Fliegende Fische müssen ins Meer

Komödie | Schweiz/Deutschland 2010 | 84 Minuten

Regie: Güzin Kar

Eine ebenso eigenwillig-exzentrische wie naiv-lebensfrohe Mutter dreier Kinder, die immer wieder auf die Versprechungen der Männer hereinfällt, wird von ihrer ältesten Tochter, einer tüchtigen 15-Jährigen, deren Sorgen um die kleine Familie sowie deren Sehnsucht nach einem eigenen Leben herausgefordert. Eine unterhaltsame, fröhlich und fantasiereich mit den Elementen einer Coming-of-Age-Geschichte spielende Komödie mit dramatischen Elementen, die optimistisch, mit viel Humor sowie einer pointierten Bildsprache von einer trotz aller Turbulenzen funktionierenden Familiensituation erzählt. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
FLIEGENDE FISCHE
Produktionsland
Schweiz/Deutschland
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Vega Film/Neue Bioskop
Regie
Güzin Kar
Buch
Güzin Kar
Kamera
Benjamin Dernbecher
Musik
Fabian Römer
Schnitt
Benjamin Fueter
Darsteller
Meret Becker (Roberta Meiringer) · Elisa Schlott (Nana Meiringer) · Barnaby Metschurat (Eduardo) · Hanspeter Müller (Karl Hauser) · Mona Petri (Doris Gilbert)
Länge
84 Minuten
Kinostart
25.08.2011
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
Externe Links
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Diskussion
Nana ist 15 Jahre alt, demnächst hat sie Geburtstag, aber einen sonderlichen Grund, ihn zu feiern, hat sie nicht. Sie jobbt gewissenhaft in einer Schleusenanlage, lebt mit ihren beiden Halbgeschwistern unweit der deutsch-schweizerischen Grenze in einem kleinen Nest am Hochrhein, wo jeder jeden kennt, man also auch bestens Bescheid weiß über Nanas seltsame Familienverhältnisse. Besonders über Mutter Roberta: Die ebenso eigenwillig-exzentrische wie naiv-lebensfrohe Individualistin taumelt durchs Provinzleben, angelt sich während ihrer sporadischen Touristenführungen für Geschäftsreisende auf dem Rhein, die eher einer koketten Revue gleichen, den einen oder anderen Mann, den es dann aber regelmäßig weiter zieht, sodass Roberta, meist schwer angeschlagen und alkoholisiert, mit ihren drei aufgeweckten Kindern von drei verschiedenen Vätern doch wieder allein bleibt. Für Nana, die ihren Alltag immer wieder abgeklärt und desillusioniert kommentiert, ist klar: Roberta ist die „Arschkarte“ unter den Müttern, und ausgerechnet die hat sie gezogen. Während das Jugendamt damit droht, Roberta die Kinder wegzunehmen, sodass sich diese redlich, aber nur wenig überzeugend um Solidität und Integration in den spießigen Kleinstadtalltag bemüht, machen sich Nana und ihre Geschwister auf die Suche nach einem glaubwürdigen Lebenspartner für die Mutter. Der scheint sich im neuen Arzt Eduardo zu finden. Der aber löst nun in Nana seltsame Empfindungen aus. Im Kern mag dies eine vertraute, bereits vielfach gesehene Coming-of-Age-Geschichte um die Verwirrungen und die Selbstfindung einer Pubertierenden sein; was sie allerdings zu etwas Besonderem macht, ist einerseits die einfühlsame, liebenswerte Aufrichtigkeit, mit der Regisseurin Güzin Kar Nanas komplizierte Befindlichkeit zwischen Sehnsucht nach Normalität und eigenem Aufbruch entwickelt, andererseits die frische, „aufmüpfige“ Erzählweise, die nichts von drögem Befindlichkeitskino hat, vielmehr lustvoll über die Stränge schlägt, skurrile Figuren in extrovertierter Farbigkeit entwirft, freche Dialoge punktgenau einsetzt und unbekümmert Traum und Realität zu einem substanziellen Spiel mit Lebensentwürfen ausspinnt. Das erinnert mitunter an eine spezifisch skandinavische „Leichtigkeit“ des Erzählens (von Ferne winkt der dänische Film „Max Peinlich“ von Lotte Svendsen) und steht ein wenig in der Nähe zu Sven Taddickens „Mein Bruder der Vampir“ (fd 35 614), ist gleichwohl eine ganz eigene Art der Kino-Dramödie, die Güzin Kar selbst als Mischung aus Bonbontüte und Pillenschachtel charakterisiert. Dies trifft die Sache insofern recht genau, als sich die „süße“ Verspieltheit einer Provinzposse mit den mitunter „bitteren“ Lebenseinsichten nicht nur der Heranwachsenden, sondern auch der Erwachsenen verbindet, die ihr Dasein in existenziellen Engpässen prüfen und ändern müssen. Alle Figuren wurden dafür mit mal skurrilen, mal nervigen, mal verschrobenen Charaktereigenschaften ausgestattet, die sie ebenso amüsant wie in ihrer Verletzbarkeit sympathisch machen – von Nanas kleinem Bruder Toto, der sich als Gutenachtgeschichten aus einem medizinischem Lehrbuch vorlesen lässt, bis zum biederen Karl, der sich so sehr um Roberta bemüht und in seiner verzweifelten Suche nach Liebe ständig Grenzen überschreitet. So geht es also durchaus um Existenzielles, das dieser kleine, bescheidene Film leichtfüßig, mit Witz, Charme und einer stets klaren, sinnbildlich geschickt vertieften Bildsprache vermittelt.
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