Drama | Deutschland/Kanada 2013 | 100 (24 B./sec.)/96 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Thomas Arslan

Eine alleinstehende Frau aus Deutschland schließt sich im Jahr 1898 einer Gruppe von ebenfalls deutschstämmigen Siedlern an, die am Klondike River Gold suchen und eine neue Existenz gründen wollen. Doch die Reise durch das wilde Land erweist sich als zehrend und gefährlich, was nicht nur an äußeren Bedrohungen, sondern auch inneren Verwerfungen liegt. Thomas Arslan inszeniert das Western-Sujet auf der Basis historischer Zeugnisse als eine intensive existenzielle Grenzerfahrung, die nicht auf dramatische Wendungen setzt, sondern auf die konsequente Teilhabe an den körperlichen Mühen und seelischen Zerreißproben. Dabei wird die Weite der Landschaft ins Klaustrophobische uminterpretiert. (Kinotipp der katholischen Filmkritik) - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland/Kanada
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
Schramm Film Koener & Weber/Red Cedar Films/BR/ARD Degeto/WDR/ARTE
Regie
Thomas Arslan
Buch
Thomas Arslan
Kamera
Patrick Orth
Musik
Dylan Carlson
Schnitt
Bettina Böhler
Darsteller
Nina Hoss (Emily Meyer) · Marko Mandic (Carl Boehmer) · Lars Rudolph (Rossmann) · Uwe Bohm (Gustav Müller) · Peter Kurth (Wilhelm Laser)
Länge
100 (24 B.
sec.)
96 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
15.08.2013
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Drama | Western
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
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Verleih Blu-ray
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Diskussion
Zeitgenössische Fotografien waren eine der Quellen, die Thomas Arslan zu seiner ungewöhnlichen „Reisefabel“ inspirierten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts, so erzählt er, habe sich die Amateurfotografie in Windeseile entwickelt, als man die handlich gewordenen Kodak-Kameras auch ohne Stativ bedienen konnte. So hat man noch heute einen authentischen Eindruck jener von Hoffnung, Mut und womöglich von großer Verzweiflung getriebenen Goldsucher auf ihrem Weg zum Klondike-Fluss: Männer, die sich vor einen vollbepackten, klapprigen Handkarren spannten, Frauen in „züchtiger“ und dementsprechend höchst unbequemer Reisekleidung, Kinder mit zusammengerollten Matratzen auf dem Rücken. Sie alle folgten um das Jahr 1898 dem „Lockruf des Goldes“, unter ihnen viele Deutsche, die zuvor als Auswanderer in die USA gekommen waren und die nun ein weiteres Mal aufbrechen, um sich ihre uneingelösten Hoffnungen auf einen Neuanfang doch noch zu erfüllen. Dabei folgen sie höchst trügerischen Versprechungen: Raffgierige Propagandisten, schlecht vorbereitete Reisebegleiter mit miserablen Landkarten, misstrauisch-distanzierte Dorfbewohner und selbst schweigsame Indianer stürzen sich auf die Reisenden, beuten sie schamlos als willfährige Opfer aus. Immer wieder zeigt Arslan diese Mechanik als perverse Kehrseite des Kapitalismus, als emotionsfreien Deal ohne Mitleid oder Empathie: Hast Du Geld, dann helfe ich Dir, ansonsten kannst Du sehen, wo Du bleibst. Nicht nur beugt er damit jeglicher Legendenbildung vor, verweigert konsequent jede romantische Ästhetisierung. Der Mythos des Westerns hat sich längst abgenutzt, jeder Anflug von glanzvoller Abenteuerlichkeit erscheint angesichts der strapaziösen Odyssee deplatziert. Das Licht über Arslans kleinem Reisetrupp ist nur das natürlich vorhandene, die Größe der Landschaft hat kaum etwas Großartiges, eher im Gegenteil: Angesichts der wachsenden Orientierungslosigkeit durch karge Felsenszenerien, labyrinthische Flussebenen und undurchdringliche Wälder stellt sich Klaustrophobie ein – ein intensiv spürbarer Zustand von Angst und Beklemmung in einem für die Reisenden nicht zu fassenden und zu begreifenden Raum. Vielleicht wäre das ja alles sogar zu ertragen, würden die Reisenden nicht zusätzlich noch an sich selbst so schwer zu tragen haben; an ihren jeweils eigenen individuellen Geschichten, ihren Taten und Ängsten, Vorurteilen und Ansprüchen – an allem, was ihnen die Zivilisation an (falschen wie richtigen) Vorstellungen von Moral, Recht und Unrecht aufgebürdet hat. Insgesamt sind es sieben Goldsucher, die an einem Sommertag im Jahr 1898 von der nördlichsten Bahnstation in Kanada aufbrechen, voller naiver Zuversicht auf ein besseres Leben. Nur allmählich kommt es unter den sich Fremden zur Annährung. Zunächst nur mit Blicken, dann in ersten Gesprächen taxiert man sich, nimmt Einschätzungen vor, verteilt Sympathien und Antipathien. Als besonderer Fremdkörper sticht von Beginn an Emily Meyer (Nina Hoss) aus der Gruppe heraus: eine allein reisende, zudem sichtlich selbstbewusste Frau, an der sich die Haltungen der anderen auf grundverschiedene Weise ausrichten. Am Ende ist es Emily, die noch am weites-ten kommt – vielleicht weil sie am wenigsten zurückblickt: „Ich habe nichts, wofür es sich lohnt umzukehren“, sagt sie einmal. Alle anderen scheitern an ihren Dämonen: Der Betrüger wird fast gelyncht, der alkoholabhängige, zur Herrschsucht neigende Reporter tappt in die einzige Bärenfalle weit und breit, um elendig zu sterben; der „zärtelnde“ Familienvater verfällt dem Wahnsinn und verschwindet nackt im Nichts; den Abenteurer, dem noch am ehesten das Flair des einsamen Westerner umgibt, holt eine zurückliegende Gewalttat ein. Es sind gänzlich unromantische Episoden einer aussichtslos-widersinnigen Reise, die Arslan zu einer anfänglich spröden, dann immer spannenderen Tragödie verdichtet. Wie die Personen untereinander, so nähert auch er sich ihnen langsam und behutsam, arbeitet geschickt mit Auslassungen. Dies rückt die Monotonie der beschwerlichen Reise in den Vordergrund, während vieles indirekt erschlossen werden muss – vor allem aus den immer sonnenverbrannteren Gesichtern, die von Erschöpfung und wachsender Mutlosigkeit erzählen. Ganz selten blitzt etwas von den Ressourcen menschlicher Vitalität auf, etwa wenn Nina Hoss einen koketten Tanzschritt ausübt; und mitunter schiebt sich ein wohltuend grimmiger Humor in die Erzählung, etwa wenn Lars Rudolph angesichts der Absurdität der Ereignisse wunderbar lamentierend mit dem Schicksal hadert.
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