Dokumentarfilm | Deutschland 2013 | 86 (24 B./sec.)/83 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Julia Oelkers

Dokumentarfilm über ein Projekt der Band "Strom & Wasser": Zusammen mit Musikern aus unterschiedlichen Kulturkreisen, die in Deutschland Asyl suchen, produziert die Band eine CD und veranstaltet eine Konzerttour. Ein Balanceakt zwischen der Euphorie auf der Bühne und dem musikalischen Austausch einerseits und dem deprimierenden, von Beschränkungen gezeichneten Alltag der Asylbewerber. Dabei rundet sich der Film nicht nur zur mitreißenden Musik-Doku, sondern schafft es auch, dem anonymisierten Schicksal "Flüchtling" Namen und Gesichter zu geben. (Teils O.m.d.U.) - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
autofocus Videowerkstatt
Regie
Julia Oelkers
Buch
Lars Maibaum · Julia Oelkers
Kamera
Lars Maibaum · Line Kühl · Matthias Neumann · Thomas Walther
Musik
Strom & Wasser feat. The Refugees
Schnitt
Lucian Busse
Länge
86 (24 B.
sec.)
83 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
15.08.2013
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Die Idee ist politisch, pfiffig und naheliegend. Seltsam, denkt man, dass da vorher niemand draufgekommen ist. Sieht man dann „Can‘t be silent“, erklärt sich die „Silence“ schnell als durchaus bewusst provoziertes Resultat der herrschenden Asylpolitik. Doch der Reihe nach: der deutsche Musiker Heinz Ratz machte als Zeichen des eigenen politischen Engagements 2011 eine Benefiz-Tour durch Deutschland, um gegen die aktuelle Asylpolitik zu protestieren. Bei Kontakten vor Ort lernte er unter den Flüchtlingen hervorragende, in ihrer Heimat teilweise bereits bekannte Musiker kennen. Kurzentschlossen entschloss sich Ratz, den Musikern mit der Band „The Refugees“ eine Plattform zu bieten. Mit Unterstützung der eigenen Band „Strom & Wasser“ wurde eine CD produziert, eine Deutschland-Tournee organisiert und gestartet. Die Filmemacherin Julia Oelkers, seit Anfang der 1990er-Jahre mit den Themen Rassismus, Flucht und Migration beschäftigt, besuchte früh eines der Konzerte von „Strom & Wasser“, sprach einen der beteiligten Musiker an und entschloss sich, die CD-Produktion und die Tournee mit einem Filmteam zu begleiten. So schlägt „Can‘t be silent“ gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Man lernt einige der Musiker und ihre Geschichte näher kennen. Z.B. den jungen afghanischen Rapper Hosain Amini, der zunächst in den Iran floh, dort aber wegen seiner Musik Schwierigkeiten bekam. Aminis Texte handeln davon, aus der Geschichte Afghanistans zu lernen und mit bestimmten Stammesritualen und Traditionen der Väter zu brechen, um sich eine gemeinsame Zukunft aufbauen zu können. Ein anderer Rapper ist MC Nuri aus Dagestan, der mit seiner Familie zehn Jahre in einem Flüchtlingswohnheim verbrachte und erst die Scheu überwinden musste, von seiner Lebenssituation zu berichten. So bekommen die Flüchtlinge Gesichter, Geschichten und viele Stimmen, wobei sich der Film keinen falschen Illusionen hingibt. Ein Musiker bleibt ein Musiker, auch wenn er aktuell den Status eines Flüchtlings hat. Er vermag auf der Bühne zu begeistern, aber jenseits der Bühne ist er dann wieder ein Flüchtling und wird von der Bürokratie verwaltet. Und das deutsche Asylrecht mit der Einschränkung der Bewegungsfreiheit, der Arbeitssuche und den Beschränkungen des Alltäglichen zielt gerade darauf, den Flüchtlingen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Alltag zu verwehren und sie als Gruppe zu anonymisieren. Der Film dokumentiert die schwierigen Lebensbedingungen. Er zeigt aber auch, wie durch die Musik beflügelte Musiker aus unterschiedlichen Ländern und Kulturkreisen neugierig und respektvoll miteinander umgehen. Und ihre gewonnene Bewegungsfreiheit auch dazu nutzen, ihrerseits ihre eigenen Interessen zu vertreten, indem sie sich politisieren. Wie heißt es im Film einmal so treffend: „Uns bleibt nichts anderes übrig, als keine Angst mehr zu haben.“ Das gilt auch und insbesondere, wenn man fortwährend von Abschiebung bedroht ist. So ist „Can‘t be silent“ einerseits die Dokumentation einer produktiven politischen Initiative gegen das herrschende Asylrecht, andererseits aber zugleich deren medialer Verstärker – und ein energiegeladener Musikfilm. Jetzt spielen die „Refugees“ nicht mehr nur auf linksalternativen Straßen- und Solidaritätsfesten, auf Folk- und Weltmusik-Festivals, sondern in den Kinosälen der Republik. Und sie sind nicht länger die namenlosen „Refugees“, sondern Sam, Nuri, Jacques, Hosain, Revelino und Olga. Und all die anderen, deren Erfahrungen und Erlebnisse hier zur Sprache kommen.
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