Lotte und das Geheimnis der Mondsteine

Kinderfilm | Estland/Lettland 2011 | 78 (24 B./sec.)/75 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Heiki Ernits

Das Hundemädchen Lotte verlässt mit seinem Onkel das heimatliche Dorf der Erfinder, um auf einer abenteuerlichen Reise das Rätsel dreier magischer Steine zu lüften. Ein Animationsfilm für Kinder, der bereits jüngste Kinogänger auf Augenhöhe abholt, um ihnen in fantasiereichen Episoden mit wohldosierten Anteilen an Spannung und Spaß die liebenswürdig-versponnene Fabel um skurrile Mondmenschen und ihre gefährdete Rückkehr nahe zu bringen. Der Weg der betont naiv gezeichneten Figuren führt durch eine farbenprächtige, anspruchsvoll 3D-animierte Landschaft, die sich fernab des Kino-Mainstreams als entdeckenswerter Raum für Fantasie, Träume sowie ein respektvolles Miteinander erschließt. - Sehenswert ab 6.
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Filmdaten

Originaltitel
LOTTE JA KUUKIVI SALADUS
Produktionsland
Estland/Lettland
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Eesti Joonisfilm/Rija Films
Regie
Heiki Ernits · Janno Põldma
Buch
Janno Põldma · Heiki Ernits · Andrus Kivirähk
Musik
Sven Grünberg
Schnitt
Janno Põldma
Länge
78 (24 B.
sec.)
75 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
20.09.2012
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 6.
Genre
Kinderfilm | Animation
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Diskussion
Gerade mal 50 Kinos gibt es in Estland; nur etwa zwölf davon werden ganzjährig betrieben. Lediglich zwei Prozent der jährlich gut zwei Mio. Kinozuschauer sehen sich zudem einen in Estland produzierten Kinofilm an, was nicht unbedingt nach einer einträglichen, (kultur-)wirtschaftlich sonderlich relevanten Filmindustrie klingt – und doch stellte Estland bereits vor zehn Jahren den am schnellsten wachsenden europäischen Filmmarkt dar. So begrenzt der einheimische Markt für estnische Filme auch ist: Estland sieht offensichtlich in der Herstellung künstlerisch wie thematisch relevanter Filme durchaus einen Wert, den es finanziell unterstützt und im Rahmen europäischer Fördermaßnahmen ausbaut, nicht zuletzt wohl auch, um via Film die eigene Identität über die Landesgrenzen hinaus zu vermitteln. Neben wenigen langen Spielfilmen sind es Dokumentar- und, vor allem, originäre, künstlerisch pointierte Animationsfilme, die in Estland hergestellt und weltweit auf Festivals gefeiert werden. Aus dem traditionsreichen Animationsstudio Eesti Joonisfilm stammt auch der Kinderfilm „Lotte und das Geheimnis der Mondsteine“ (als Gemeinschaftsproduktion mit Lettland), der als Fortsetzung von „Lotte im Dorf der Erfinder“ (fd 38 029) zwar auf bereits eingeführte Figuren zurückgreift, die man aber nicht unbedingt kennen muss, um die neuen Abenteuer des Hundemädchens Lotte nachvollziehen und genießen zu können. Bereits die jüngsten Kinogänger werden hier auf Augenhöhe abgeholt, wenn sich die liebenswürdig einfach, betont naiv gezeichneten Figuren durch eine farbenprächtige, anspruchsvoll 3D-animierte Landschaft aufmachen, um das Rätsel dreier Steine zu lösen; deren Geheimnis gerät mitunter zugunsten fantasiereicher kleiner Episoden mit wohl dosierten Anteilen an Spannung und Spaß aus dem Blickfeld, doch die liebenswürdig-versponnene Hauptfabel um skurrile Mondmenschen und ihre gefährdete Rückkehr auf den Erdtrabanten findet immer wieder ihren Weg. Lotte lebt nach wie vor im Dorf der Erfinder, wo eines nachts zwei unter Kapuzen verborgene Gestalten auftauchen, um herauszubekommen, welchem Dorfbewohner ein ganz bestimmter Schuh passt. Es stellt sich heraus, dass er Lottes Onkel Klaus gehört, der ihn einst während einer Bergwanderung mit zwei Freunden verlor, als er auf drei magische Steine stieß, sie ungewollt an sich nahm und den Besitz mit den beiden Freunden teilte. Nun brechen Lotte und ihr Onkel zu einer abenteuerlichen Expedition auf, um das Geheimnis der Steine zu ergründen. Dabei heften sich die beiden Unbekannten an ihre Fersen, ebenso ein liebeskranker Musikant, der seiner Angebeteten unbedingt die Steine verehren will. Ganz allmählich lüftet sich das Geheimnis der vom Mond kommenden und auf der Erde gestrandeten „Dreiohrhasen“, dem man Schritt für Schritt über viele neue Bekanntschaften näher kommt, darunter die beiden Freunde von Onkel Klaus, einem Tanzlehrer und einem „Traumwandler“, zudem ein skurriler Regenforscher, ein Pfannkuchen angelnder Seebär sowie ein hilfreicher Arzt, der sogar eine handfeste Albtraumerkrankung heilen muss. Solche positiven Begegnungen entfalten sich als einfallsreiches Panoptikum liebenswürdiger Figuren und amüsanter visueller Einfälle, als hymnisches Loblied auf die Fantasie und das Leben, dem man offen und voller Neugier begegnen soll. Dabei geht es an den Schnittstellen von Träumereien und Realität stets um ein betont aktives Beteiligen an der Welt und ihrer Gestaltung, wodurch alles möglich erscheint: Man findet Freunde und Verbündete, weckt Mitgefühl und Solidarität und die Erkenntnis, dass selbst die auf dem Mond lebenden Fremden gar nicht mehr fremd sind, wenn man sie erst einmal vorurteilsfrei kennen gelernt hat. So allgemein gültig solche Botschaften sind, so besonders erscheinen sie im Gewand der detailverliebten künstlerischen Gestaltung, die einen unverwechselbaren Charme entfaltet, der sich nie an gängigen Mainstream anbiedert, vielmehr mit ganz eigenem Charakter Fabulierfreude, Humor und moderate Spannung in Balance hält. Vielleicht fällt es inzwischen so manchem Kinogänger schon schwer, dies anzuerkennen, gleichwohl lohnt es sich uneingeschränkt, Lotte auf ihrer schönen Reise zu begleiten.
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