Haben wir es doch schon immer gewusst: An den Schaltern der Behörden sitzen Faultiere, die so langsam arbeiten, dass es Stunden dauern kann, bis ein Anliegen bearbeitet ist. Im Polizeidienst finden sich nur starke Typen wie Nashorn, Löwe oder Hirsch, die sich cool und unerschrocken den Widrigkeiten des Lebens stellen. Und aus den Stretchlimousinen steigen die ganz großen Tiere aus: befrackte Eisbären. Auf wundervolle Weise spielt der Film aus den Walt Disney Animation Studios mit diesen Stereotypen, nur um sie immer wieder zu durchbrechen. Denn die Eisbären dienen dem Mafiaboss Mr. Big, einem Maulwurf.
Im „Zoomania“-Universum sind die Tiere den Menschen nachempfunden, sie gehen einer geregelten Arbeit nach, leben in Häusern, die ganz ihren natürlichen Tierbauten ähneln und eine friedliche Koexistenz garantieren. Die animalischen Urinstinkte sind gezähmt, kein Raubtier greift mehr einen Pflanzenfresser an. Sehr rücksichtsvoll gibt es in der Stadt für alle Arten eine eigene Infrastruktur, das Stadtviertel Tundratown ist schön gekühlt für die Eisbären, das Amazonas-Viertel wurde extra für die Dschungelbewohner konstruiert, wobei die Quartiere filmästhetisch in unterschiedlicher Farbgebung differenziert werden. Auch die U-Bahn ist für jedes Bedürfnis zugeschnitten und hat drei Türgrößen für Giraffe, Hund und Maus.
Eine auf Solidarität und Gleichberechtigung angelegte Demokratie. Das zumindest glaubt Häsin Judy Hopps, als sie sich für den Polizeidienst ausbilden lässt. Normalerweise leben die Hasen weit außerhalb der Stadt, weil sie viel Platz für ihren Karottenanbau benötigen. Aber die junge Judy will der Langeweile entfliehen und trifft voller Elan im härtesten Polizeirevier der Stadt ein, wo sie auf große Herausforderungen hofft. Die starken Tiere, die dort den Ton angeben, belächeln sie allerdings nur von oben herab und nehmen sie nicht für voll.
Kommt uns das nicht allzu bekannt vor? Judy wird in ein kleines Auto gesetzt und darf Strafzettel verteilen. So schnell lässt sich jedoch eine hoch motivierte Hasenfrau nicht ins Bockshorn jagen. Sie ist eifrig bei der Sache und überschreitet dank ihres guten Gehörs die Norm der zu verteilenden Knöllchen bei weitem.
In der Exposition des Films wird man ins ganz normale „menschliche“ Leben der Tiere eingeführt, in dem Glück und Leid, Hoffnung und Enttäuschung, Mut und Angst nah beieinander liegen. Die Regisseure Byron Howard, Rich Moore und Jared Bush haben ein sehr kluges Szenario entworfen, in dem man sich mit allen Vorurteilen dergestalt wiedererkennt, als blicke man in einen großen Spiegel. Die Tiere stehen für die unterschiedlichen menschlichen Charaktereigenschaften, und wenn der Fuchs Nick Wild in die Story eingeführt wird, ist der zunächst einmal listig und verschlagen – der klassische Antipode zum Hasen. Aber Judy zwingt ihn, ihr bei der Lösung eines offenbar unwichtigen Falls zu helfen, der sich alsbald als von langer Hand geplanter Coup eines Gangstersyndikats gegen die Tiergemeinschaft erweist. Mr. Wild trickst Judy so oft es geht aus – von Natur aus sind Fuchs und Hase nun mal Feinde. Dass sich daran aber sehr wohl etwas ändern kann, beweist diese Geschichte, denn wenn es darauf ankommt, stehen Judy und Nick selbstverständlich füreinander ein. Insofern hat „Zoomania“ eine weise Botschaft, keinesfalls belehrend; aber man sieht, dass nicht alles so ist, wie es zunächst scheint – und das kann im gegenwärtigen Miteinander der unterschiedlichen Kulturen eine durchaus wegweisende Erkenntnis sein.
John Lasseter, der hier als ausführender Produzent verantwortlich zeichnet, hat nicht zuletzt die unvergessenen Spielzeuge des „Toy Story“-Universums zum Leben erweckt. Parallelwelten wie diese faszinieren immer wieder aufs Neue. Vor allem, wenn sie so perfekt in Szene gesetzt sind wie in „Zoomania“, wo sich der Zuschauer vollkommen zuhause fühlen kann. Schwächen und Marotten der menschlichen Spezies, aber auch deren Stärken mit der Fähigkeit zur Zuversicht lassen uns schmunzelnd und nachdenklich zurück.