Kahlschlag - Der Kampf um Brasiliens letzte Wälder

Dokumentarfilm | Deutschland 2011 | 98 Minuten

Regie: Marco Keller

Dokumentarfilm über die gesellschaftlichen Auswirkungen der Rodung des brasilianischen Regenwalds. Der Position der Indios, deren Lebensraum durch den Verkauf des Walds an Farmer und ausländische Konzerne vernichtet wird, stellt er die Haltung der Landbesitzer gegenüber, ohne dies in einen größeren politischen oder globalen Rahmen einzuordnen. Obwohl es ihm damit an analytischer Kompetenz mangelt, liefert die Binnenperspektive, bereichert durch viele Alltagsszenen, einen lebendigen Eindruck der Situation vor Ort. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Coreoperation Filmprod.
Regie
Marco Keller
Buch
Marco Keller
Kamera
Marco Keller
Schnitt
Barbara Toennieshen · Marco Keller
Länge
98 Minuten
Kinostart
15.03.2012
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Diskussion
Von der Bedeutung des brasilianischen Regenwalds für das Weltklima hat man schon gehört; auch davon, dass dort immer mehr Urwaldriesen dem schnöden Profitstreben in- und ausländischer Konzerne zum Opfer fallen. Doch was diese Veränderungen für die Ureinwohner bedeuten, wird eher selten thematisiert. „Kahlschlag“ macht deutlich, dass die Indios von dem, was in Brasilien derzeit „Aufschwung“ heißt, nicht profitieren, sondern dass sie in erster Linie Opfer dieses „Fortschritts“ sind. Marco Keller hat Indianerstämme in mehreren Regionen Brasiliens besucht und ist dabei überall auf ähnliche Probleme gestoßen. Wo einst riesige Wälder die Landschaft prägten, bestimmen heute monotone Ackerflächen das Bild, auf denen ausschließlich Mais und Soja als Viehfutter angebaut werden. Brasilien hat sich zu einem der weltgrößten Fleischproduzenten gemausert und profitiert dabei nicht zuletzt von den drastisch veränderten Ernährungsgewohnheiten in Südostasien. Auch wenn die Globalisierung stets im Hintergrund präsent ist, konzentriert sich der Film auf ein brasilianisches Binnenproblem: auf jene Indio-Stämme, für die der Regenwald über Jahrhunderte ihr natürlicher Lebensraum war, auch wenn sie über keinerlei Besitzurkunden verfügen. Als der Staat die Wälder als Nutzland entdeckte, wurden die Ureinwohner in Reservate gedrängt, wurde das Land an weiße Farmer und internationale Agro-Konzerne verkauft. Der Film dokumentiert den vielfach deprimierenden Status quo, zeigt aber auch die Bemühungen der Entrechteten, ihr verlorenes Terrain zurückzuerobern. Was mit politischen, aber auch mit kriegerischen Mitteln passiert. So kommen Protagonisten beider Seiten zu Wort, die von Gräueltaten der jeweiligen Gegenseite berichten. Es gehört zu den Stärken des Films, solch kontroverse Berichte unkommentiert nebeneinander zu stellen: Hier die Indios, die sich über die Enteignung ihres Landes beklagen, da die weißen Farmer, die darauf beharren, ihr Land ordnungsgemäß von der Regierung gekauft zu haben. Der politische Hintergrund des Konflikts kommt dabei allerdings ebenso zu kurz wie die Interessen ausländischer Konzerne. Zwar taucht immer wieder ein US-Konzern auf, der mehrere Interview-Anfragen zurückweist, doch was das Unternehmen in Brasilien genau treibt, wird nicht weiter ausgeführt. So überzeugt der Film weniger durch seine analytische Kompetenz als durch die Art, in seiner Binnenperspektive die unmittelbar Betroffenen ausführlich zu Wort kommen zu lassen. Dabei wird der Konflikt bei aller erkennbaren Sympathie für die Ureinwohner nicht zum politischen Traktat mit moralisierendem Zeigefinger verdichtet, sondern durch viele Alltagsszenen zum lebendigen Dokumentarfilm. Mit einem älteren, weißen Brasilianer, der aufopferungsvoll zwischen beiden Kulturen vermittelt, findet der Film so etwas wie einen liebenswert-integren Helden.
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