Tragikomödie | USA 2010 | 107 Minuten

Regie: Noah Baumbach

Ein etwa 40-jähriger antriebsloser Neurotiker hütet während des Urlaubs das luxuriöse Haus seines Bruders, gibt sich dem Nichtstun hin und trifft alte und neue Bekannte. Dabei gelingen dank pointierter Dialoge, guter Darsteller und anspielungsreicher Inszenierungsideen viele komödiantische Vignetten. Dramaturgisch allerdings fordert der Film, der die Trägheit und Orientierungslosigkeit seines Protagonisten spiegelt, einiges an Geduld ab und schafft es nur gegen Ende, die Geschichte einer Midlife-Krise formal mitreißend zu verdichten. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
GREENBERG
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Scott Rudin Prod.
Regie
Noah Baumbach
Buch
Noah Baumbach
Kamera
Harris Savides
Musik
James Murphy
Schnitt
Tim Streeto
Darsteller
Ben Stiller (Roger Greenberg) · Greta Gerwig (Florence Marr) · Rhys Ifans (Ivan Schrank) · Jennifer Jason Leigh (Beth) · Mark Duplass (Allan)
Länge
107 Minuten
Kinostart
01.04.2010
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Tragikomödie
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Tobis/Universal (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Tobis/Universal (16:9, 2.35:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Diskussion
„What is the point of that story?“, fragt Roger Greenberg einmal, als ihm seine neue Bekanntschaft Florence eine scheinbar sinnlose Anekdote aus ihrem nachtaktiven Leben erzählt. Diese Frage ist es auch, die sich dem Zuschauer im Verlauf des Films immer wieder stellt. Was, wenn man so will, gut und schlecht zugleich ist. Einerseits legt der Film ein ambitioniertes formales Konzept an den Tag, indem er gewissermaßen kongenial die Haltung seiner passiven, schluffig in den Tag hinein lebenden Hauptfigur übernimmt. Andererseits ist genau dies das Problem: Eine so undramaturgische Erzählhaltung kann viel Leerlauf produzieren – und führt bisweilen zur völligen Spannungslosigkeit. Roger Greenberg, um die 40, ist so etwas wie ein ausgemachter Loser: Nach einem Aufenthalt in der Psychiatrie hütet er, der eigentlich als Single und Gelegenheitsschreiner in New York lebt, das Haus seines erfolgreichen Bruders in Los Angeles, während dieser mit seiner Familie im Asien-Urlaub weilt. Die Wochen in der Heimat will der verhinderte Musiker dazu nutzen, eine Hütte für den Familienhund zu bauen und ansonsten ganz explizit „nichts zu tun“. In Los Angeles trifft Greenberg diverse alte und neue Bekannte: seinen einstigen Bandkollegen und besten, vielleicht aber auch einfach nur letzten verbliebenen Freund Ivan und die deutlich jüngere Florence, die sich bei Greenbergs Bruder als Mädchen für alles verdingt hat. Gemeinsam trinkt man, schlägt die Zeit tot, redet aneinander vorbei, eher selten miteinander. Mit derselben Egal-Haltung landen Florence und Greenberg irgendwann zusammen im Bett, womit ein schwieriges On-Off-Verhältnis zwischen dem misanthropischen Forty-Something und der etwas ungelenken, unsicheren Mittzwanzigerin beginnt. Die Pflege des schwer kranken Familienhunds Mahler bringt die beiden notgedrungen immer wieder zusammen – ebenso die Tatsache, dass der Nicht-Autofahrer Greenberg in der Autostadt LA regelmäßig Florences Chauffeurdienste in Anspruch nehmen muss. Letzteres ist ein schönes und bissiges Bild für das entfremdete Dasein in der kalifornischen Metropole, vor allem für Greenbergs generelle Lebensunfähigkeit. An solch luziden Motiven und Momenten ist „Greenberg“ durchaus reich: Die Krise des modernen Mannes, der sich vor dem Erwachsenwerden drückt, fängt die Tragikomödie sehr subtil ein. Etwa in den vielen Beschwerdebriefen, die Greenberg an New Yorks Bürgermeister Bloomberg oder Firmen wie Starbucks schreibt – die einzige Tätigkeit, bei der er so etwas wie Leidenschaft und Engagement versprüht. Oder in der Prinzipienreiterei, mit der es Greenberg verteidigt, einst die gemeinsame Band kaputtgemacht zu haben. Auch gibt es pointierte Dialoge, etwa ein Gespräch zwischen Ivan und Greenberg an dessen 41. Geburtstag: „Youth is wasted on the youth“, versucht der treue Freund zu trösten. „Life is wasted on people“, geht es für den Pessimisten Greenberg noch ein ganzes Stück schlimmer. Und doch ist „Greenberg“ die längste Zeit eine höchst zähe Veranstaltung. Noah Baumbach gelingt es erst im letzten Drittel des Films, die an sich guten Dialoge, Bildeinfälle und Darstellerleistungen zu verdichten und zu so etwas wie einem Spannungsbogen zusammenzuführen. Der totale Stillstand mag zwar Roger Greenbergs Dasein treffend charakterisieren, wirkt auf den Film übertragen jedoch über weite Strecken allzu lähmend. Auch, da Greenberg selbst alles andere als dafür geschaffen ist, Identifikationsfläche zu bieten: Dazu ist die schlecht gelaunte Figur mit all ihren Macken und ihrer Egozentrik schlicht zu nervtötend. Mit psychologischen Erklärungen hält sich Baumbach zurück – damit vermeidet er allzu einfache Zuschreibungen, erschwert dem Zuschauer aber das Mitgehen. Irgendein treibendes Element braucht auch ein Film über einen antriebslosen Loser, doch ein solches schält sich erst gegen Ende heraus, als auf einer Party die Spannung zwischen Ivan und Greenberg in vom Drehbuch fein geschliffenen Sätzen eskaliert und sich für die Titelfigur die Frage stellt: Mal wieder davonlaufen oder ausnahmsweise doch auf Konfrontation mit der Realität gehen? Baumbach inszeniert diese konventionelle Fragestellung dezent genug, um den Rest des Films dadurch nicht zu verraten. Hier endlich und doch zu spät findet er die Balance zwischen einer Dramaturgie, die den Zuschauer mitnimmt, und einer zu Figur und Geschichte passenden Beiläufigkeit, in der „Greenberg“ funktioniert. Was bleibt, sind einzelne gelungene Bruchstücke einer verpassten Chance.
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