Dokumentarfilm über die ukrainische Weltklasse-Pianistin Alena Cherny, die ihre Kindheit in einem Internat verbrachte und nach der Katastrophe von Tschernobyl in die Schweiz emigrierte. 15 Jahre später führt sie der Weg zurück in ihr Heimatdorf, dem sie einen Flügel schenkt. Die Begegnung mit ihrer Vergangenheit und ihren Eltern fällt nicht unproblematisch aus. Eine in ruhigen Bildern eingefangene, gänzlich unkommentierte Dokumentation, deren Titel dem Beinamen von Beethovens Klaviersonate Nr. 23 entlehnt ist; zugleich das über weite Strecken bewegende Porträt einer Musikerin, deren Leben durch politische Umbrüche und persönliche Tragik seltsam zerrissen anmutet. (O.m.d.U.)
- Ab 14.
Appassionata
Dokumentarfilm | Schweiz/Ukraine 2012 | 84 (24 B./sec.)/80 (25 B./sec.) Minuten
Regie: Christian Labhart
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Filmdaten
- Originaltitel
- APPASSIONATA
- Produktionsland
- Schweiz/Ukraine
- Produktionsjahr
- 2012
- Produktionsfirma
- Riniker Communications/SRF SRG
- Regie
- Christian Labhart
- Buch
- Christian Labhart
- Kamera
- Gabriel Sandru
- Schnitt
- Caterina Mona
- Länge
- 84 (24 B.
sec.)
80 (25 B.
sec.) Minuten - Kinostart
- 04.07.2013
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
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Künstlerporträts sind im dokumentarischen Kino derzeit fast so in Mode wie opulent bebilderte Helikopterflüge über pittoreske Landschaften. Bei der Pianistin Alena Cherny ist es allerdings eher ihre Biografie denn ihre musikalische Virtuosität, die sie zur Protagonistin von „appassionata“ werden ließ. Geboren in einem Dorf in der Ukraine, wurde sie im Alter von neun Jahren auf ein Internat für musikalisch Hochbegabte nach Kiew geschickt. Nach Abschluss des Konservatoriums brachte sie eine Tochter zu Welt, erlebte 1986 die Katastrophe von Tschernobyl, erkrankte an Leukämie und emigrierte in den Westen. Ihr Kind ließ sie zunächst bei ihren Eltern auf dem Land, holte es später aber nach.
Seit 15 Jahren lebt Alena Cherny inzwischen als Musikerin und Klavierlehrerin im schweizerischen Wetzikon. Nun hat sie sich einen Traum erfüllt und der kleinen Musikschule ihres Heimatdorfes einen Flügel geschenkt, den sie über Benefiz-Konzerte finanzierte.
Die Dokumentation ist ein Porträt der Pianistin und zugleich eine Art Road Movie, das die Protagonistin auf einer (Zeit-)Reise zu den Stätten ihrer Vergangenheit begleitet. Man erlebt eine Künstlerin, die mit großem Ernst von ihrer Liebe zur Musik spricht, sieht sie bei Klavierunterricht mit Schülern oder beim Äpfelschälen in ihrer Küche. In ihrer Kindheit, sagt Alena Cherny, sei sie schon froh gewesen, wenn sie nur die Schalen der Äpfel bekommen habe.
Immer scheint diese Frau, selbst in Augenblicken des Lachens, eine große Melancholie zu umwehen. Wenn sie erklärt, dass man mit Worten lügen könne, aber nicht mit Tönen, mag das wie ein Kalenderspruch aus einem musikalischen Lehrbuch anmuten, doch aus ihrem Mund klingen darüber ihre tiefen Verletzungen an. Wie Alena Cherny überhaupt jede Form der Koketterie fremd zu sein scheint. Worin diese Verletzungen allerdings bestehen, wird nur teilweise deutlich. Als sie in Kiew ihr ehemaliges Internat besucht, erzählt sie von Entbehrungen, erwähnt einen Suizid-Versuch aber nur beiläufig; was aus dem Vater ihrer Tochter geworden ist, bleibt gänzlich im Dunkeln.
Es folgt ein Abstecher in die Geisterstadt Pripyat bei Tschernobyl, der für gespenstische Bilder sorgt, und schließlich die Ankunft in ihrem Dorf, wo sie mit ihrem Flügel begeistert empfangen wird. Zum dramaturgisch-emotionalen Höhepunkt des Films entwickelt sich ein Gespräch zwischen Cherny und ihren Eltern, in dem noch immer Konflikte und Vorwürfe aus Kindertagen nachklingen. So ist diese in ruhigen Bildern eingefangene, gänzlich unkommentierte Dokumentation, deren Titel dem Beinamen von Beethovens Klaviersonate Nr. 23 entlehnt ist, ein über weite Strecken bewegendes Porträt einer Musikerin, deren Leben durch politische Umbrüche und persönliche Tragik seltsam zerrissen anmutet.
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