Play - nur ein Spiel?

Drama | Schweden/Dänemark/Frankreich/Deutschland 2011 | 118 Minuten

Regie: Ruben Östlund

Eine Gruppe von fünf schwarzen Jugendlichen in Göteborg hat sich darauf spezialisiert, anderen Jugendlichen mit Drohgebärden die Mobiltelefone abzupressen. Dieser zentrale Handlungsstrang des Films eröffnet einen höchst differenzierten, vieldeutigen Blick auf das auf einem realen Fall von Jugendkriminalität beruhende Geschehen. Diesen positiven Eindruck macht er teilweise durch seinen plumpen Schluss sowie einige wesentlich schwächere Nebenhandlungen zunichte, die das Geschehen eher platt auf ethnische Spannungen reduzieren. (O.m.d.U.) - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
PLAY
Produktionsland
Schweden/Dänemark/Frankreich/Deutschland
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Plattform Prod./Coproduction Office/Film i Väst/Société Parisienne de Production/SVT/Sonet Film/ARTE-ZDF
Regie
Ruben Östlund
Buch
Ruben Östlund
Kamera
Marius Dybwad Brandrud
Musik
Saunder Jurriaans · Daniel Bensi
Schnitt
Ruben Östlund · Jacob Schulsinger
Darsteller
Anas Abdirahman (Anas) · Sebastian Blyckert (Sebastian) · Yannick Diakite (Yannick) · Sebastian Hegmar (Alex) · Abdiaziz Hilowle (Abdi)
Länge
118 Minuten
Kinostart
24.01.2013
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
Externe Links
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Drama um fünf schwarze Schüler aus Göteborg, die sich darauf spezialisiert haben, anderen Kindern mit Drohgebärden deren Mobiltelefone abzupressen.

Diskussion

Es ist müßig, nachträglich darüber zu spekulieren, welche Änderungen am Drehbuch, an der Inszenierung, am Schnitt einen Film womöglich verbessert hätten. In manchen Filmen drängen sich freilich einzelne Einstellungen, Dialogsätze oder ganze Subplots förmlich auf, im Geiste ersatzlos gestrichen zu werden. „Play“ gibt für ein solches Gedankenspiel ein Musterbeispiel ab. Indem der Film ein Reizthema betont distanziert umkreist, wirkt der zentrale Handlungsstrang sehr mehrdeutig und eben deshalb fesselnd; er würde wohl ohne weiteres als eigenständiger Film bestehen. Daher ist es umso bedauerlicher, dass der schwedische Filmemacher Ruben Östlund zwei dünne Nebenhandlungen und einen kurzen Nachklapp hinzufügt, die die faszinierende Vielschichtigkeit nivellieren und den Verdacht kalkulierter Provokation wecken.

In einer Göteborger Shopping Mall

Zu Beginn wird man Zeuge, wie in einer Göteborger Shopping Mall fünf Jungs zwei andere ins Visier nehmen, sich unter einem Vorwand von einem der beiden dessen Handy zeigen lassen und ihn dann mit dem Vorwurf konfrontieren, das Gerät gestohlen zu haben. Wenn man das Quintett wiedersieht, wiederholt sich die Masche. Diesmal sind die fünf einem Trio offenbar so lange durch die Stadt gefolgt, bis Alex, John und Sebastian bereits nachhaltig eingeschüchtert sind. Fast widerstandslos fügen Sebastian und seine beiden Freunde sich in ihr Schicksal und begleiten Kevin, Yannick, Anas, Abdi und Nana zu einem Treffpunkt, um dort dem angeblichen Diebstahlopfer Gelegenheit zu geben, Sebastians Telefon als das seine zu identifizieren.

Es ist nicht zu viel verraten, wenn man festhält, dass die drei keiner schlimmeren Gewalt ausgesetzt sind als einer halbherzigen Ohrfeige. Genau das macht den dargestellten Raub aber interessant: weil er ebenso subtil wie plump ist. Zur Faszination trägt bei, dass der Stoff auf einer wahren Geschichte basiert, auf einer Raubserie, die Zwölf- bis 14-Jährige zwischen 2006 und 2008 in Göteborg begingen. Zusätzliche Brisanz gewinnt der Film, weil er neben Jugendkriminalität noch die Reizthemen Migration und Rassismus berührt, denn seine Räuber haben wie die fünf realen Vorbilder alle schwarze Haut – und die Opfer sind fast alle weiß.

Dass damit rassistische Stereotype berührt sind, reflektiert Östlund, indem er einen der Räuber einwerfen lässt, Sebastian sei selbst schuld, wenn er fünf schwarzen Jungs sein Handy zeige. Doch zur Stärke des zentralen Handlungsstrangs gehört, dass nie offensichtlich wird, in welchem Maß die Hautfarbe und damit einhergehende Erfahrungen das Handeln der acht Jungs bestimmen. Stattdessen zeichnen sich auch andere Einflussfaktoren ab, etwa die Zugehörigkeit zu einer Schicht, die sich beispielsweise am nonchalanten Konsumverhalten der Opfer ablesen lässt, oder Männlichkeitsvorstellungen, die sich in homophoben Sprüchen der Täter äußern. Ohnehin changiert die Dynamik innerhalb und zwischen den beiden Gruppen, sodass das Geschehen stets ambivalent wirkt.

Improvisiertes Schauspiel & junge Laiendarsteller

Dieser reizvolle Eindruck wird durch das weitgehend improvisierte Schauspiel der jungen Laien unterstützt, ebenso durch die Distanz der spröden Erzählperspektive; während die meist statische Digitalkamera das Geschehen scheinbar teilnahmslos in langen Einstellungen einfängt, privilegiert die Erzählstruktur keine der Figuren.

Umso bedauerlicher ist daher, dass Östlund die Ambivalenz des Stoffs durch zwei Subplots und eine Schlussszene untergräbt, die mit der eigentlichen Handlung nicht oder bloß vage verbunden sind. So fügt er zwei knappe Szenen ein, in denen lateinamerikanische Straßenmusiker mit Indianer-Kitsch Passanten Geld entlocken und deren einziger Effekt darin besteht, das Thema des Films auf den Nenner ethnischer Differenz zu reduzieren.

Eine zweite Nebenhandlung scheint sich über die bevorzugte Zielscheibe konservativer Kulturpessimisten mokieren zu wollen: über die umständliche politische Korrektheit liberaler Gesellschaften. Die ist offenbar schuld daran, dass ein Schaffner sich hier nach mehreren Durchsagen immer noch nicht traut, ein unbefugt abgestelltes Gepäckstück zu entfernen, ohne entsprechende Warnhinweise auch in fremder Sprache wiederholt zu haben.

Mitleid für Mirgranten

Die unsägliche Schlussszene wirkt erst recht provokant, indem sie nachträglich zwei plumpe Positionen zur Auswahl stellt, die einem als Reaktionen auf das Geschehen überhaupt nicht in den Sinn gekommen wären. Gerade darin aber hätte die Stärke des Films liegen können, wenn Östlund im Schneideraum einige zusätzliche Schnitte vorgenommen hätte: dass die komplexe zentrale Handlung und die abstrakte Form den Gedanken an hemdsärmelige Selbstjustiz ebenso wenig aufkommen lassen wie sie dazu einladen, Jugendlichen wegen ihres Migrationshintergrunds spontanes Mitleid entgegenzubringen.

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