Drama | Österreich 2012 | 93 (24 B./sec.)/89 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Umut Dag

In Anatolien wird eine junge Frau mit einem älteren Mann aus Wien, dessen Frau an Krebs erkrankt ist, zwangsverheiratet, um als Zweitfrau nach deren Tod für die Familie zu sorgen. Unter Schwierigkeiten nähern sich die neuen Familienmitglieder an. Erst der Fleiß und die Aufopferung der Neuen ebnen die Annäherung. Ein ebenso wuchtiges wie bewegendes Familiendrama. Durch die Neigung zur übergroßen Tragödie und unausgereifte Nebenhandlungen wird der Film der Intimität des Stoffs aber nicht ganz gerecht. (Teils O.m.d.U.) - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
KUMA
Produktionsland
Österreich
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
Wega Film/ORF
Regie
Umut Dag
Buch
Petra Ladinigg · Umut Dag
Kamera
Carsten Thiele
Schnitt
Claudia Linzer
Darsteller
Nihal Koldas (Fatma) · Begüm Akkaya (Ayse) · Vedat Erincin (Mustafa) · Murathan Muslu (Hasan) · Alev Irmak (Kezvan)
Länge
93 (24 B.
sec.)
89 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
08.08.2013
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Salzgeber (16:9, 1.78:1, DD2.0 türk./dt.)
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Diskussion
Eine Hochzeit soll eigentlich der schönste Tag im Leben zweier Menschen sein. Er ist dies offensichtlich aber nicht für die beiden, die sich zum Auftakt von „Kuma“ irgendwo in Anatolien das Jawort geben. Gehe tanzen, feiere, lache, fordert Mustafa seinen Sohn Hasan auf, derweil Mutter Fatma sich zurückzieht. Sie ist krank, die Familie zeigt sich besorgt. Dass Ayse, als sie am nächsten Morgen mit ihrer neuen Familie Richtung Wien aufbricht, weint, ist verständlich. Doch es liegt noch etwas Anderes, Verwirrendes in diesem Anfang, und es ist hübsch zu beobachten, wie Regisseur Umut Dag das Geheimnis vorerst hütet. Zusammen mit Ayse lernt man ihre neue Familie kennen: Die Eltern, Mustafa und Fatma, ihre sechs Kinder, die zwei ältesten sind bereits ausgezogen, Hasan und seine drei jüngeren Geschwistern noch daheim. Ein lebhaftes Gewimmel herrscht in der gemütlichen Wiener Altbauwohnung der Familie. Dann wird es Abend, und spätestens als Hasan sich mit den Geschwistern zurückzieht und Fatma für ihren Gatten und Ayse das Nachtlager richtet, erklärt sich auch denjenigen, die nicht wissen, dass das türkische „Kuma“ „Zweitfrau“ bedeutet, worin die Irritation und Crux liegt: Ayse ist nicht Hasans Gemahlin, sondern die zweite Frau seines Vaters. Getroffen wurde das Arrangement. weil Fatma Krebs hat, Ehemann und Kinder aber versorgt wissen will, wenn es zum Schlimmsten kommen sollte. Es ist eine selbstlose, nicht nur sich, sondern auch der Familie und Ayse gegenüber herbe Art (beschützender) Liebe, welche die 50-jährige Fatma – vermutlich anatolischen Traditionen und alten Wertvorstellungen folgend – an den Tag legt. Sie stellt nicht nur Fatma, sondern auch alle Beteiligten auf eine harte Probe. So muss sich Ayse einem Mann hingeben, der ihr Vater sein könnte. Die älteren Töchter Kezvan und Nurcan sehen sich in ihren bisherigen privilegierten Positionen als zweitälteste Frauen der Familie bzw. Vaters Liebling zurückgestellt und reagieren eifersüchtig; die kleineren Kinder wissen nicht, wie sie sich „der Neuen“ gegenüber verhalten sollen. Erst als Ayse, die Fatma inzwischen fleißig zur Hand geht und sie in den heftigen Phasen der Krankheit aufopfernd pflegt, schwanger wird, beginnt die Familie neu zusammenzuwachsen. Doch dann wird nach Fatmas Operation die Leinwand sekundenlang schwarz – danach werden die Karten nochmals neu gemischt, und zwar anders, als die bis anhin erzählte Geschichte vermuten lässt. Es ist ein wuchtiges Familiendrama, das Dag in seinem ersten langen Spielfilm auftischt. „Kuma“ vermag in der innensichtigen Darstellung des Lebens im türkisch/westeuropäischen Culture Clash denn auch durchaus zu faszinieren, und die Hauptdarstellerinnen Nihal Koldas und Begüm Akkaya tragen die Rollen überzeugend. Erzählerisch aber hinkt „Kuma“ den Ansprüchen, die ein solcher Ensemblefilm stellt, hinterher. Vermögen die intimen Szenen noch zu überzeugen, drohen die großen mit mehreren Personen regelmäßig ins Theatralische zu kippen. Auch wird vieles – Hasans Homosexualität, die finanzielle Not der Familie, die fehlende soziale Einbettung – zwar aufgegriffen, aber nicht weiter vertieft. Abgesehen davon bedient sich der Film (beispielsweise die beschriebene Schwarz-Szene) immer wieder dramaturgischer Mittel, die der Erzählung und Situation nicht angepasst sind. Mag sein, dass dies Absicht war, doch die Wirkung ist weniger irritierend als störend, hindert sie doch den dramaturgischen Fluss. Ein bisschen weniger als große Tragödie angelegt und ein bisschen mehr Innerlichkeit hätte dem Film sicherlich gut getan.
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