„If you can’t be with the one you love, love the one you’re with!“, lautet eine alte Hippie-Weisheit. Die begnadete Köchin Hortense Laboire hat es zu Beginn des Films in die Antarktis verschlagen, wo sie ein Forscherteam einfallsreich bekocht und dafür auf einer Woge der Zuneigung und des Respekts dahingleitet. Allerdings endet ihr eisiges Sabbatical, das sie dringend benötigte, weil sie in ihrem vorangegangenen Job unter Mobbing und der Kleinkariertheit von Ärzten und Finanzaufsicht gelitten hatte. Dabei war dies eigentlich schon der Karrierehöhepunkt von Hortense! Unvermittelt war die eigenwillige Landköchin in den Elysée-Palast gerufen worden. Der alternde Präsident hat die Nase voll von Haute Cuisine und will wieder „futtern wie bei Muttern“: Ihn dürstet es geradezu nach traditioneller Hausmannskost auf der Basis bester Zutaten, also gewissermaßen nach Slow Food. Seinen Wünschen auf höchstem Niveau nachzukommen, ist für Hortense das geringste Problem: Immer wieder läuft einem das Wasser im Mund zusammen, wenn man Hortense und ihre kleine, aber enthusiastische Crew in der Küche zaubern sieht. Ihren männlichen Vorgängern, allesamt Haute-Cuisine-Machos, ist die avancierte Kochkunst der Aufsteigerin viel zu gewöhnlich. Wenn der Film die patriarchalischen Kommunikationsstrukturen und die ungeschriebenen Gesetze im Präsidentenpalast in Blick nimmt, könnte „Die Köchin und der Präsident“ schon fast als Küchenvariante von „Der Aufsteiger“
(fd 41 390) durchgehen. Doch Regisseur Christian Vincent pflegt keinerlei Ambitionen in diese Richtung. Lieber vertraut er auf das gewohnt energische Spiel von Catherine Frot, der der Film eine ganz große Bühne als starke und geerdete Persönlichkeit bietet. Fürs Sentimentale hat der Film, der auf einer wahren Geschichte aus der Ära Mitterrand basiert, einige Kindheitserinnerungen und bodenständige Binsenweisheiten des Präsidenten in petto. Als dessen Gesundheit die kalorienreiche Landküche nicht mehr verträgt und Hortenses eigenwillige Interpretation der Regionalküche (alle Zutaten werden frisch in der jeweiligen Region eingekauft und nach Paris transportiert) zu kostspielig erscheint, wirft sie entnervt den Büttel hin – und wählt die raue, aber ehrliche Männergemeinschaft der Antarktis zur Entspannung.
Anhand der im Umfeld der Macht aufscheinenden Konflikte hätte man sicherlich eine Studie über Hierarchien und aristokratische Strukturen der französischen Gesellschaft entwickeln können, doch die Inszenierung setzt eher auf das wohlige Bauchgefühl, das entsteht, wenn sich ein Präsident in die Küche schleicht, um sich gemeinsam mit seiner Köchin ein dick mit Trüffeln bedecktes Bauernbrot zu gönnen. Um nach dem ersten Bissen hingebungsvoll lächelnd die Augen zu schließen, um zu genießen, wovon Ernährungsberater und Bürokraten nicht einmal zu träumen wagen.