Drei Absolventen der Filmhochschule aus Manila wollen ihren ersten Film drehen: eine unabhängige Produktion, die in den Slums spielt und um eine arme Witwe kreist, die ihre sieben Kinder durchbringen muss. Metafilmische Satire über die Kunstkino-Topoi eines Entwicklungslands, in der die Darstellung sozialen Elends als Film im Film aufgegriffen, aber durch die Beobachtung der filmenden Studenten gebrochen wird. Der unterhaltsame Erstlingsfilm zeugt von Talent und visueller Vorstellungskraft und wird durch die Glanzleistung seiner Hauptdarstellerin geadelt. (O.m.d.U.)
- Sehenswert ab 16.
The Woman in the Septic Tank
- | Philippinen 2011 | 87 Minuten
Regie: Marlon N. Rivera
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Filmdaten
- Originaltitel
- ANG BABAE SA SEPTIC TANK
- Produktionsland
- Philippinen
- Produktionsjahr
- 2011
- Produktionsfirma
- Cinemalaya/Martinez Rivera Films/Quantiúm Films/Straight Shooters Media
- Regie
- Marlon N. Rivera
- Buch
- Chris Martinez
- Kamera
- Larry Landa
- Musik
- Vincent de Jesus
- Schnitt
- Ike Veneracion
- Darsteller
- Eugene Domingo (Mila) · JM de Guzman (Bingbong) · Kean Cipriano (Rainier) · Cai Cortez (Jocelyn) · Jonathan Tadioan (Anthur Poongbato)
- Länge
- 87 Minuten
- Kinostart
- 03.01.2013
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 16.
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Diskussion
Drei „rich kids“ in Manila wollen einen ersten Film drehen. Ein großer Film soll es sein, einer, der internationale Erfolge feiert, einen „Oscar“ abholt: Es ist aufregend, jung zu sein und Träume zu haben. Weil die drei (Rainier wird Regie führen, Bingbong die Produktion besorgen, Jocelyn assistieren) eine Filmschule absolviert haben, wissen sie genau, was in ihren Independent-Film inhaltlich gehört. Er muss von Armut und Prostitution handeln und soll ans Herz gehen. Konkret soll er in den Slums von Manila spielen und von einer Frau erzählen, die nach dem Tod ihres Manns nicht mehr weiß, wie sie ihre sieben Kinder durchfüttern soll, und eines von ihnen dem reichen Mister Smithberger verkauft. Nun also ist der Tag X da. Die drei haben sich ein Auto besorgt, iPhones, Minikamera und Airbook eingepackt, und machen sich an die Realisierung ihres Films. Sie sind aufgeregt. Wissen, dass man Drehbücher so oder so umsetzen kann und dieselbe Geschichte als realistischer Autorenfilm, Dokumentarfilm, Musical, Melodrama eine ganz andere Wirkung hat, und zum A & O Besetzung und Schauplatz gehören. Hier, im Metafilmischen, setzt „The Woman in the Septic Tank“ an: Marlon Rivera hat Kommunikationswissenschaften studiert, in der Werbung gearbeitet, an der University of the Philippines im Fachbereich Visuelle Kommunikation gelehrt, sich auch als Modeschöpfer einen Namen gemacht. Vor drei Jahren hat er mit Chris Martinez die Produktionsfirma Martinez-Rivera gegründet. Nun stellt er seinen ersten Film als Regisseur vor, und eins wird sofort klar: Rivera weiß, wovon er in seinem Film spricht, der weniger ein Film über die philippinische Gesellschaft als einer übers Filmemachen ist.
Ein „septic tank“ ist eine Klärgrube. Die Frau, die sich darin aufhält bzw. hinein plumpst, ist im Skript der Studenten die arme Mila, in Riveras Film Eugene Domingo, die laut Presseheft „wohl bekannteste, vielseitigste und produktivste zeitgenössische Schauspielerin“ der Philippinen. Domingo spielt sich selbst sowie die Melodrama-Mila, und sie ist sensationell: Wie sie ihre Show abzieht vor den drei Studenten, die sie für ihr Projekt zu gewinnen versuchen, wie sie blitzschnell umstellt von heiter auf besorgt und zwischendurch die Drama-Queen gibt: Das ist große Schauspielkunst. Und sie will alles selbst spielen, inklusive Sex und Elend, weil es wichtig ist, dass man authentisch bleibt. Bloß diese Klärgrube-Szene, die macht ihr Bauchweh. Sehr unterhaltsam spielt „The Woman in the Septic Tank“ einen Tag im Leben der Filmstudenten durch. Lässt sie bei Diskussionen im Starbucks, zu Besuch bei Miss Domingo, im Gespräch mit einem (arroganten) philippinischen Star-Regisseur und bei Drehortsuche im Eiltempo Hochs und Tiefs des Filmemacher-Daseins durchleben. Bringt in Variationen Szene 34 bis 41 ihres Skripts auf Leinwand und ist dabei so köstlich (selbst-)ironisch wie Truffauts „Die amerikanische Nacht“ (fd 18 506). So verwundert es nicht, dass die Satire mit Tiefgang bereits eine glänzende Festivalkarriere hingelegt.
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