Angeblich soll der US-Geheimdienst auch für diese Mode im (deutschen) Dokumentarfilm verantwortlich sein. Weil die CIA großes Interesse an möglichst hochauflösenden Kameras hatte, die sich unter Aufklärungsflieger und Drohnen montieren ließen und dank gigantischer Zooms und einer ausgeklügelten Stabilisationstechnik gestochen scharfe und ruckelfreie Bewegtbilder liefern konnten, wurde im Auftrag der Amerikaner das Cineflex-System entwickelt und immer weiter perfektioniert. Vor ein paar Jahren kam auch die zivile Luftfahrt in den Genuss dieser Technologie, und seither gibt es auch im Bereich der Natur-Dokumentationen kein Halten mehr. Unter dem Kürzel „von oben“ wurden inzwischen schon alle erdenklichen Landstriche aus der Vogelperspektive abgelichtet.
Der Trend scheint ungebrochen. Nachdem Peter Bardehle vor zwei Jahren die Nordsee aus dem Helikopter in Visier nahm („Die Nordsee von oben“, fd 40 501,) hat er sich nun zusammen mit Sebastian Lindemann in gleicher Manier den Alpen zugewandt. Dabei geht die Flugroute nicht etwa von Ost nach West (oder umgekehrt), sondern folgt einem seltsamen Zickzackkurs. Kreiste der Helikopter eben noch über den Ostalpen, ist man kurz darauf am Bodensee. Natürlich fehlt keines der „Best of“-Motive imposanter Gebirgskämme. Vom Eiger über das Matterhorn bis zum Mont Blanc ist alles vertreten. Hinzu kommen Sequenzen, in denen die Kamera Gleitschirmflieger, Basejumper, Bergsteiger, Mountain-Biker oder ein paar Gemsen bei ihrem Tun in Visier nimmt. Zwischendurch tut es auch mal ein anderer Hubschrauber, der quasi im Parallelflug beobachtet wird.
Das alles sorgt für enorme Schauwerte. Man staunt auch über die technische Perfektion der Cineflex-Kamera, die offenbar über einen derart grandiosen Zoom verfügt, dass sie Tiere aus so großer Höhe gestochen scharf ablichten kann, ohne dass diese das über ihnen kreisende Fluggerät wahrnehmen. Gleichwohl hat man das alles so oder zumindest so ähnlich schon gesehen. Etwa in der 15-teiligen Fernsehdokumentation „Die Alpen von oben“ (bei arte). Auch das Spektakuläre ist gegen Abnutzungseffekte nicht gefeit.
Doch die Autoren belassen es nicht bei einer pittoresken Sight-Seeing-Tour, sondern beschwören im Kommentar den Mythos der Berge und beklagen den frevelhaften Umgang des Menschen mit der Natur. Einmal mehr wird auf das Abschmelzen der Gletscher durch die Klimaerwärmung oder die Verschandelung von Berghängen durch den Ski-Tourismus beklagt. Wenn in einem österreichischen Tagebau gigantische Muldenkipper zu bestaunen gibt, verzichten sie allerdings auf mahnende Worte, sondern informieren begeistert über PS-Zahl und Ladevolumen der Kolosse. Bisweilen gibt der Kommentar aber auch schlicht Rätsel auf. Stößt ein Mann auf einer Alm in ein antikes Horn, heißt es zu den Bildern, dass mit diesem Instrument früher die „Bauern im Tal vor Gefahren wie einer verletzen Kuh gewarnt“ wurden. Mit Verlaub: In kranken Kühlen würde vermutlich nicht einmal der US-Geheimdienst drohende Gefahren sehen.