Südschweden 1939, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Der kleine Simon lebt mit seinen Eltern Erik und Karin auf einem Hof an der Küste vor Göteborg. Meistens sitzt er mit einem Buch in der Baumkrone einer knorrigen Eiche – sehr zum Unwillen seines Vaters, eines bodenständigen Handwerkers. Karin dagegen hat Verständnis für Simons Wissensdurst und überredet ihren Mann, ihn auf eine höhere Schule in Göteborg zu schicken. Hier freundet sich der Bub mit Isak an, dem Sohn des reichen und gebildeten Buchhändlers Ruben Lentov. Die Lentovs sind aus Nazi-Deutschland geflohen und haben sich in Schweden eine neue Existenz aufgebaut. Unter ihrem Einfluss lernt Simon eine andere, aufregende Welt kennen: Luxus, Bildung, Konzerte, Bücher, anregende Gespräche. Lentov nimmt den Jungen wie einen zweiten Sohn an und unterstützt ihn, wo er nur kann. Dann bricht der Zweite Weltkrieg aus. Isak, bereits durch die Flucht traumatisiert, zieht sich völlig in sich zurück und weigert sich, zur Schule zu gehen. In seiner Ratlosigkeit gibt Lentov seinen Sohn in die Obhut von Simons Eltern. Zwischen Vater Erik und Simon häufen sich hingegen die Konflikte, und nach einem Zeitsprung ins Jahr 1945 erfährt der Zuschauer warum: Simon wurde adoptiert. Er ist der Sohn eines deutschen Violinisten, mit dem Karins Schwester eine kurze Affäre hatte. Die einzige Spur ist ein handgeschriebener Brief, und so macht sich Simon mit Ruben Lentov nach dem Krieg auf nach Berlin, auf der Suche nach seinen Wurzeln.
Nach dem Roman der schwedischen Autorin Marianne Frederiksson inszenierte Lisa Ohlin ein vielschichtiges Drama, das gleich mehrere Themenkomplexe berührt. Neben der zeitlichen Verankerung im Nationalsozialismus, die mit Antisemitismus, Rassenhass, Flucht, Verfolgung und Kriegsgrauen eine eigene Erzählschneise schlägt, geht es hier in erster Linie um Herkunft und Identität, die sich vor allem an den unterschiedlichen, sogar gegensätzlichen Vaterfiguren festmachen lassen. Simon hat, wenn man so will, drei Väter: einen gesetzlichen, einen leiblichen und einen Wunschvater. Sie alle stehen für unterschiedliche Lebensentwürfe, die aber nie gegeneinander ausgespielt werden. Dies wird besonders deutlich an der Figur des Erik, der zwar mit seiner aufbrausenden Ungeduld über Simons Bildungshunger sehr eindimensional wirkt, dann aber einem anderen Jungen als geglücktes Rollenmodell dient. Eine Verschiebung, die im Verhalten Lentovs, der sich vom Trauma Isaks überfordert fühlt und darum Simon seine ganze Aufmerksamkeit schenkt, gespiegelt wird. Die Suche nach den eigenen Wurzeln ist von Lebenslügen und Geheimnissen bestimmt, die dem Film dramatische Wucht und epischen Atem verleihen. Ohlin erzählt vom Privaten, in dem sich aber das Politische spiegelt. Auch wenn die Nazis nur selten in Erscheinung treten, scheinen sie doch in den Köpfen stets präsent. Ohlin deutet auf die Bedrohung und Gefahr hin, um dann aber von den Folgen für die Menschen zu erzählen. Dafür findet sie die entsprechenden Bilder. In den Innenräumen etabliert die Kamera eine fast schon klaustrophobische Enge, die sich wie Blei auf die Seelen der Figuren legt oder, im detailfreudig ausgeschmückten Haus Lentovs, einen erschlagenden Eindruck macht. Erst die Landschaft öffnet sich mit ihren warmen Farben und dem freundlichen Licht und vermittelt so eine Ahnung von Freiheit und Unbeschwertheit, die auf Simon ungemein anziehend wirkt. Beeindruckend auch die Schauspielerleistungen: Bill Skarsgard vermittelt adäquat die Verwirrung des herangewachsenen Simon, während Jan Josef Liefers (er lernte extra schwedisch) mit Energie, Weltgewandtheit und Eloquenz eine ungeheure Präsenz entfaltet.