei Martial-Arts-Verrenkungen: Das gehört zurück ins Kino, es verspricht Ironie und Faszination der kinetischen Aktion zugleich.
Fliegende Arme und Beine, ob Körper trennend oder vom Körper getrennt, haben allerdings Seltenheitswert in den Bildern des Regisseur Burr Steers, der erst an Bord kam, nachdem zahlreiche andere Regisseure, darunter auch David O. Russell, das Projekt wieder verlassen hatten. Der Wunsch, mit dem jugendfreundlichen Rating PG-13 inszenatorisch wenigstens auf Nummer sicher zu gehen, dürfte dabei eine erhebliche Rolle gespielt haben. Gleichzeitig fließen all die auf Konfrontation angelegten erzählerischen Elemente dennoch erstaunlich harmonisch ineinander: die seltsame Abstoßung und Anziehung von Darcy und Elizabeth Bennet, die wie ihre vier Schwestern endlich unter die Haube soll. Das Reisen in ständiger Todesangst. Der geheimnisvolle Wickham, der einen ganz eigenen, unkonventionellen Umgang mit den Untoten vorschlägt und gleichzeitig eine innige Feindschaft mit Darcy pflegt. Die ständige Präsenz von Militär und von mal romantischen, mal niederträchtigen Intrigen zugleich. Humor und Historie, Verschwörung und Verwesung – der glaubhafte, nachfühlbare Herzschmerz kommt dabei allerdings ein wenig zu kurz.
Der Grund liegt womöglich darin, weil Steers, der auch das Drehbuch verfasst hat, das Geschehen zum Ende hin mit leinwandgerechtem Spektakel wieder beschleunigt und sich so weiter von der ursprünglichen Struktur des Austen-Romans entfernt als es Grahame-Smith mit seiner unmittelbaren Buchvorlage tat. Schlachten und Kanonendonner künden bei Steers vom diesmal womöglich endgültigen Untergang einer Ära. Sicherlich hat schon der Stil von Jane Austen, die alles andere als brav oder affirmativ mit der darin beschriebenen Gesellschaft umging, die Grundlage gelegt, auf der weitere erfrischende Respektlosigkeiten und erzählerische Übertreibungen gedeihen konnten. Gleichzeitig verblüfft die Souveränität, mit der Steers den erwünschten Zusammenprall zweier Fiktionswelten in seine erstaunlich geschlossene eigene Sphäre überführt.