Dokumentarfilm | Argentinien 2012 | 88 Minuten

Regie: Celina Murga

Der Dokumentarfilm beschreibt im Stil des Direct Cinema ohne auktorialen Kommentar den Alltag an einer weiterführenden Schule in der argentinischen Provinz. Dabei konzentriert er sich auf eine Gruppe Jugendlicher, die, organisiert in unterschiedlichen Parteien, für die Schulsprecherwahl kandidieren. Unaufdringlich, aber schlüssig in Szenenwahl und Montage legt er Verhaltensweisen offen, die auch in der "großen Politik" zu den Werkzeugen und Ritualen der Wortführer gehören. (O.m.d.U.) - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
ESCUELA NORMAL
Produktionsland
Argentinien
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
Tresilmundos Cine
Regie
Celina Murga
Buch
Celina Murga · Juan Villegas
Kamera
Fernando Lockett
Schnitt
Juan Pablo Docampo
Länge
88 Minuten
Kinostart
06.12.2012
Fsk
ab 0
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Cine Global/Lighthouse & Cinespañol (16:9, 1.78:1, DD5.1 span.)
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Diskussion
Die argentinische Filmemacherin Celina Murga widmete sich schon in „Una semana solos“ (2007) eindringlich dem Alltag von Jugendlichen. Streckenweise glich das Drama fast einem Dokumentarfilm, so ökonomisch, aber auch stilsicher setzte Murga die reduzierten filmischen Mittel ein. „Escuela Normal“ ist nun ein echter Dokumentarfilm, der in bester „Direct Cinema“-Manier in den Alltag einer weiterführenden Schule geleitet. Dabei konzentriert er sich auf einen schon etwas älteren Jahrgang, der bei der gerade anstehenden Schulsprecherwahl den Ton angibt. Szenen aus dem Unterricht nehmen nicht allzu viel Raum ein; vor allem kommen die Schüler zu Wort, die den zwei Parteien angehören, aus denen der Schulsprecher hervorgehen wird. Sie stellen politisch relevante Fragen, die ein erstaunliches Interesse der Schüler bezeugen; gleichzeitig erinnert dies ein wenig an das ostentativ interessierte Fragen von Politikern bei Werksbesichtigungen und Bürgerterminen: Es ist Wahlkampfzeit – und die Kamera ist immer dabei. Der Film wird durch eine ordnende, kontrollierende Montage geprägt, die dem gefilmten Material einen Rhythmus und eine Zuspitzung auf wenige Handlungselemente und Themen verleiht. Manches funktioniert so perfekt, als seien (was wohl nicht der Fall ist) inszenierte Elemente im Spiel gewesen. Murgas größtes Talent ist die Konzentration: Was hätte nicht noch alles über den Alltag an einer Schule erzählt werden können! Doch über weite Strecken besteht das einzige Gegengewicht zum Thema der Schülervertretung in den vielfältigen, ganz praktischen Eingriffen der Schulleiterin, die wie ein Sisyphos durch die weiten Korridore der Schule wandelt, um nach dem Rechten zu sehen. Hier wenigstens kommen auch die vielen anderen Schülerinnen und Schüler in den Blick, für die sich der Film sonst weniger interessiert. Sie sind, das wird schön herausgearbeitet, die Masse, das, was man unter Erwachsenen das „Wahlvolk“ nennt. Wo Santiago Mitre in seinem beeindruckenden Spielfilm „El Estudiante“ (2011) das eminent Politische im Alltag einer Universität von Buenos Aires beschrieben hat, leistet „Escuela Normal“ Ähnliches für die Schule in der Provinz. Man erlebt, wie sich eine kleine Gruppe von Wortführern heraus kristallisiert, die das Ruder ergreift, Verantwortung übernimmt und sich in dieser Rolle sichtlich wohl fühlt. Inwieweit da Eitelkeiten und soziale Anliegen eine Rolle spielen, ist nicht immer eindeutig zu erkennen – die Frage drängt sich allerdings auf. Es ist frappierend, wie stark die Verhaltensmuster dieser Wenigen bis in kleine Gesten und Inszenierungen an die bekannten Auftritte der „großen Politiker“ erinnern; so, als würden sie ihnen quasi mit in die Wiege gelegt oder eben früh über Medien, Schule und die soziale Umwelt als Werkzeuge an die Hand gegeben. Unwillkürlich fragt man sich, wohin es diese Jugendlichen eines Tages führen wird – und wünscht sich den Film als Beginn einer Langzeitbeobachtung.
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