Fröhlich schwankt ein in eine hellblaue Schlaghose gepackter Hintern im Schritttakt seiner Besitzerin über die Leinwand, bevor diese von den semi-entblößten Brüsten der anderen Parkbesucherinnen eingenommen wird. Pikante erste Einstellungen, genauso wie das Thema ihres Films – denn dieses Mädchen, das kurz darauf eröffnet, dass es gerade zum ersten Mal Sex hatte, ist erst 15 Jahre alt. Was nicht weiter schlimm wäre, hätte Minnie Goetze mit einem Jungen ihres Alters geschlafen, und nicht mit dem 34-jährigen Freund ihrer Mutter. Ein ausgewachsenes Schlamassel, auch im San Francisco des Jahres 1976. Was Minnie ihrem aus Kassetten-Aufnahmen bestehenden Tagebuch zu Hause dann anvertraut, ist das sexuelle Erwachen einer jungen Frau in einer sexuell schon recht aufgeweckten Gesellschaft. Auch Minnies Mutter Charlotte hat sich von biederen Regeln gelöst und „bastelt“ für Minnie und ihre jüngere Schwester an einer Kette von Kurzzeitvätern. Deren letztes Glied ist der jungenhaft attraktive Monroe, und der legt Minnie beim unschuldigen Fernseh-Kuscheln schon einmal die Hand auf die Brust. Nachlässigkeit oder Kalkül? Kurze Zeit später wird es Minnie sein, die von dieser Hand beim weniger unschuldigen Kneipenbesuch erst den Finger (in den Mund) nimmt, und sich danach den ganzen Körper schnappt, während Charlotte im Sog aus Job-Verlust, Ausgehen und Drogen gar nichts mehr mitzubekommen scheint.
Minnies Coming of Age basiert auf einem mit Graphic-Novel-Elementen durchsetzten Roman der selbst in San Francisco aufgewachsenen Zeichnerin Phoebe Gloeckner, die hier neben der sexuellen auch eine künstlerische Initiation beschrieb. Minnie verortet ihr Verlangen nach Liebe und Nähe in der Sexualität und verpackt diese in zum Leben erwachende, an Robert Crumb erinnernde Cartoons und Tagträume. Dass die autobiografisch angehauchte Figur eine so fantasievolle ist, rettet Marielle Hellers Verfilmung dann auch vor ihrer sich wiederholenden und am Ende überschlagenden Erzählstruktur. Die könnte an Hellers erster Adaption des Stoffs als Theaterstück liegen, fühlt sich aber zwischenzeitlich wie die Gedankenendlosschleife einer 15-Jährigen an, was die Geschichte in der erzählten Tagebuchform ja letztlich auch ist. So sehr rückt Heller die auf- und abebbende Affäre ihrer Hauptfigur mit dem wesentlich älteren Monroe in den Mittelpunkt, dass Minnies lesbischer Ausbruchsversuch, der in einem absoluten Tiefpunkt unter Drogeneinfluss mündet, hintanstehen muss. Das droht eine an sich starke Erzählhaltung zu schwächen, die ganz unverblümt ihre Nacktszenen einstreut, dabei nie moralinsauer wird und einen tatsächlich die unbekümmerte Euphorie und Tragik des Teenagerdaseins nacherleben lässt.
Was dabei mit der eher weiblich konnotierten Sensation beginnt, zum ersten Mal sexuell begehrt zu werden, endet damit, dass sich Minnie nach eigenem Bekunden von keiner Liebe mehr abhängig fühlt, außer der eigenen. Interessanter als diese wichtige, aber am Ende recht unvermittelt vorgebrachte Erkenntnis ist allerdings die vorangehende Schilderung einer aufkeimenden Sexualität, die ausgerechnet von Minnies männlichen Sexualpartnern mit Nymphomanie-Stempeln und anderen Kränkungen, die ganz klar aus Überforderung rühren, kleingehalten wird. Hier schafft es ein Jugendfilm, wunderbar unaufdringlich von der frühen Degradierung einer in Normen gepressten weiblichen Sexualität zu erzählen, die sich die willensstarke Identifikationsfigur nicht anzueignen bereit ist. Und das wirkt authentischer als die am Ende noch schnell übergestülpte Botschaft der von anderen unabhängigen Selbstliebe, die eher der retrospektiv etwas weit ausholenden Feder ihrer Schöpferin zu entstammen scheint.