Blau ist die alles überlagernde Farbe an Summer Finn, angefangen von ihren bezaubernden Kulleraugen über ihre nicht minder bezaubernden Kleidchen bis hin zu den Schleifen in ihrem dunklen Haar. Insofern hätte Tom durchaus ahnen können, dass ihm seine neue Kollegin statt eines nie endenden Liebessommers schon eher einen hartnäckigen Winter-Blues bescheren würde. Doch die Liebe ist in ihn gefahren, und zwar nicht irgendeine, sondern die eine und wahre, die Liebe seines Lebens eben. Natürlich auf den ersten Blick, wie sich das für einen richtigen Liebesfilm gehört. Doch genau das, so verrät schon der Vorspann, will „(500) Days Of Summer“ gar nicht sein. Womit Regisseur Marc Webb wohl recht behält: Es ist eher die Anatomie eines Scheiterns, die er in seinem Spielfilmdebüt beschreibt. Um das Auf und Ab der Gefühle, um das Sezieren all der Emotionen von der himmelhochjauchzenden Euphorie über die Angst vor Zurückweisung und zart entflammte neue Hoffnung bis hin zur Depression des Verlassenen geht es dabei viel mehr als um die Zielgerade zum Glück, auf der die allermeisten Liebesfilme mehr oder weniger unbeirrt ihrem Happy End zuströmen. Nicht zuletzt ist „(500) Days Of Summer“ das liebevolle Porträt eines heillosen Romantikers: Tom. Summer hingegen tritt nicht als eigenständige Person in Erscheinung; man sieht sie lediglich mit Toms Augen, als liebesblinde Projektion der perfekten Frau. Es ist Toms Perspektive auf die gemeinsame Geschichte, die uns der Film erzählt; aus der Rückschau blickt der junge Mann auf seinen „Summer of love“ und versucht zu ergründen, was wann wo weshalb schief lief. Dafür wählt Webb eine nicht-lineare Struktur. Der Film springt zwischen den Zeiten und damit den glücklichen wie den unglücklichen Tagen wüst hin und her, was der Art des Erinnerns, aber auch dem labilen Gefühlshaushalt einer On-Off-Beziehung entspricht, wie sie Tom mit Summer erlebt. Eine Liebes- und Leidensgeschichte, die, wie der Titel verrät, 500 Tage dauert. Die Hauptfigur ist mit Joseph Gordon-Levitt wunderbar besetzt. Der Mann, der in der jüngsten Elmore-Leonard-Verfilmung „Killshot“
(fd 39 388) als tumber Killer vor lauter Wut und Aggression fast körperlich zu platzen schien, ist hier der perfekte Durchschnittsjunge, der dennoch alles andere als langweilig ist: Er arbeitet als Grußkartenschreiber und träumt nur insgeheim von seinem ursprünglichen Plan, Architekt zu werden, er ist nett, manchmal witzig, manchmal rührend naiv und durchaus charmant, er hat einen leichten Hang zum Selbstmitleid und er glaubt an die große Liebe. Ein durchschnittlicher Typ. Gordon-Levitt spielt all dies mit entwaffnender Offenherzigkeit und bewahrt sich dennoch seine Coolness – und ist damit der Figur der Summer gar nicht so unähnlich, die cool ist, aber nicht kühl, außerdem offenherzig und gerade heraus, was Tom nicht immer glücklich macht. Trotzdem bleibt sie ein Mysterium, das Rätsel, das Tom trotz aller Bemühungen nicht zu knacken vermag. Zooey Deschanel, die mädchenhaft aussieht, aber sehr selbstbestimmt auftritt, vereint in ihrer Darstellung alle Widersprüche dieser Summer, sie ist ein sehr lebendiges Wunschbild der männlichen Hauptfigur.
Regisseur Marc Webb inszeniert diese Projektion als Gesamtkunstwerk. Die ganze Welt sieht anders, schöner, besser aus, wenn der Ästhet Tom sie durch seine Summer-Brille betrachtet: Die Eleganz der 1960er-Jahre prägt Outfits und Frisuren, wodurch Summers Weiblichkeit unterstrichen wird und Tom, zumindest an seinen guten Tagen, wie der Held eines französischen Nouvelle-Vague-Films aussieht. Auch Los Angeles, wo der Film spielt, ist hier auf ungewohnte Weise eingefangen: Statt moderner Glaspaläste oder dem unvermeidlichen Blick auf die berühmte Lichtersilhouette bekommt man Plätze, Straßenzüge und Büroräume zu sehen, die etwas Romantisches, Altmodisches und zugleich Zeitloses haben. Eine Kulisse, in die sich eine wunderbare kleine Musicaleinlage nahtlos einfügt. Es ist grandios, wie treffsicher der Spielfilmdebütant Webb Mittel, Stile und Motive des Mediums nutzt, wie verspielt dieser Film ist, ohne dass dies maniriert wirken würde: „Form follows function“, der Leitsatz aus Design und Architektur, wird hier nicht vergessen. Eine Sequenz ist besonders schön gelungen, in der Toms Vorstellung von einer Party in Summers Wohnung in Split Screen mit dem tatsächlichen Abend gegengeschnitten wird. Webb, ein Musik- und Werbefilmer, legt auch ein genaues Gespür für Rhythmus an den Tag, was besonders im Umgang mit dem Score deutlich wird: Die Musik spielt in „(500) Days Of Summer“ tatsächlich so etwas wie die dritte Hauptrolle und trägt damit der Tatsache Rechnung, dass jede Liebesgeschichte ihren ganz eigenen Soundtrack hat. Fein ausgewählte Songs von Hall & Oates, Regina Spektor oder Simon & Garfunkel kommentieren und unterstreichen das Geschehen nicht nur, sondern sind auch innerhalb des Plots von dramaturgischer Relevanz: So lernen sich Tom und Summer über ihre gemeinsame Liebe zu The Smiths kennen oder streiten darüber, wer ihnen der liebste Beatle ist. Und am Ende? Ist dieser bei aller Dramatik wunderbar leichtfüßige Film wieder bei Tag 0 angekommen, alle Zeichen stehen auf Anfang. Ob Tom nun sein Glück finden wird, bleibt freilich der Interpretation des Zuschauers überlassen.