Drama | Deutschland 2012 | 76 (24 B./sec.)/73 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Diemo Kemmesies

Zwei junge Studenten laufen sich in Berlin über den Weg und fühlen sich zueinander hingezogen. Sie lernen sich zaghaft kennen, was ihre Verwirrung noch größer macht, da sie zwischen Scham und Sehnsucht hin- und hergeworfen werden. Ein stiller, über weite Strecken fast ereignisloser Film über ein „Coming out“, das mit langen Einstellungen die Unsicherheit der Figuren unterstreicht, ebenso ihre Angst, abgelehnt zu werden. Die melancholisch überladenen Dialoge kreisen um adoleszente Sinnsuche, finden in der Handlung aber keine Entsprechung. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
SILENT YOUTH
Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
Milieu Film
Regie
Diemo Kemmesies
Buch
Diemo Kemmesies
Kamera
Albrecht von Grünhagen
Schnitt
Diemo Kemmesies
Darsteller
Martin Bruchmann (Marlo) · Josef Mattes (Kirill) · Mathias Neuber (Vater) · Linda Schüle (Franzi)
Länge
76 (24 B.
sec.)
73 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
17.10.2013
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Salzgeber (16:9, 1.78:1, DD2.0 dt.)
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Diskussion
So leidenschaftlich, wie man das aus dem Kino kennt, verläuft das erste Kennenlernen nie. Auch dann nicht, wenn es Zuneigung auf den ersten Blick ist, wie bei Marlo und Kirill. Die beiden jungen Studenten laufen sich in Berlin-Kreuzberg über den Weg. Der Weg zum Coming out und zur offenen Leidenschaft aber ist lang; vor dem großen Knall durchschreiten die beiden ein langes Tal emotionaler Verhaltenheit. Ein Film über Berlin. Marlo und Kirill begegnen sich am Schlesischen Tor, das erste Gespräch findet an der Warschauer Brücke statt, danach geht es weiter über den Spreehafen, das Flugfeld Tempelhof und den Bahnhof Friedrichstraße, in die spartanisch eingerichtete Studentenbude im Plattenbau. Klischeeorte mit überregionalem Wiedererkennungswert, die seit vielen Jahren für den Mythos Berlin stehen. Für die Freiflächen, auf denen zarte Pflanzen wachsen können, ohne dass sich jemand dran stört (allerdings auch ohne dass sich jemand darum kümmert). Kirill, der bei einem Besuch bei seiner Oma in Moskau gerade von ein paar Jugendlichen zusammengeschlagen worden war, und Marlo, der aus der Provinz von der Ostseeküste kommt, ist diese Freiheit noch nicht bewusst. Sie treffen sich, verlieben sich, gestehen sich ihre Liebe aber noch nicht ein. Bis es dann so weit ist, folgt man den beiden in langen Einstellungen auf endlosen Spaziergängen. Nebeneinander her, introvertiert, jedem sind die Worte peinlich. Was das Drehbuch dann an Dialogen vorsieht, sind bedeutungsschwangere Sinnsucherphrasen. Das ist „Der Himmel über Berlin“ (fd 26 452) für Arme. Was als persönliche Studie gehemmter Gesten beginnt, wird schnell zur austauschbaren Variante ein und desselben Berlin-Films, wie man ihn seit den 1980er-Jahren kennt. „Berliner Krankheit“ nannte man damals schon den Independent-Soundtrack dieser mit einem romantischen Hang zur Depression verbrämten Sinnsuche nach einem anderen Erwachsenwerden. Der Berliner Filmemacher Diemo Kemmesies fängt damit treffend den Fluch der späten Jugend ein, hinter allem nach Tiefgang zu stochern. Allerdings bleibt sein Film auf halber Strecke stehen. Hinter dem schematischen Schauspiel entwickelt sich keine Leidenschaft, die den metaphysischen Zwangscharakter der spartanisch eingesetzten Dialoge auf eine zwischenmenschliche Ebene herunterbrechen würde. Was bleibt, sind zwei entfremdete Kunstfiguren, die am Ende des Films zwar die gegenseitige Nähe gefunden haben, aber nicht die zum Zuschauer.
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