Wie setzt man ein Rockkonzert auf der Leinwand dergestalt in Szene, dass dabei mehr herauskommt als „nur“ ein abgefilmter Bühnenauftritt? Wie schafft man es, das Prickeln des Live-Acts zu vermitteln, die unmittelbaren Beats, die Ausstrahlung der Band und das Gemeinschaftsgefühl eines Konzertbesuches? Henri-Georges Clouzot hat in „Große Komponisten“ bereits 1967 vorgemacht, wie man ein Orchester mit Chor und Solisten einfangen und die aseptische Konzertsituation überwinden kann. Seine entfesselten Kameras bei Verdis „Requiem“ fingen die Musiker um Herbert von Karajan vor einem neutral dunklen Hintergrund ohne Publikum ein, woraus im Schnitt dann ein akustisch wie visuell eindrucksvolles Kunstwerk entstand. Ähnliches gelang Phil Joanou in „U 2 – Rattle and Hum“
(fd 27 219). Zu den Meistern dieses „Genres“ zählen neben illustren Akteuren wie den Rolling Stones und Martin Scorsese („Shine A Light“, fd 38 636) auch die Heavy-Metal-Band Metallica und der Videoregisseur Wayne Isham. 1999 gelang ihnen ein „Joint Venture“-Konzert, bei dem die fünfköpfige Band mit einem klassischen Orchester sowie Michael Kamen als Dirigent kongenial fusionierten. Seitdem ist die seit 32 Jahren existierende US-amerikanische Formation immer ganz vorne, wenn es darum geht, sich audiovisuell in Szene zu setzen.
Deshalb durfte „Metallica – Through the Never“ natürlich auch kein simpler Konzertfilm werden. 18 Millionen Dollar standen als Produktionsbudget zur Verfügung, um den kaum 90-minütigen Gig fürs Kinopublikum aufzubereiten. Das Konzert in einer ausverkauften Riesenarena wurde von einer aufwändigen Bühnen- und Pyrotechnik begleitet; eine Handvoll Kameras fing die Show in stereoskopischen Bildern ein. Metallica gab 16 ihrer Klassiker mehr oder minder fragmentarisch zum Besten. Auch wenn die 3D-Technik nicht das Maximale ihrer Möglichkeiten herausholt, kann man von einem atemberaubenden Event sprechen – was zum großen Teil natürlich der Qualität der Songs und dem Charisma der Bandmitglieder zu verdanken ist.
Doch „Through the Never“ ist nicht nur wegen seiner „Production Values“ und der Stereoskopie mehr als ein „simpler“ Konzertfilm; Regisseur Nimród Antal, der mit den Metallica-Musikern James Hetfield (Gesang) und Lars Ulrich (Drums) auch das „Drehbuch“ verfasste, verpasste dem Konzert überdies eine Art fiktiver Rahmenhandlung, in der ein von Dane DeHaan verkörperter Roadie sich nach Beginn des Konzerts mit einem Kanister auf den Weg in die Stadt macht, um Treibstoff zu besorgen. Frustriert über seinen Job und die verpasste Chance, das Konzert live mitzuerleben, nimmt der bereits alkoholisierte Mann Drogen und erlebt auf der kurzen Fahrt seinen persönlichen Endzeit-Trip, inklusive eines ihn jagenden apokalyptischen Reiters. Diese Spielhandlung ist inszenatorisch und dramaturgisch aus etlichen mehr oder minder „hard’n’heavy“-gepolten Metallica-Videoclips bekannt und daher ebenso beliebig wie überflüssig. Die Musik, die gewaltige Bühnenshow und die eindrückliche Konzertsituation allein hätten vollauf genügt. Die inszenierte Horrorshow in mal menschenleeren, mal von Freaks bevölkerten Straßenschluchten wirkt hingegen abturnend und in ihrer bedeutungsschwangeren Theatralik mitunter sogar unfreiwillig komisch. Ein simpler Konzertfilm wäre weit wirkungsvoller gewesen als dieses überzüchtete Spektakel.