Was Männer sonst nicht zeigen

Dokumentarfilm | Finnland/Schweden 2010 | 83 (TV 80) Minuten

Regie: Joonas Berghäll

Dokumentarfilm über die finnische Sauna-Kultur. In den über das ganze Land verstreuten Saunen schwitzen vornehmlich Männer vor sich hin, trinken Bier und sprechen über ihre Erfahrungen, die meist überaus tragischer Natur sind. Humoristische Einsprengsel lockern die melancholisch-larmoyanten Erzählungen über Tod und Verlust mitunter etwas auf, ohne die vorherrschende Tristesse zu vertreiben. Der formal durchaus ambitionierte Film strapaziert mit seinem männlichen Seelen-Striptease bisweilen auch die Grenzen des Dokumentarischen. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
MIESTEN VUORO | STEAM OF LIFE
Produktionsland
Finnland/Schweden
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Röde Orm Film/Oktober
Regie
Joonas Berghäll · Mika Hotakainen
Buch
Joonas Berghäll · Mika Hotakainen
Kamera
Heikki Färm · Jani Kumpulainen
Musik
Jonas Bohlin
Schnitt
Timo Peltola
Länge
83 (TV 80) Minuten
Kinostart
10.11.2016
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Lighthouse (16:9, 1.78:1, DD5.1 fin./dt.)
Verleih Blu-ray
Lighthouse (16:9, 1.78:1, dts-HDMA fin./dt.)
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Dokumentarfilm über die finnnische Saunakultur

Diskussion
Es beginnt überaus zärtlich. Ein Mann und eine Frau, beide in fortgeschrittenem Alter, sitzen in einer Sauna, klopfen einander mit Laubbüscheln sanft auf den Körper und schrubben sich gegenseitig den Rücken. Die Szene endet mit einem Kuss. Die Seniorin ist die erste und letzte Frau, die in diesem Film in Erscheinung tritt. Fortan beherrschen nackte Männer die Szenerie. Finnische Männer jeder Körperfülle und jeden Alters, die mal in Gruppen, oft zu zweit und gelegentlich auch mal allein in öffentlichen und privaten Saunen sitzen und schwitzen. Ein kühles Bier (oder auch Hochprozentigeres) ist dabei stets in Reichweite. Wer finnische Männer primär aus Filmen von beispielsweise Aki Kaurismäki kennt, würde vielleicht erwarten, dass sie nur dann sprechen, wenn es sich partout nicht vermeiden lässt. Womöglich liegt es an der reinigenden Wirkung des Dampfbades, dass sich die Protagonisten hier überaus redselig geben. Dabei drehen sich die Gespräche durchaus nicht um Sport, Autos oder Frauen. Die Tonlage in den knapp 20 Saunen in der Stadt und auf dem Land ist vielmehr eher eine überaus melancholische. Männer erzählen mit teils gebrochenen Stimmen von Schicksalsschlägen. Den Züchtigungen durch den verhassten Stiefvater, dem Ableben der geliebten Ehefrau, dem Tod eines Kindes oder von einem tragischen Unfall, bei dem ein ehemaliger Lokomotivführer schuldlos zwei Menschen überfuhr. Gleich mehrfach treten Väter auf, denen per Gerichtsbeschluss oder durch die Ex-Frau der Umgang mit ihren Kindern untersagt wurde. Wobei sich die Klagenden stets als Opfer in Szene setzen. Von etwaigen Gründen für diese Verbote erfährt man nichts. Wie überhaupt die meisten Protagonisten jenseits ihrer Erzählungen seltsam konturlos bleiben. Eigentlich kann von Gesprächen kaum die Rede sein. In der Regel klagt einer sein Leid, während die anderen allenfalls durch stummes Nicken ihre Anteilnahme bekunden. Inmitten dieser nahezu allgegenwärtigen Tristesse ist man überaus dankbar, wenn drei Weihnachtsmänner über etwas vergleichsweise Triviales wie den abnehmenden Respekt vor ihrem Berufsstand klagen oder ein adoptierter Braunbär mit Vehemenz einen Gartentisch zerlegt. Was sein Herrchen lakonisch mit „so spielt er eben“ kommentiert. Zudem sorgen neben den stimmungsvollen Landschaftsbildern auch skurrile Sauna-Konstruktionen für Abwechslung. Vom Mähdrescher über Wohnwagen und PKWs bis zur Telefonzelle gibt es offenbar nichts, woraus Finnen nicht eine Schwitzzelle bauen können. Trotz dieser gelegentlichen humoristischen Einsprengsel bleibt der Film, der nur mit fixen Einstellungen ohne Kamerabewegung arbeitet, vom seltsamen Seelen-Striptease der Protagonisten beherrscht. Wobei er bisweilen an die Grenzen des Dokumentarischen stößt, wenn man sich vorstellt, dass die Protagonisten nach ausführlichen Vorgesprächen ihre intimen Erzählungen für die Kamera quasi nachstellen. Ein ambitionierter, aber auch zwiespältiger Film mit einem bemüht neckischen deutschen Verleihtitel (im Original heißt der Film „Steam of Life“), der in seiner Heimat zum Publikumsmagneten avancierte. Ob eher bei Männern oder bei Frauen, ist nicht bekannt.
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