Abenteuer | Frankreich 2013 | 104 Minuten

Regie: Nicolas Vanier

Im Sommer 1943 trifft ein siebenjähriger Junge in den französischen Alpen auf eine herrenlose Hündin, die bei den Bauern als Bestie gilt. Heimlich freundet er sich mit dem Tier an, das ähnlich einsam ist wie er selbst. Die Verfilmung einer auch schon fürs Fernsehen adaptierten Kinderbuchreihe besticht durch ihre majestätischen Landschaftsaufnahmen sowie durch die gelungene Verlagerung der Handlung in die Zeit des Zweiten Weltkriegs, wobei der Film eher existenziell als nostalgisch verklärt wirkt. Der spannende Abenteuerfilm erzählt mit stillen, eindrucksvollen Bildern von der Reifung des Jungen, der am Ende selbst entscheiden kann, wohin er gehören will. (Kinotipp der katholischen Filmkritik) - Sehenswert ab 10.
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Filmdaten

Originaltitel
BELLE ET SÉBASTIEN
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
Radar Films/Épithète Films/Gaumont
Regie
Nicolas Vanier
Buch
Juliette Sales · Fabien Suarez · Nicolas Vanier
Kamera
Éric Guichard
Musik
Armand Amar
Schnitt
Raphaëlle Urtin
Darsteller
Félix Bossuet (Sebastian) · Tchéky Karyo (César) · Margaux Chatelier (Angélina) · Dimitri Storoge (Doktor Guillaume) · Andreas Pietschmann (Leutnant Peter)
Länge
104 Minuten
Kinostart
19.12.2013
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 10.
Genre
Abenteuer | Familienfilm
Externe Links
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Diskussion
Schon die erste Szene lässt den Atem stocken. Auf der Suche nach einem wilden Tier, das die Schafe eines Bergdorfs in den französischen Alpen reißt, entdecken der alte Schäfer César und der siebenjährige Sebastian auf dem Felsvorsprung einer Steilwand eine kleine Ziege. Wenig später schwebt Sebastian an einem langen Seil in die Tiefe, um das Tier zu retten. Die Kamera beobachtet dies mit fließenden, eleganten Bewegungen und langen Einstellungen sowie in majestätischen Totalen, die die Menschen in dieser imposanten Landschaft winzig erscheinen lassen. Am Ende der Szene ist die Ziege gerettet, und die Themen des französischen Kinderfilms sind gesetzt: Es geht um das Verhältnis von Mensch und Tier, um Mitgefühl und Zusammenhalt, wobei die Natur hier weit mehr ist als nur eine Kulisse; sie wird zum Handlungsträger. Inmitten dieser eindrucksvollen Wildnis, in der die Wolken direkt über dem Boden zu schweben scheinen und der Himmel ganz nah wirkt, begegnet Sebastian tatsächlich der vermeintlichen Bestie. Er merkt aber schnell, dass das zottelige Tier in Wahrheit gar nicht gefährlich ist. Einmal gebadet, verwandelt sich das graue Fell der großen Pyrenäenhündin in strahlendes Weiß. Doch vor den Erwachsenen muss Sebastian die Hündin weiterhin schützen. Wie in vielen anderen Filmen, in denen es um Freundschaften mit Tieren geht, wird das erste Aufeinandertreffen mit einem ruhigen Blickkontakt gezeigt. Sebastian und die von ihm „Belle“ gerufene Hündin sehen einander in die Augen und wissen, dass sie nichts zu befürchten haben. Schließlich sind sie in gewisser Weise seelenverwandt. So allein und ausgeschlossen wie die Hündin, die von ihrem früheren Besitzer misshandelt wurde, fühlt sich auch der Junge. Obwohl es ihm im Haus des Schäfers César und der Bäckerin Angelina gut geht, sehnt er sich nach seiner Mutter. Irgendwann will er zu ihr nach Amerika reisen. Amerika befinde sich gleich hinter den Bergen, hat man ihm erzählt. Die Handlung des Films, den Nicolas Vanier in Anlehnung an die Kinderbuchreihe und die Fernsehserie von Cécile Aubry inszeniert hat, wird dabei immer komplexer. Er belässt es nicht bei der Geschichte zwischen Sebastian und Belle und wie der Junge durch diese wächst; die Handlung wird vielmehr aus den 1960er-Jahren in die Zeit des Zweiten Weltkriegs verlegt. Dadurch verliert der Film jeglichen nostalgischen Anschein, sondern gewinnt einen geradezu existenziellen Unterton. Längst werden die Dorfbewohner argwöhnisch von den deutschen Soldaten beobachtet; Angelinas Freund, der Arzt Guillaume, steht im Verdacht, jüdische Flüchtlinge über die Alpen in die Schweiz zu schleusen. Zunehmend rückt diese Nebenhandlung in den Mittelpunkt, bis auch Sebastian und Belle in einer stürmischen Winternacht in eine solche Flucht verwickelt werden. Dass der Film den historischen Kontext nicht ausdrücklich erläutert, sondern eher beiläufig einfließen lässt, macht eine seiner Qualitäten aus; es trägt viel zu der unheilvollen Atmosphäre bei und verweist zugleich darauf, wie wenig in Frankreich zwischen Kinder- und Erwachsenenfilmen unterschieden wird. Der Wert der Menschlichkeit erschließt sich aus der Handlung selbst. Andererseits lässt sich nicht übersehen, dass die jüdischen Flüchtlinge kaum ein Gesicht erhalten; ihr Schicksal wird nur angerissen und bleibt Beiwerk, auch wenn ein junges Publikum sicher zum Nachfragen anregt wird. Genauer und sehr stimmig ist hingegen die Zeichnung von Sebastian, der zwar manchmal ein wenig zu geschniegelt aussieht angesichts der harschen Umgebung, in der er lebt, der den Film aber trägt und beinahe in jeder Szene zu sehen ist. Im Gewand eines spannenden Abenteuerfilms wird seine Veränderung im Laufe eines halben Jahres geschildert, wie er durch die Freundschaft zu der Hündin an Selbstbewusstsein gewinnt, die Wahrheit über seine Familie erfährt und selbst entscheidet, wohin er gehört. In der kargen Alpenlandschaft im Wandel der Jahreszeiten vom heißen Sommer über den nebelverhangenen Herbst bis zum verschneiten Winter findet der Film eindrucksvolle Bilder für die Gefühle des Jungen, die auch ohne große Worte wirken.
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