In den zahlreichen filmischen Robinsonaden war Freitag, den Robinson auf der einsamen Insel rettet, gelegentlich eine Frau („Robinson jr.“, 1976) oder auch mal ein Ball („Cast Away – Verschollen“, fd 34 654); ein Papagei aber war er noch nie. Wie der Volleyball „Wilson“ bekommt der Papagei im 3D-Animationsabenteuer „Robinson Crusoe“ von Vincent Kesteloot einen neuen Namen: Robinson tauft seinen gefiederten Freund Dienstag.
Es bleibt nicht beim Papagei: Nachdem das Schiffswrack im Sturm auf der Insel gestrandet ist, treffen Robinson und sein Hund Edgar auf eine kleine Gemeinschaft, die dort in Frieden und Harmonie miteinander lebt – wobei der abenteuerlustige Papagei sich im Paradies rechtschaffen langweilt, Treibgut vom Strand sammelt und sich nach der unbekannten Ferne sehnt. Da kommen ihm die Schiffbrüchigen gerade gelegen. Der Rest der Tiere – Tapir, Ziege, Gürteltier, Stachelschwein, Chamäleon und Kolibri – fürchtet die „Eindringlinge“. Darin lässt sich unschwer eine kindgerechte Analogie zu sehr aktuellen Ängsten vor Fremdem, Unbekanntem und dem Thema Einwanderung herauslesen. Es gibt sogar manipulative Hetzer: ein fieses, räudiges Katzenpärchen, das den Schiffbruch ebenfalls überlebt hat. Von Robinson wurden sie einst aufs Unterdeck verbannt. Nun sinnen sie auf Rache und schüren die Xenophobie unter den Inseltieren, die, von den Katzen in eine Bürgerwehr verwandelt, alsbald Richtung Strand und Wrack ziehen. All das ist jedoch nicht besonders düster gezeichnet, und das Geschehen wird stets durch launige Kommentare aufgelockert. So bemerkt die alte, halbblinde Ziege Zottel, die sich einen Kokosnuss-Helm übergestülpt hat: „Ich bin eine gefährliche Kokosnuss!“
In dieser angespannten Stimmung kommt es tatsächlich zu einer mehr oder weniger absichtlichen Brandstiftung auf dem Schiffswrack. Robinson und Dienstag können entkommen, der Hund Edgar, eingeklemmt unter Holzteilen, überlebt nicht. Dieser Hundetod wäre allerdings nicht nötig gewesen! Denn das tragische Ereignis passt nicht zum leichten Erzählton. Ein Baumhaus wird gebaut, mit Wasseranschluss und -rutsche, die Tiere und Robinson leben gemeinsam das paradiesische Glück. Bis im Showdown die fiesen Katzen samt fiesem Nachwuchs wieder auftauchen.
Produziert wurde „Robinson Crusoe“ unter der Federführung des belgischen 3D-Pioniers Ben Stassen, der Ende der 1990er-Jahre begonnen hatte, Filme für IMAX-Kinos zu entwickeln. Mit „Robinson Crusoe“ geht Stassen zu den dreidimensionalen Anfängen des Stoffes zurück, war doch die russische Version „Robinzon Cruzo“ von 1947 der erste abendfüllende Spielfilm in 3D. Er wurde damals auf eine Drahtrasterleinwand projiziert und war ohne Brille dreidimensional zu sehen. Sergej Eisenstein war begeistert und sah in der Stereoskopie die Zukunft des Kinos: Der „Raumfilm“ dränge „in die Tiefe der Leinwand“; die als reale Dreidimensionalität empfundene Abbildung „ergieße“ sich“ – gewissermaßen genau umgekehrt – „in den Zuschauerraum“. Stassen hingegen nutzt 3D für seine tierische Robinsonade sehr entspannt: „Nicht als ein Spezialeffekt, sondern vielmehr als ein generatives Prinzip“. (Lisa Gotto)
Dafür gibt es natürlich keine Drahtrasterleinwand, sondern Brillen. Wegen der anstrengenderen Sehleistung ist der Film trotz seiner grundsätzlich sehr kindgerechten Geschichte und dem nicht übermäßig rasanten Tempo nicht für ganz kleine Kinder geeignet, sondern eher ab dem Vorschulalter zu empfehlen: Gags, Slapstick und sogar ein paar wilde Piraten treffen auch hier noch ins Schwarze.